0495 - Im Zuchthaus hört die Liebe auf
mit, der Schulter gegen die Tür und flog zurück. Die Füllung bestand aus massiven Eichenbrettern. Meine Schulter schmerzte erbärmlich.
In der nächsten Sekunde splitterte Holz vor meinen Augen, und die Tür hatte zwei häßliche Löcher. Knapp zwei Fuß neben mir jaulten die Kugeln in die Wand.
Ich packte die Pistole und drückte mich seitlich an die Tür. Mit Gewalt bohrte ich den Lauf zwischen Tür und Rahmen, dicht über dem Schloß, und hebelte den Griff herum. Es knirschte, und wieder durchschlugen drei Kugeln das Holz. Wenn Sandy weiterhin einen Colt benutzte, hatte er noch eine Kugel im Lauf, und zum Laden brauchte er eine Anzahl wertvoller Sekunden.
Ich bluffte ihn, indem ich mit der flachen Hand gegen das Holz schlug und mich sofort darauf an die Wand preßte. Prompt reagierte er. Mitten durch die Türfüllung jagte er die sechste Kugel. Dann hörte ich es klicken. Noch zweimal hebelte ich mit der Pistole, dann sprang das Schloß heraus. Ich stemmte mich gegen die Tür und flog in den Raum.
Auf dem Fußboden in der Ecke lag Mr. Gracie mit gefesselten Händen. Neben ihm zwängte sich Sandy durch ein offenstehendes Bullauge. Ich hechtete los, um seine Beine zu erwischen, glitt aber auf dem Kokosläufer aus und schlug der Länge nach hin.
Im selben Augenblick ging eine heftige Erschütterung durch den Kahn. Ein paar Möbelstücke stürzten um. Die Petroleumlampe kam ins Schaukeln wie bei einem Erdbeben. Ich knallte unsanft gegen die Wand.
Sandy hatte sich inzwischen ungestört ins Meer fallen lassen können. Der Kutter war auf Grund gelaufen und brach irgendwo entzwei. Gurgelnd drang Wasser ein, der Diesel erstarb.
Mr. Gracie fing an zu ächzen. Ich kroch zu ihm, schnitt ihm mit einem herumliegenden Glasscherben die Fesseln durch und griff ihm unter die Achseln.
»Mr. Gracie ist noch jemand an Bord?« fragte ich, während ich den schweren Mann zur Treppe schob.
»Nur der andere Gangster«, ächzte er. Phil kam inzwischen nach unten gepoltert und half mir, den Gekidnappten nach oben zu tragen. Behutsam legten wir ihn an die Reling, während ich nach dem Schlauchboot Ausschau hielt.
»Wir sind dicht am Ufer«, sagte Phil. Ich starrte auf den kleinen Lichtschein, der sich näherte. Es war einer der Boys vom Feuer, der mit meinem Leihboot nachsehen kam. Zugleich kam Keene O’Jay heran, der uns half, den gefesselten Lock Haven und den befreiten Mr. Gracie zu übernehmen.
»Hast du Sandy Hook entdeckt?« fragte ich meinen Freund. Phil schüttelte den Kopf. Er hatte Lock kunstgerecht verschnürt, war durch das Auflaufen des Kutters jedoch unsanft gegen den Radkasten geschleudert worden.
Als wir fertig waren, sprang ich zu Keene O’Jay ins Boot. Es lag ziemlich tief im Wasser. Wir tuckerten langsam ans Ufer. Einer der Boys war bereit, für zwei Dollar den Leihkahn zurückzubringen.
»Wir werden morgen den Besitzer des Kutters feststellen und das Wrack abschleppen lassen«, sagte ich. »Phil, du bleibst am besten als Wachtposten beim Chrysler, ich hole den Wagen und den Captain vom Revier.«
Keene O’Jay drehte voll auf und brachte uns drei zurück nach Atlantic City. Mr. Gracie rieb sich die fast abgestorbenen Handgelenke, Lock Haven rührte sich überhaupt nicht. Ich saß hinten neben Keene und hatte mir trotz des heftigen Fahrtwindes eine Zigarette angesteckt.
Sie schmeckte nach den Anstrengungen der letzten Stunden ungewöhnlich gut.
***
Captain Wayland leitete das nächste Revier. Bei ihm lieferten wir Lock Haven ab, der noch in derselben Nacht ins Untersuchungsgefängnis gebracht wurde. Anschließend meldete ich ein Ferngespräch nach New York an und ließ mich mit Mr. High verbinden. Der Chef lauschte meinem Bericht und eröffnete mir dann den Mord an Callicoon.
Betroffen hörte ich zu. Der Fall war also noch längst nicht abgeschlossen, die Gang größer, als wir vermutet hatten.
»Mr. Gracie kann morgen mit dem Frühzug nach New York fahren«, sagte ich nach einem zustimmenden Nicken des Theaterbesitzers. »Er wird Sie aufsuchen und Ihnen ausführlich berichten.«
»Gut, suchen Sie nach Sandy Hook«, sagte Mr. High. »Wenn Sie Phil brauchen, kann er bei Ihnen bleiben. Die Fahndung nach dem angeblichen Stan Canton läuft inzwischen auf vollen Touren.«
Ich versprach, mich morgen wieder zu melden, und ließ mich von einem Funkstreifenwagen zurückbringen. Unterwegs stieg ich in den Jaguar um, nachdem ich mir die Kaution hatte geben lassen.
Das Boot war inzwischen wieder beim Verleih
Weitere Kostenlose Bücher