0494 - Hexen-Polterabend
er aus hellem Holz oder poliertem Stein errichtet worden.
Zwei Gestalten saßen auf ihm.
Wesen, die beide menschlich und wegen ihrer langen Haare wie Frauen wirkten.
Doch nur eine war eine echte Frau. Jane Collins.
Neben ihr hockte ein Dämon und ein Mensch in einer Person.
Abandur, der Hexenmeister!
***
Jane hatte sich mit ihrem Schicksal abgefunden, abfinden müssen, und sie gab zu, daß es ihr nicht einmal unangenehm gewesen war. Der Trank hatte sie so beeinflußt, daß sie die Vorgänge mit anderen Augen ansah und sich sogar auf den schrecklichen Polterabend freute, der ihr bevorstand und wobei sie die Hauptperson war.
Der Totenpfeifer hatte ihn eingeläutet. Die schrillen Laute seiner Melodie waren verklungen, aber innerhalb des weißen Nebels tat sich etwas.
Jane bekam einen Blick dafür. Sie konnte plötzlich hineinschauen, er klarte vor ihren Augen auf, und der Boden, den sie sah, warf plötzlich Wellen.
Er brach auf.
Wurzelwerk riß, Büsche kippten, Grassoden wurden in die Höhe geschleudert, und fürchterliche Gestalten krochen aus der Tiefe der Erde an die Oberfläche.
Geschundene Leiber, oft noch von Foltern gezeichnet. Hexen, auch Männer, dann wiederum Monstren, wie sie nur in der Hölle lebten. Wesen mit mehreren Köpfen und verschieden langen Armen.
Eine schleimige Qualle fand ebenfalls ihren Weg durch den Dunst. Sie roch nach Moder und richtete sich nahe des Pfeifers auf, um dessen Körper sich noch die Schlangen wie Fesseln gewickelt hatten.
Eine von ihnen drückte sich vor. Sie geriet dabei zu nahe an die der Qualle heran, die sich diese Chance nicht entgehen ließ und die Schlange einfach verschluckte.
Sie zog sie an wie ein Trichter die Luft, wurde dabei durchsichtig, und Jane konnte erkennen, wie das Opfer im Innern der Qualle enthäutet wurde.
Die Hexen Marthel, Osina und Ulana freuten sich diebisch über diese Vorgänge. Sie begannen zu tanzen, umringten die Qualle und faßten sich an den Händen.
Abandur schaute sich dies alles mit einem nahezu diebischen Vergnügen an. Seine dunklen Augen leuchteten, er hob die Arme, aus dem Mund drangen drei, vier dumpfe Laute - Beschwörungsworte -, die ihren Zweck erfüllten, denn über den Köpfen der beiden sitzenden Personen strahlen plötzlich Flammen auf.
Jane schaute hin.
Die drei Totenschädel brannten, aber verbrannten nicht. Sie gaben der Szenerie eine unheimliche Beleuchtung. Manchmal sprühte es aus ihren Augen, als würde dort Magnesium verbrennen.
Über Jane und dem Hexenmeister tanzten die Flammen, als wollten sie nach ihnen greifen. Sie hätten Hitze abstrahlen müssen, doch es war ein kaltes, ein Höllenfeuer, das nur Licht gab und keine Wärme verströmte.
Die unheimlichen Gestalten hatten ihren Spaß. Sie verbeugten sich vor dem Thron. Ein jeder, der aus dem dicken Nebel stieg, wollte zeigen, daß er anwesend war.
Groteske Figuren waren dabei, manche glotzäugig und dick wie Tonnen. Aber auch Hexen waren vorhanden. Das alte Fleisch wurde nur unzureichend von den lumpigen Kleidungsstücken bedeckt, die noch am Körper klebten. Aus den Mäulern drang Kichern und Lachen. Manchmal sprühte auch grünlicher Speichel, der wie ein dünner Regen dem Boden entgegenfiel und dort zischend auftraf.
Musiker erschienen wie Geister aus der hellen Watte. Sie hielten ihre Instrumente hoch, die ebenfalls aus gelblichem Gebein hergestellt waren: Flöten und Saiteninstrumente, die, wenn sie einmal gespielt wurden, Töne und Melodien erzeugten, die dem Teufel gefallen hätten.
Die Hölle feierte, und Abandur, der Hexenmeister, fühlte sich wohl wie nie zuvor.
Er lachte, er rieb seine Hände, er nickte jedem einzelnen zu, um ihn zu begrüßen.
Er war der Held der Nacht, ebenso wie Jane Collins, die regungslos neben ihm hockte.
Sie hielt die Augen weit offen, der Blick war teilnahmslos geworden, und dennoch beobachtete sie das Treiben vor dem Thron. Sie hatte sich daran gewöhnt und spürte plötzlich die langen Finger des Hexenmeisters auf ihrem Oberschenkel.
»Alles dir und mir zu Ehren«, sprach er laut in den Wirrwarr der Töne hinein. »Sie feiern für uns…«
»Es freut mich.«
»Ja, es muß dich auch freuen, denn in dieser Nacht wirst du eine von uns. Bist du bereit?«
»Wozu?«
Abandur lachte. »Um mit mir den höllischen Bund einzugehen. Der Meister und die Hexe, den Teufel wird es freuen. Ich bin es gewesen, der dich wieder zurückgeholt hat. Solange ich lebe, kommst du nicht mehr von mir los, Jane Collins.«
»Und
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