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0496 - Die Stadt der Toten

0496 - Die Stadt der Toten

Titel: 0496 - Die Stadt der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Frau nagte an der Unterlippe. Sie zögerte, dann sah sie Nicole und Carlotta an, die ja beide keinen Faden am Leib trugen und sich deshalb nicht die geringsten Gedanken zu machen schienen. »Ist wohl der Ableger einer Nudistenkolonie, wie?« murmelte sie.
    Nicole lächelte. »Wir wurden von einem Faschingsball so überraschend abberufen, daß wir uns nicht wieder salonfähig kleiden konnten. Wir beide stellen ›Eva und die Schlange vor dem Sündenfall‹ dar.«
    »Ach ja, ich verstehe«, murmelte Corda, die sich in ihrer nassen Kleidung sichtlich unwohl fühlte.
    »Niemand wird über Sie herfallen«, versicherte Carlotta. »Zamorra hat ja seinen ›süßen Nackedei‹«, diesmal war sie es, die einen Rippenstoß kassierte, »und die Sauroiden pflegen ein anderes Schönheitsideal. Da wäre ich ein geeignetes Lustobjekt. Aber Ihnen fehlt die richtige Schuppenhaut.«
    Corda sah zu Perry Calhoun, der mittlerweile ebenfalls nackt auf einer Sitzreihe lag. Die beiden Sauroiden berührten seine offenen Wunden, vor deren Anblick Dany sofort wieder zurückzuckte. Langsam begann sie, ihre tropfnassen Sachen abzulegen.
    »Wir kommen aus Frankreich und Italien«, fuhr Zamorra fort. »Wir sind wohl auf eine etwas andere Art in diese Welt geholt worden als Sie, nämlich per direkter Einladung, wie unser Freund Takkar die Entführung wohl umschreiben würde. Diese Welt stirbt. Eigentlich stirbt sie schon seit rund 60 Millionen Jahren, aber gerade jetzt hat sich die Auflösung so rapide beschleunigt, daß ihr vielleicht nur noch ein paar Wochen oder gar Tage bleiben. Die Welt löst sich einfach im Chaos auf. Etwas davon bekommt auch die Erde mit; hier nennt man es ›entropische Überlappung‹. Es kommt zu einem Austausch von Massen. Fragmente der Echsenwelt geraten zur Erde, und umgekehrt. Vermutlich hat es Sie auf diese Weise erwischt. Ihr Ruderboot wurde zusammen mit einem Teil des Wassers, auf dem Sie unterwegs waren, hierher gerissen. Wir wären fast in diese Austauschzone hineingeflogen, konnten uns gerade noch retten. Dann sahen wir Sie, und wir sahen, wie der Raubsaurier, durch das Phänomen in Panik versetzt, ihr Boot angriff. Ich habe ihn betäubt. Leider etwas zu spät; ich konnte den Tod Ihres Bekannten beim besten Willen nicht mehr verhindern. Der Raubsaurier hat ihn sich geschnappt. Wenn es Sie beuruhigt: er hat mit Sicherheit nicht gelitten. Vermutlich hat er nicht einmal gemerkt, daß der Saurier ihn auffraß.« [1]
    »Äußerst tröstlich«, murmelte Dany sarkastisch. Sie zog die Beine hoch und umschlang sie mit den Armen. Vielleicht fühlte sie sich so etwas weniger nackt; auf ihrem Körper hat sich eine Gänsehaut gebildet.
    »Es fällt mir schwer, das alles zu glauben«, sagte sie leise. »Diese Welt stirbt? Wieso? Und warum hat man Sie… äh… eingeladen?«
    »Die Sauroiden versprechen sich von mir Hilfe. Die Welt stirbt, weil sie einen Wahrscheinlichkeitsgrad nahe Null hat. Sie ist vor etwa sechzig Millionen Jahren, als auf der Erde die Saurier starben, abgespalten worden durch ein verbrecherisches Experiment eines außerirdischen Volkes, dessen Uniform ich momentan trage. Anfangs bestanden die Wahrscheinlichkeiten für eine Existenz beider Welten wohl bei 50 Prozent. Das hat sich dann sehr schnell immer mehr zugunsten unserer Erde verschoben. Die hat inzwischen wohl fast 100 Prozent erreicht, während die Echsenwelt weiterhin gegen Null strebt. Nun geht es demzufolge dem Ende zu. Es tut mir leid, daß Sie in eine solche entropische Überlappung geraten sind; es war wohl einfach Pech. Anderen Menschen mag es ebenso ergehen.«
    »Was heißt ›entropische Überlappung‹?«
    »Die Überlappung ist der Berührungspunkt beider Welten. Hier und da entstehen diese Übergangszonen, ohne daß es jemand beeinflussen kann. Früher gab es diese Zonen nicht. Aber offenbar greift das Chaos im Augenblick stellenweise auch auf die Erde über. Warum das so ist, weiß ich nicht, auch nicht, warum die Echsenwelt plötzlich so schnell stirbt. Frühere Berechnungen prophezeiten ihr noch ein paar hunderttausend Jahre. Kosmisch betrachtet ist allerdings auch das nicht sonderlich viel. - Entropie ist vereinfacht ausgedrückt so etwas wie das Maß der Unordnung. Je größer das Chaos, desto größer der Entropiewert. Eine Welt wie die Erde ist säuberlich geordnet, alle Atome passen schön zueinander und ergeben ein völlig klares Bild. Der Entropiewert ist äußerst gering. Schon etwas Bewegung bringt Unordnung herein, die

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