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05 - Spiel der Intrigen

05 - Spiel der Intrigen

Titel: 05 - Spiel der Intrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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dass sie aufbrechen sollten.
    Joseph folgte ihnen die Treppe
hinunter und murmelte: »Ach du liebe Zeit! Ach du liebe Zeit! Wenn ich das
Rainbird erzähle. Unsere Mrs. Middleton lernt den Prinzregenten kennen. Ach du
liebe Zeit!«
    Joseph konnte es kaum erwarten, in
den Aufenthaltsraum der Diener zu kommen, um allen die Neuigkeit zu erzählen.
Aber Emily, die erleichtert und erfreut war, dass sie nicht mehr Prinzessin
spielen musste, ließ die gesamte Dienerschaft in den vorderen Salon kommen und
bat Rainbird, ihnen allen Champagner zu servieren.
    Es ist nicht die feine Art, seine
Diener einzuladen, dachte sie, aber ich habe es satt, eine Lady zu sein. Von
jetzt an will ich wieder ich selbst sein.
    Und vor lauter Erleichterung und
freudiger Erregung vergaß Emily ganz, dass sie trotzdem eine Abenteurerin und
Hochstaplerin war und dass die Gesellschaft, wenn sie je herausfinden würde, dass
sie ein ehemaliges Stubenmädchen war, sie aus der Stadt vertreiben würde.

Siebtes Lapitel

    In der Woche darauf kam Lord
Fleetwood nicht zu Besuch. Emily versuchte sich einzureden, dass sie froh
darüber sei, obwohl er sie — ohne es zu wollen, davon war sie überzeugt — davor
bewahrt hatte, ihre Rolle als Prinzessin weiterspielen zu müssen. Sie hatte
zahlreiche Verehrer und war ständig eingeladen. Sie und Mr. Goodenough
beschlossen, in aller Ruhe die Saison noch ein bisschen zu genießen, bevor sie
darüber nachdachten, was sie als nächstes tun wollten. Emily hatte sich mehr
oder weniger damit abgefunden, keinen Mann zu ergattern, und diese Einsicht
erleichterte ihr das Leben. Es passierten ihr keine sprachlichen Ausrutscher
mehr, und bald war sie in der Lage, sich ganz natürlich zu unterhalten, ohne
ihre Zunge ständig im Zaum halten zu müssen.
    Es war Lizzie, ausgerechnet Lizzie,
das Küchenmädchen, das Emilys Ausgeglichenheit einen schweren Schlag versetzte.
Zu Lizzies Pflichten gehörte es, die Treppen zu wischen und die Eingangstreppe
mit Töpferton zu bleichen.
    Eines Nachmittags, als Emily,
begleitet von Joseph, aus dem Haus trat, um in der Oxford Street einen
Einkaufsbummel zu machen, traf sie auf Lizzie, die traumverloren die Stufen der
Vordertreppe bearbeitete, wobei sie ein Buch las, das auf einer Stufe vor ihr
aufgeschlagen lag.
    »Das Buch scheint dir zu gefallen«,
sagte Emily lächelnd. »Wer hat es geschrieben?«
    »Das steht nicht drin, Madam«, sagte
Lizzie. »Es heißt nur >von einem Gentleman<. Es ist ja so lustig, aber
ein bisschen grausam auch.«
    »Grausam? Wieso?«
    »Die Hauptfigur ist ein
Stubenmädchen, das Emilia heißt, und die stiehlt den Schmuck ihrer Herrin und
geht nach Lon-
    don, wo sie so tut, als ob sie eine
Lady wäre, und einen Lord so täuscht, dass er sie heiratet. Er wird erst misstrauisch,
als er darauf kommt, wie gewöhnlich sie spricht, und —«
    »Vielen Dank«, sagte Emily steif.
»Mach dich wieder an deine Arbeit.«
    Sie rannte mit Joseph im Schlepptau
die Clarges Street hinunter. Joseph stellte fest, dass er sich beeilen musste,
um Schritt mit ihr zu halten. Emily war außer sich vor Angst. Sie kam gar nicht
auf die Idee, dass ein Schriftsteller es kaum geschafft haben konnte, sie in
der kurzen Zeit, in der sie in London war, als Vorbild für eine der Figuren
seines Buches zu nehmen und dieses auch noch herauszubringen. Sie hatte das
Gefühl, dass ein Angehöriger der großen Welt sie durchschaut hatte und irgendwo
saß und sie beobachtete wie eine Katze, die der Maus auflauert. Als sie in der
Oxford Street ankamen, ließ ihre Panik jedoch langsam nach. Es war Zufall, das
war alles. Sie, Emily, hatte nichts gestohlen. Sie würde zu Hatchard am
Piccadilly gehen und das Buch kaufen, um den Beweis in Händen zu halten, dass
sie sich wegen nichts und wieder nichts Sorgen machte. Joseph stöhnte heimlich
und wunderte sich über den plötzlichen Entschluß, zum Piccadilly zurückzugehen,
wo sie doch leicht gleich dahin hätten gehen können.
    Bei Hatchard erfuhr Emily, dass das
Buch ausverkauft war. Obwohl sie dem Buchhändler den Titel nicht nennen konnte,
versicherte er ihr, dass es im Moment nur ein Buch von >einem Gentleman<
gab und dass es Über ihren Stand oder Die eitle Torheit eines anmaßenden
Dienstmädchens hieß.
    Emily kehrte in die Clarges Street
zurück. Als sie am Ende des Piccadilly um die Ecke bog, hörte sie einen
erstickten Aufschrei von Joseph, nahm jedoch an, dass ihm wie üblich seine
Füße weh taten. Joseph trug immer Schuhe, die ihm zwei Nummern zu

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