05 - Spiel der Intrigen
erklärte Rainbird. »Man weiß nicht, wer Sie sind,
und findet es ungehörig von Ihnen, dass Sie es gewagt haben, die Spitzen der
Gesellschaft so einfach einzuladen.«
»Niemand wird kommen?« flüsterte
Emily und wurde totenbleich. »Niemand?«
Rainbird schüttelte den Kopf.
»Dann kann man nichts machen«, sagte
Emily und bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen.
»Doch, doch«, sagte Rainbird eifrig.
»Als erstes müssen Sie es uns überlassen, Sie interessant zu machen. Zweitens
müssen Sie eine weibliche Begleiterin haben. Keine junge Dame führt sich selbst
in die Gesellschaft ein.«
Emily war zu aufgeregt und verwirrt,
um die Abweisende zu spielen. »Aber ich kenne keine vornehme Dame!« jammerte
sie.
Rainbird dachte schnell nach, und
dann hellte sich seine Miene auf. »Mrs. Middleton!« rief er. »Die
Haushälterin. Sie stammt aus einer guten Familie und kennt sich in solchen Dingen
aus. Sie wird heute abend als Anstandsdame fungieren.«
»Aber was hat das für einen Sinn,
wenn sowieso keiner kommt?« sagte Emily trostlos.
»Sie kommen! Sie werden kommen!«
sagte Rainbird.
»Aber wie denn? Ich weiß ... Sie
wollen über mich Klatsch verbreiten, um die Neugierde der Gesellschaft zu
erregen. Was für einen Klatsch? Ich muss es wissen, Rainbird.«
»Wir werden erzählen, dass Sie eine
ausländische Prinzessin sind, die aus Angst, von Abenteurern und
Emporkömmlingen bedrängt zu werden, ganz zurückgezogen gelebt hat.«
»Kein Mensch wird so etwas glauben!«
»Sie werden es glauben«, sagte
Rainbird. »0 doch, sie werden es glauben.«
»Aber werden sie nicht wissen
wollen, aus welchem Land ich komme?«
»Keiner wird es wagen, Sie durch
eine Frage zu beleidigen. Wenn doch, dann lachen Sie einfach und sagen, Sie
sind niemand anders als die einfache Miss Goodenough. Das wird man Ihnen nicht
glauben.«
Langsam stieg Emily das Blut wieder
in die Wangen. »Wenn Sie meinen, dass eine solche Lüge Erfolg hat...« sagte sie
zögernd. »Nur— mein Onkel darf nichts davon wissen. Man kann ihm nicht viel
zumuten.«
»Da haben Sie recht, Miss.«
»Da Sie ein so gescheiter Butler
sind, haben Sie denn irgendwelche Vorschläge, wie ich mich benehmen soll, um
die Lüge glaubhaft zu machen?«
Rainbird warf einen Blick auf ihre
vollendete Figur, ihr schönes Gesicht und ihr üppiges Haar. »Seien Sie einfach
Sie selbst, Miss Emily. Sie sehen wie eine Prinzessin aus.«
Emily begann zu lachen, und sie
lachte noch, als sich Rainbird verbeugte und das Zimmer verließ.
Eine Prinzessin? Warum nicht? Emily
wischte sich die Tränen ab. Wenn sie schon eine Hochstaplerin sein sollte,
dann konnte sie es auch mit Glanz und Gloria sein!
»Bist du ganz fest entschlossen, nicht zu
Miss Goodenoughs Abendgesellschaft zu gehen?« fragte Fitz am selben Tag zu einer
späteren Stunde. »Ich bin nicht eingeladen, deshalb bin ich darauf angewiesen, dass
du mich mitnimmst.«
»Ich bleibe zu Hause oder gehe in
die Oper«, sagte der Earl. Er drehte sich um. »Giles«, wandte er sich an seinen
Butler. »Was drücken Sie sich hier dauernd herum? Gießen Sie Mr. Fitzgerald ein
Glas Wein ein, und dann können Sie gehen.«
»Jawohl, Mylord«, sagte Giles. Er
wäre so gern mit dem ganzen Klatsch, den er im >Running Footman< über
Miss Goodenough gehört hatte, herausgeplatzt. Aber er wusste, dass sein Herr
auf das Gerede von Dienstboten nichts gab und außerdem ärgerlich sein würde,
wenn er erfuhr, dass sein Butler den Großteil des Tages in einem Wirtshaus
verbracht hatte, statt die Weinhändler aufzusuchen, was eigentlich seine
Aufgabe gewesen wäre.
Dieser Butler, Rainbird, war
außerordentlich nett zu Giles gewesen. Ganz wie ein alter Freund hatte er ihm
seinen Kummer über seine Herrin anvertraut. Giles hatte versprochen, zu
helfen, aber wie konnte ein Butler helfen, wenn er nicht reden durfte? Er goss
Mr. Fitzgerald langsam ein Glas Wein von den Kanarischen Inseln ein und
überlegte dabei, wie er auf das
Thema kommen könnte.
»Sind Sie immer noch da, Giles?«
ertönte die Stimme seines Herrn.
»Ich frage mich, Mylord«, sagte
Giles, »ob Ihre Lordschaft etwas dagegen hätten, wenn ich heute abend frei
nehmen
würde.«
»Ich glaube nicht, dass ich Sie
heute abend brauche, Giles. Sind Sie den Versuchungen der Großstadt schon so
früh am Tage erlegen?«
»Nein, Mylord. Ich habe den Butler
von der Clarges Street 67 kennengelernt, und er hat mich gebeten, ihn heute
abend zu besuchen.«
»Nummer 67? Nein, da können
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