0494 - Hexen-Polterabend
»Ja…«
»Lauter!« forderte er.
Jane holte Luft. Sie spürte, daß es dabei in ihrem Hals kratzte, aber sie kam dem Wunsch des Hexenmeisters nach.
»Ja, ich will seine Dienerin sein. Ich will, daß er mir die Schönheit nimmt. Er ist mein Bräutigam, er ist der, dem ich mich weihe. Er, der große Hexenmeister Abandur!« Und Jane reckte wie zur Bestätigung ihrer Worte beide Arme. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt, stieß sie gegen den finsteren Himmel, lachte und schrie in einem, während sie wieder den Beifall und das Geheul der dämonischen Gäste aufsaugte wie ein trockener Schwamm das Wasser.
Abandur aber lachte. Er hatte gewonnen. Jane Collins stand jetzt auf seiner Seite.
»Es ist gut!« rief er. »Keinen Jubel mehr, das könnt ihr nachher. Ich werde jetzt den Akt einleiten…«
Jane war bereit. Sie drehte sich ihm freiwillig zu. Der Wind trieb das dünne Kleid gegen ihren Körper. Es schauerte über ihre nackte Haut, und an gewissen Stellen auf dem Rücken streichelte es auch.
Abandur beugte sich zu ihr nieder. Auch er hatte seine Arme ausgestreckt. Die Hände waren gespreizt, denn er wollte möglichst viel von seiner Braut zu fassen bekommen.
Sie wehrte sich nicht, als er sie in den Arm nahm, leicht zur Seite drückte und sich über sie beugte, so daß beide aussahen wie ein Filmliebespaar auf den Plakaten der großen Hollywood-Produktionen in den fünfziger Jahren.
Aber hier wurde nichts vom Winde verweht, hier wurde etwas genommen.
Brutal, herrschsüchtig und mit einer saugenden Kraft. So spürte Jane die vollen Lippen dieses Dämons auf ihrem Mund.
Und niemand war da, der ihr half!
***
Der Eindruck währte nur einen kurzen Moment, danach änderte sich die Szenerie wieder, denn tanzende Gestalten nahmen mir die Sicht. Auch wehte uns schriller Lärm entgegen.
Disharmonisch und widerlich, ein Höllengetöse.
»Sie feiern«, sagte Suko, »der Hexen-Polterabend hat begonnen.«
Ich widersprach nicht. Scharf floß mein Atem durch die Nase. Über dem Thron loderten noch immer die Fackeln. Die Feuerzungen reckten sich wie gierige Finger in die Dunkelheit. Sie gehorchten dabei dem Rhythmus des Windes.
Dann verlängerte sich der Widerschein und traf auf die sich bewegenden Körper der unheimlichen Gäste.
Was sich da versammelt hatte, konnte man nur mit dem Begriff Ausgeburten der Hölle bezeichnen.
Es waren ja nicht nur die Hexen, auch andere Geschöpfe hatten das Erdreich verlassen, und sie alle standen unter dem Einfluß dieses Hexenmeisters Abandur.
Man hatte ihn zurückgeholt, zu einem schlimmen Leben erweckt. Sein Plan war es auch gewesen, Glenda Perkins, Suko und mich zu töten. Wir hatten die Hindernisse überwunden, nur Jane Collins war seinem Ruf gefolgt. Damit hatte er nicht nur mich schwer getroffen, auch meine Freunde. Jane war wieder zu uns zurückgekehrt, wir hatten uns hundertprozentig auf sie verlassen können, und jetzt passierte dies.
Ich wollte es einfach nicht glauben, daß die Frau, die neben Abandur auf dem Thron saß, Jane Collins war.
Suko wußte wohl, was in mir vorging, er wollte mich trösten. »John, denk nicht weiter daran. Noch lebt Jane. Vielleicht ist es nicht zu spät. Sie haben ihre schwarzmagische Trauung nicht vollzogen.«
»Wird Jane sich wehren?« fragte ich leise.
Suko lachte kratzig. »Das hoffe ich doch sehr, mein Lieber. So einfach macht sie es diesem Pack auch nicht.«
Seine Stimme hatte nicht eben überzeugend geklungen. Ich gab auch keinen weiteren Kommentar ab und beobachtete zusammen mit meinem Partner, wie aus der weißen Nebelschicht noch weitere Gestalten stiegen. Sie hatten im Boden gelauert, jetzt war die Bahn für sie frei, und sie kamen lautlos wie gierige Gespenster.
Die Szene war unheimlich, und auch die schwarzmagischen Gestalten und Monstren benahmen sich wie Menschen, die ihren König begrüßten. Sie verneigten sich, sie führten sich manchmal grotesk auf, so daß ich nur den Kopf schütteln konnte.
Ich legte Suko eine Hand auf die Schulter und deutete mit der freien nach vorn. Wir hatten eigentlich gehen wollen, ließen es jetzt bleiben, weil sich Abandur von seinem Thron erhob und auch Jane Collins aufstand. So gut es ging, behielt ich sie im Blickfeld. Der Mond und das Feuer gaben zwar Licht, beides reichte leider nicht aus, um Janes Gesichtszüge erkennen zu können. Deshalb konzentrierte ich mich auf ihre Haltung, und die sah mir nicht gerade aus, als würde Jane unbedingt Widerstand entgegensetzen.
Sie ließ alles
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