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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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genau.«
    »Wenn er unschuldig ist«, sagte Barbara. »Wenn er ein aufrechtes Leben führt. Wenn er nichts zu verbergen hat.«
    Die Adern an Thorssons Hals schwollen beängstigend an. Mit zuckenden Fingern riß er am Gürtel seines Morgenmantels. »Nehmen Sie ruhig alles mit«, sagte er. »Sie haben meine Erlaubnis. Nehmen Sie alles. Aber vergessen Sie das hier nicht.«
    Er riß sich den Morgenrock vom Leib. Darunter war er nackt. Er stemmte die Hände in die Hüften. »Ich habe nichts vor Ihnen zu verbergen«, sagte er.
    »Ich wußte nicht, ob ich lachen oder applaudieren oder ihn auf der Stelle wegen unsittlicher Entblößung verhaften sollte«, sagte Barbara. »Der Bursche tanzt anscheinend mit Vorliebe aus der Reihe.«
    »Ja, er möchte wohl gern etwas Besonderes sein«, meinte Lynley.
    Sie hatten an einer Bäckerei in Cherry Hinton gehalten und zwei Rosinenbrötchen und zwei Styroporbecher lauwarmen Kaffee geholt. Sie tranken ihn auf der Rückfahrt zur Stadt, wobei Lynley hilfsbereit die Gangschaltung bediente, damit Barbara wenigstens eine Hand frei hatte.
    »Auf jeden Fall sagt dieser Auftritt einiges. Ich weiß nicht, wie Sie's sehen, Sir, aber ich hatte den Eindruck, er hat nur auf die Gelegenheit gewartet, zu - ich meine, ich glaube, er war ganz scharf darauf, uns zu zeigen - na, Sie wissen schon.«
    Lynley knüllte die dünne Papierserviette zusammen, in die sein Brötchen eingewickelt gewesen war, und stopfte sie in den Aschenbecher. »Er war ganz scharf darauf, sich im Glanz seiner überlegenen Männlichkeit zu zeigen. O ja, eindeutig. Sie haben ihn dazu herausgefordert, Havers.«
    Mit einem Ruck drehte sie den Kopf. »Ich? Sir, ich habe überhaupt nichts getan.«
    »O doch. Sie haben ihn von Anfang an wissen lassen, daß weder seine Position an der Universität noch sonst etwas an ihm Sie beeindrucken kann, und darum mußte er Ihnen zeigen, um welche Wonnen Sie sich durch Ihre Respektlosigkeit gebracht haben.«
    »So ein eingebildeter Affe.«
    »Sie sagen es.« Lynley trank einen Schluck Kaffee und schaltete eilig in den zweiten Gang hinunter, als Barbara kurz vor einer scharfen Kurve die Kupplung trat. »Aber er hat noch etwas anderes getan, Havers. Er hat uns ein Geschenk gemacht.«
    »Was? Außer daß er mir die köstlichste Morgenunterhaltung seit Jahren geboten hat?«
    »Er hat bestätigt, was Elena Terence Cuff erzählt hat.«
    »Wieso? Was hat sie ihm denn erzählt?«
    Lynley schaltete in den dritten und dann in den vierten Gang, ehe er antwortete. »Sie hat ihm erzählt, Thorsson habe unter anderem auf Schwierigkeiten angespielt, die er mit seiner Verlobten gehabt habe.«
    »Was für Schwierigkeiten?«
    »Sexueller Art. In Zusammenhang mit der Größe seines Penis.«
    »Ach, zuviel Mann für das arme kleine Frauchen?«
    »Richtig.«
    Barbaras Augen blitzten. »Ha! Woher sollte Elena von seinen Maßen gewußt haben, wenn er ihr nicht selbst davon erzählt hat? Wahrscheinlich hat er gehofft, ihr den Mund wäßrig zu machen.«
    »Möglich. Auf jeden Fall glaube ich nicht, daß sie dieses Detail erfunden hat. Zumal das mit der Größe ja stimmt.«
    »Dann hat er also gelogen, was die sexuelle Belästigung angeht. Und wenn er da gelogen hat«, fügte Barbara mit unverhohlenem Vergnügen hinzu, »warum dann nicht auch in jeder anderen Hinsicht.«
    »Er ist auf jeden Fall wieder mit im Rennen, Sergeant.«
    »Ich würde sagen, er liegt an der Spitze.«
    »Wir werden sehen.«
    »Aber, Sir...«
    »Fahren Sie weiter, Sergeant.«
    Sie fuhren direkt zur Polizeidienststelle, um dort den Sack voll Kleider abzuladen, den sie bei Thorsson mitgenommen hatten. Der diensthabende Beamte quittierte Lynleys Dienstausweis mit einem kurzen Nicken und betätigte den elektrischen Türöffner, um sie ins innere Foyer zu lassen. Sie nahmen den Aufzug zum Büro des Superintendent.
    Sheehan stand, den Telefonhörer am Ohr, neben dem unbesetzten Schreibtisch seiner Sekretärin. Sein Beitrag zu dem Gespräch bestand größtenteils aus Knurren und Flüchen. Schließlich sagte er ungeduldig: »Hören Sie, Drake, die Leiche liegt jetzt zwei Tage bei Ihnen, und es ist rein gar nichts passiert... Wenn Sie mit seinen Schlußfolgerungen nicht einverstanden sind, dann ziehen Sie einen Spezialisten vom Yard zu, damit wir endlich zu Stuhle kommen... Es ist mir schnurzegal, was der Chief Constable denkt. Tun Sie's einfach... Jetzt hören Sie mir doch mal zu. Es handelt sich nicht um eine Prüfung Ihrer Kompetenz als Abteilungsleiter, aber

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