0496 - Das Knochenhaus
angehört, so daß wir uns eingeschlossen wie in einer großen Gruft vorkamen. Maya war auf den Arm gefallen. Als sie sich wieder aufrichtete, stieß sie einen Wehlaut aus. »Mein… mein Gelenk!« keuchte sie. »Ich glaube, ich habe mir mein Gelenk verstaucht. Es ist schlimm, es schmerzt.«
Das Beben hatte nachgelassen, aber seine Spuren hinterlassen, denn aus dem tiefer liegenden Keller war das Wasser gegen die Lukenöffnung gedrückt worden und übergeschwappt.
Nahe der Treppe drückte ich Maya wieder zu Boden. »Bleiben Sie hier sitzen.«
Sie blickte zu mir hoch. »Kann ich nicht weg?«
»Warten Sie.« Ich rannte die Treppe hoch und wollte die Tür öffnen. Es klappte nicht, weil sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund verschlossen war. Man hatte uns eingesperrt.
»Keine Chance, wie?«
»Genau, Maya.«
»Und jetzt?«
Ich hob die Schultern. »Es war alles ein Vorgeplänkel. Looza wollte uns beweisen, wie mächtig sie ist. Der nächste Angriff könnte härter ablaufen, glauben Sie mir.«
Jane war ebenfalls wieder auf die Beine gekommen. »Mir ist nichts passiert«, sagte sie leise und schaute sich um. Meine Lampe lag auf dem Boden. Sie gab genügend Licht, um den Kellerraum zu erkennen. Im Dunkeln wäre es noch schlimmer gewesen.
Die Tangarme hielten sich zurück. Ich ging davon aus, daß Looza noch andere Tricks in der Hinterhand hielt. Wo ich das Kreuz an die Wand gezeichnet hatte, sahen die Streifen aus wie verbrannte Striche.
»Looza hat sich gewehrt«, erklärte ich leise. »Sie mochte diese Magie nicht. Das ist unsere Chance, Jane.«
»Du willst es noch einmal mit der Kreide versuchen?«
»Ja.«
»Und wo?«
Mit dem linken ausgestreckten Zeigefinger deutete ich zu Boden. »Wenn das Haus tatsächlich auf dem Totenschädel dieser Hexe steht, wie Maya behauptet hat, dann muß dieser Boden praktisch die obere Seite des Schädels bilden. Mal sehen, vielleicht gelingt es uns durch die Kreide, diesen Schädel aufzuspalten.«
Jane Collins schwieg mich an, was mich wiederum wunderte, denn sie gab ansonsten immer ihre Kommentare. »Hast du etwas?«
»Ich fürchte mich vor einem direkten Angriff.«
»Gibt es einen bestimmten Grund?«
»Ja, und ich hoffe, John, daß du mir auch Glauben schenken wirst. Ich habe bisher darüber geschwiegen, weil ich dich nicht beunruhigen wollte, doch ich spüre Loozas Kraft. Sie steckt in mir. Sie ist wie ein schleichendes Gift gekommen und hat von mir Besitz genommen. Das schaffte sie wahrscheinlich nur deshalb, weil ich eben anders bin als du. Ich möchte dich deshalb warnen. Sie ist gefährlich, und mit der magischen Kreide fügst du ihr Schaden zu.«
»Was ich auch will.«
»Nur wird sie dann durchdrehen. Das ist ihr Gebiet. Seit langen Jahrhunderten schon. Sie hat in diesem Sumpf gelebt.«
»Sumpf?«
»Früher einmal war die Gegend sumpfig, John. Das ist jetzt vorbei. Reste aber sind noch immer vorhanden.«
»Ich kann nicht anders, Jane. Für die Warnung bedanke ich mich. Aber ich muß Looza aus der Reserve locken.«
»Du weißt also, was du tust?«
»Ja.«
»Es ist beides gefährlich. Das Eintauchen und die Zerstörung durch die magische Kreide. Looza fühlte sich provoziert. Sie dreht durch, glaube mir.«
»Ich werde es zumindest versuchen.«
Jane sprach nicht mehr. Sie schaute mich nur mit einem sehr nachdenklichen und warnenden Blick an. Um ihn kümmerte ich mich nicht, nahm die Leuchte in die linke Hand und die Kreide in die rechte. Am Rand der Luke bückte ich mich, denn hier wollte ich den Strich mit der magischen Kreide ziehen.
In ihr steckte eine andere Kraft, die der Hexe gefährlich werden konnte. Aus uralten, überlieferten Rezepten war die Kreide hergestellt worden. Wahrscheinlich hatte man die Ingredienzien schon zu Loozas Zeiten gekannt und auch gefürchtet. Daß in einer fernen Zeit jemand existierte, der die Kreide ebenfalls besaß, mußte sie aus dem Konzept gebracht haben.
Ich wollte sie provozieren, dann beging sie vielleicht einen tödlichen Fehler.
An der Luke blieb ich für einen Moment stehen, bückte mich, schaute dabei auf das grüne Wasser und setzte die abgeflachte Kreidespitze zu einem Strich an.
»John!«
Janes Stimme klang so anders, als sie mich ansprach. Viel härter als gewöhnlich.
Ich drehte mich um, blieb dabei noch in der Hocke, und der Lampenschein machte die Bewegung mit.
Er traf die Detektivin.
Nicht weit von der letzten Treppenstufe entfernt, hatte sie sich aufgebaut. Und sie hielt meine Ersatzberetta in
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