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auf der Straße eine Menschentraube bildet und dass irgendein gut aussehender Polizistenaffe auf dich einredet, es dir anders zu überlegen, und
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sich dann in dich verliebt. Du guckst zu viel Fernsehen. Unter anderem."
Bev starrte sie an. Sie war wütend und wurde immer wütender, aber alles, was der dämonische hüpfende Engel gesagt hatte, entsprach der Wahrheit.
Jetzt allerdings, da sie es laut ausgesprochen hörte, fühlte sie sich wie ein Taubenschiss. Schließlich wollte sie mehr als nur ein bisschen Aufmerksamkeit. Oder etwa nicht?
„Dich retten? Du willst doch gar nicht gerettet werden! Du willst ein Date für die nächste Woche! Ha!"
„Jetzt reicht's!", blaffte Bev. „Ich springe."
„Ach, hör schon auf, das machst du ja doch nicht." Die Brünette klaubte Bev mit einer Leichtigkeit von der Brüstung, dass sie beinahe auf dem Teerdach lang hingeschlagen wäre.
„Mach ich wohl!" Bev gelang es, ihren Arm loszureißen, renkte sich dabei aber fast die Schulter aus. Die Fremde war unglaublich stark. „Ich . . ich habe eine klinische Depression und ich halte es einfach nicht länger aus."
„Du bist sauer, weil du nicht befördert worden bist, weil du kein Date hast und weil deine Mutter deinen Geburtstag vergessen hat."
„Wer bist du?"
„Ich heiße Antonia. Und ich bin hier, um dir zu sagen, dass dich der Sturz nicht umbringen wird. Du wirst dir den Hals brechen und für den Rest deines Lebens als hilfloses Gemüse in irgendeinem Affenkrankenhaus herumliegen.
Du wirst deine Mom ruinieren, weil ihre Versicherung nicht für die Kosten aufkommen will, denn das Töchterchen ist schon längst von zu Hause ausgezogen. Und deine eigene Affenversicherung hat so einen Fall sowieso nicht vorgesehen. Deine Mom wird den Rest ihres Lebens damit verbringen, die Schulden abzuarbeiten und dich zu besuchen, und du glaubst, in einem Krankenhausbett
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kommst du endlich zu einem Date? Lange Rede, kurzer Sinn: Du denkst, dein Leben ist Scheiße? Los doch, spring! Dann wirst du sehen, wie tief du wirklich in der Scheiße stecken kannst."
„Aber woher weißt du das?" Bev erwiderte nicht: „Das stimmt nicht" oder
„Du bist doch auf Drogen". Alles, was Antonia sagte, klang glaubwürdig, so unheimlich es auch war. Noch nie hatte sie jemanden getroffen, der ebenso schön wie unausstehlich war. Antonia sah aus wie ein Model für Bademoden, direkt aus der neunten Pforte der Hölle. „Woher wusstest du, dass du mich hier finden würdest?"
„Ich wusste es einfach."
„Und warum redest du andauernd von Affen?"
Antonia rümpfte die Nase. „Weil du vom Affen abstammst."
„Du doch auch!"
„Nein, ich stamme vom Cards lupus ab. Das ist ein Säugetier, das sich viel besser in einem Stammbaum macht, falls du es noch nicht gewusst hast. Aber das scheint ihr ja alle nicht zu wissen."
„Also wolltest du mich gar nicht retten?" Bev hatte ein wenig Mühe, der Unterhaltung zu folgen. Verständlich, sagte sie sich, die letzten fünf Minuten schienen ihr alles in allem doch recht unwirklich.
„Scheiße, nein! Was juckt es mich, wenn sich noch ein Affe umbringt? Von euch gibt es sowieso viel zu viele. Mach schon, spring und ruiniere das Leben deiner Mutter, ist mir scheißegal."
„Warum bist du dann quer über das Dach gerannt, um mich vom Springen abzuhalten?"
„Das geht dich gar nichts an", raunzte Antonia sie an. „Aber es muss doch einen Grund haben." „Springst du jetzt oder nicht?"
„Das kommt darauf an. Sagst du mir, warum du hier bist?" Die Brünette rieb sich die Schläfen. „Okay, okay, wenn wir
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damit unsere Unterhaltung beenden können. Ich kann in die Zukunft sehen."
„Wie ein Medium?" Bev schnappte nach Luft.
„Nicht so etwas Lahmes. Ich sehe, was passieren wird. Und, stell dir vor, ich liege immer richtig. Das Problem ist nur, dass ich furchtbare Migräne bekomme, wenn die Leute nicht tun, was ich ihnen sage, wenn sie nicht auf meinen Rat hören und ihr eigenes Ding machen."
„Also wolltest du nur keine Kopfschmerzen bekommen."
„Hey", sagte Antonia, als fühlte sie sich angegriffen. „Es sind wirklich schlimme Kopfschmerzen."
„Und du stammst vom Cards lupus ... vom Wolf ab?"
„Hallohooooo? Ja! Müssen wir das alles noch mal durchkauen?"
„Also bist du so etwas wie ein . ." Auch wenn es sich dumm anhörte, sprach Bev es laut aus: „ .. ein Werwolf?"
„Muss ich es noch mal sagen? Hallohooooo? Ja!"
„Aber .. das sagst du so einfach? Du kannst doch nicht rumlaufen und
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