05 - Spiel der Intrigen
Earl.
Der Prinzregent kam auf sie
zugewatschelt. Er trug hautenge Kniehosen, und sein Abendrock spannte sich um
seine
Schultern. Schlank, elegant und
belustigt stand der berühmte Beau Brummell hinter ihm, zusammen mit dem
gedrungenen einflussreichen Lord Alvanley.
»Prinzessin Anastasia«, sagte der
Prinzregent, »wir sind entzückt, Sie in unserem Land willkommen heißen zu
können.«
Die Prinzessin stand auf und machte
einen unbeholfenen Knicks.
»Wir sind von Ihrer Ankunft nicht
durch Ihren Botschafter unterrichtet worden«, fuhr der Prinzregent fort.
»Das tut mir leid«, murmelte die
Prinzessin.
»Durch den Botschafter von ...?«
Der Prinzregent schaute die Prinzessin fragend an, und diese wiederum schaute
verzweifelt um Hilfe flehend zum Earl auf.
»Ich fürchte, Ihre Königliche
Hoheit«, sagte der Earl, »dass unsere Prinzessin ...«, er machte eine
Handbewegung nach vorne und zog Prinzessin Anastasia die Perücke vom Kopf,
»niemand anders als Mr. Jason Fitzgerald ist, wenn es Ihnen beliebt.«
Fitz machte eine tiefe Verbeugung.
Der Prinzregent, der sich grob beleidigt fühlte, starrte ihn an.
Da begann Emily hinter ihm zu
lachen. Es war ein glockenreines, ansteckendes Lachen. Der Prinzregent drehte
sich um und musterte Emily. Sie hielt sich die Seiten und lachte aus vollem
Herzen.
»Sie soll doch der Teufel holen,
Fleetwood!« rief der Prinzregent aus. Er begann ebenfalls zu lachen. Alle
begannen hilflos zu lachen, und diejenigen, die nicht wussten, worüber der
Prinzregent lachte, weil sie immer noch auf der Treppe eingekeilt standen,
begannen trotzdem mitzulachen. Denn wenn den Prinzregenten etwas amüsierte,
dann mussten sich auch alle anderen amüsieren, egal ob sie wussten warum oder
nicht.
»Wer ist das?« fragte der
Prinzregent, als er aufgehört hatte zu lachen, und schaute Emily an.
»Darf ich Ihnen Londons berühmte
Schönheit vorstellen«, sagte der Earl, »Miss Emily Goodenough.« Er sah, dass Mr.
Goodenough, der hinter Emily stand, vor Hoffnung und Erregung zitterte, und
sagte: »Und ihren Onkel, Mr. Goodenough, und ihre Begleiterin, Mrs. Middleton.
«
Emily war trotz ihrer Schönheit
schnell vergessen, als der Prinzregent das vor Ehrfurcht und Bewunderung
zuckende Gesicht von Mr. Goodenough bemerkte.
Seine stattliche Brust schwoll noch
mehr an. Er streckte zwei kurze, dicke Finger aus. »Wir sind erfreut, Ihre
Bekanntschaft zu machen, Mr. Goodenough«, sagte er.
Weiß vor Erregung schüttelte Mr. Goodenough
die königlichen Finger. »Ihre Königliche Hoheit«, keuchte er, »ich werde mich
bis zu meinem Tod an diesen kostbaren Augenblick erinnern.«
»Na, na«, sagte der Prinzregent und
machte eine wegwerfende Handbewegung, sah aber ungeheuer erfreut aus. »Und
Mrs. Middleton, nicht wahr? Entzückt.«
In Mrs. Middletons Augen stand die
unverhohlene Heldenverehrung. Der Prinzregent, dessen Laune von Minute zu Mi-
nute stieg, fasste Emily unters
Kinn. »Wahrhaftig eine Schönheit«, sagte er. »Sie haben wohl vor, Sie sich zu
schnappen, was, Fleetwood?«
»Wenn Miss Goodenough mir dazu die
Möglichkeit gibt«, sagte der Earl leichthin. »Giles! Champagner für Seine
Hoheit, wenn ich bitten darf.«
Die lachende Menge scharte sich um
den Prinzregenten und verstellte ihm den Blick auf Emily.
Emily stand verblüfft da. Sie hatte
den Prinzregenten kennengelernt. Und was wichtiger war — Mr. Goodenough hatte
den Prinzregenten kennengelernt. Das war mehr, als sie von dieser Saison
erwartet hatte.
In dem Stimmengewirr um sie herum
hörte sie jemanden sagen: »Wir werden uns für unsere Abendgesellschaft
etwas anderes einfallen lassen müssen. Prinzessinnen sind nicht mehr en vogue,
meine Liebe. Ich nehme an, dass uns Miss Goodenough ebenfalls einen Streich
gespielt hat. Trotzdem kann jetzt nichts mehr schiefgehen, wo sie Prinnys Gunst
hat. Ich habe sowieso nie daran geglaubt, dass sie eine Prinzessin ist.«
»Aber sie gehört den ersten Kreisen
an«, sagte eine andere Stimme, »sonst hätte ihr Fleetwood doch niemals in
Gegenwart des Prinzregenten einen Heiratsantrag gemacht.«
»Das hat er doch gar nicht!«
»Nicht direkt, aber er hat es so
gemeint. Und Fleetwood ist ungeheuer anspruchsvoll. Goodenough ... Ich habe den
Namen nie gehört. Sie müssen aus der Aristokratie ohne Titel stammen.«
Emily stieß einen Seufzer der
Erleichterung aus. Wenigstens musste sie nicht mehr so tun, als sei sie eine
Prinzessin.
Sie gab Mrs. Middleton, die noch
ganz benommen war, ein Zeichen,
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