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minus sechs Grad!"
„Hier sind es eher minus zwölf." Hier war in dem Fall Brainard in Minnesota.
„Aber traurigerweise hat dein Großvater nicht an seinen alten Feind, die Müdigkeit, gedacht, als er zu seiner waghalsigen Flucht in die Freiheit aufbrach."
„Wo wollte er denn in einem Schlafanzug hin?", wunderte ich mich. Dumme Frage! Für meinen Großvater war es nicht von Belang, ob er nur spärlich bekleidet war. Alles, was er wollte, war, wieder Herr seines eigenen Schicksals zu sein! „Wie weit ist er denn gekommen?"
„Drei Straßen weiter. Dann ist er eingeschlafen. Eine Familie, die einen Verwandten besuchen wollte, hat ihn schließlich verpfiffen."
„Widerliche Denunzianten!", rief ich.
„Die Krankenschwestern sind gekommen, haben ihn in seinem Rollstuhl zurückgerollt und ins Bett gesteckt. Er war so erschöpft, dass er nichts davon gemerkt hat. Du kannst dir vorstellen, wie verärgert er war, als er aufwachte und eine Katze auf seinem Kopfkissen vorfand!"
Ich schauderte, als ich mir den Zorn meines Großvaters vorstellte. Als Mitglied der Generation der Soldaten, der „Greatest Generation", war er nicht abgeneigt, es richtig krachen zu lassen, um seinen Kopf durchzusetzen. Nicht nur im übertragenen Sinne.
„Das Wichtigste ist doch, dass ihm nichts passiert ist."
„Betsy, was soll ich nur tun? Er hasst dieses Heim. Er hasst es wirklich. Ich kann meinen Vater doch nicht in einem Heim lassen, das er hasst."
„Freu dich doch, jetzt kannst du dich für eine schreckliche Kindheit rächen", schlug ich vor.
„Elizabeth." In dieser Beziehung verstand meine Mutter 84
keinen Spaß, und das kam selten genug vor. Wenn man seine Kindheit damit verbracht hatte, Faustschlägen und Fußtritten auszuweichen, war es wahrscheinlich nicht so lustig, darüber Witze zu machen, wenn man erwachsen war. „Das hilft mir nicht weiter."
„Komm schon, Mom, es ist doch nur ein Pflegeheim. Er kann sich glücklich schätzen, dass er nicht in einem Krankenhaus ist. Eigentlich kann er sich sogar glücklich schätzen, dass er noch am Leben ist."
„Das ist war", sagte sie zweifelnd.
„Obwohl man ihn auch woandershin bringen könnte, schließlich hat er genug Energie, um zu türmen."
„Vielleicht. Aber wohin? Private Kliniken sind zu teuer", gab meine Mutter zu bedenken.
„Schon klar." Ich sah zu Marc hinüber, der gerade sanft Jessicas Nase berührte und leise etwas murmelte. Sie hatte ihm einmal eine herzerwärmende Opa-Joe-Geschichte erzählt, die sie irgendwann von mir gehört hatte.
Wahrscheinlich die, in der Handgranaten und der Pfarrer vorkamen. „Hör mal, da kommt mir eine Idee. Mein Mitbewohner Marc hat einen ..."
„Oh, der schlaue Arzt. Habe ich dir gesagt, dass ich den perfekten Mann für ihn kennengelernt habe? Er ist Student und arbeitet an seiner Doktorarbeit in japanischer Literatur .. "
„Das hört sich nach viel Spaß an. Und so nützlich. Hör mal, sein Vater ist in einer Einrichtung, von der es sicher auch eine in der Nähe gibt, wo Joe lebt.
Und wenn nicht, zieht er einfach dort ein."
„Was für eine Einrichtung?"
Ich erzählte es ihr. Und so kam es, dass mein Großvater Joe einige Zeit später nur vier Meilen entfernt von meinem vampirverseuchten Zuhause lebte. Was, wenn ich so zurückblicke, vielleicht eine größere Gefahr für meinen Leib und mein Leben
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bedeutete, als es eine mit Weihwasser gefüllte Kugel mitten ins Herz je hätte sein können.
Ich habe übrigens nie erfahren, wer uns eigentlich mit seinem Besuch überraschen wollte. Mir war's recht. Ich war wirklich nicht scharf auf weitere Überraschungen.
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„Du bist dir doch im Klaren darüber, dass du ihn besuchen musst, wenn er erst einmal transferiert worden ist, oder? Als er noch vier Stunden entfernt wohnte, war das etwas anderes. Aber jetzt ist es nicht mehr als ein Spaziergang."
„Sei still", stöhnte ich. „Sei still, sei still, sei still." „Ich muss zugeben", fuhr Jessica fröhlich fort - warum sollte sie auch nicht fröhlich sein, schließlich war die Schwellung zurückgegangen, und ihre Großeltern waren tot, „ich bin überrascht, dass er immer noch lebt. Haben sie dir nicht letztes Jahr gesagt, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat?"
„Drei Monate", erinnerte ich mich. „Sie haben ihm drei Monate gegeben."
„Wow. Und jetzt zieht er mit Marcs Vater zusammen."
„Ja. Es ist wie in einem Horrorfilm, wenn der Held einfach nicht totzukriegen ist. Wo ist denn der perfekte
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