050 - Die Blutsauger
Strahl der Scheinwerfer stand, die auf das Fenster von Leroy Thompsons Zelle gerichtet waren.
Den gemeinsamen Anstrengungen von Thompson und Chalmers war es zu verdanken, daß sich das Fenster mit den starken, unzerbrechlichen Scheiben in den Angeln bewegte.
»Hier sind einige neue Kratzer«, sagte Jenkins, und zeigte auf die Mauer vor ihm.
»Ich kann sie nicht sehen«, sagte Thompson. Er lehnte sich gefährlich weit über die Fensterbrüstung hinaus.
»Vorsicht!« warnte der Doktor.
»Hilfe!« rief Leroy, als er das Gleichgewicht zu verlieren drohte.
»Halten Sie ihn!« rief Chalmers.
Jenkins griff nach dem Mann, der zu fallen drohte, und seine kräftigen Finger verkrallten sich in Leroys Jacke. Der Stoff gab nicht nach.
Jenkins hielt sich mit seiner freien Hand an dem Korb fest, der sich gefährlich zu neigen begann.
Chalmers lehnte sich aus dem Fenster und versuchte, den Korb, der anfing, sich um seine eigene Achse zu drehen, ruhig zu halten. Sein invalides Bein war ihm dabei behinderlich, aber seine Arme waren stark, und er besaß einen durchtrainierten Körper. Langsam kam der Korb zum Stillstand, aber Jenkins’ Arm war überbeansprucht.
»Ich halte es nicht mehr sehr lange aus, Sir«, jammerte er.
»Ich versuche, euch hereinzuziehen«, sagte der Doktor.
»Es tut mir leid«, rief Leroy.
»Können Sie Ihre Hand zu mir herauf strecken?« fragte Chalmers.
»Ich werde es versuchen«, ächzte Leroy. Er streckte seine Hand so weit wie möglich aus.
»Ich halte Sie!« rief Chalmers. Dann verließ ihn sein rechtes Bein, er verlor das Gleichgewicht und glitt gefährlich weit aus der schmalen Fensteröffnung.
»Lassen Sie meine Hand aus!« schrie Leroy. »Retten Sie sich erst selbst!«
»Mir ist noch kein Patient gestorben«, meinte Chalmers entschlossen und hielt Leroys Hand noch fester als vorher.
»Wir kommen, Sir!« kamen Stimmen von der Tür hinter Chalmers. »Wir sind da!«
Zwei stämmige Krankenpfleger kamen in die Gummizelle und griffen nach dem Doktor. Eine Minute später waren Leroy und Jenkins wieder im Zimmer.
»Es tut mir furchtbar leid«, sagte Thompson schuldbewußt. »An allem bin ich ganz allein schuld!«
»Lassen Sie sich keine grauen Haare deswegen wachsen«, sagte Chalmers und lachte.
»Solche Erlebnisse vertreiben die Langeweile des Lebens zur rechten Zeit!« fügte Jenkins grinsend hinzu.
»Sie sind alle beide so freundlich zu mir«, meinte Leroy gerührt.
»Und nun, glaube ich, brauchen wir alle ein paar Stunden erholsamen Schlaf«, sagte Chalmers, der immer praktisch dachte.
Und zu seiner eigenen Überraschung fiel Leroy Thompson augenblicklich in einen tiefen, ruhigen Schlaf und wachte erst spät am Morgen auf.
Gegen Mittag wurde er in Dr. Chalmers Büro gebeten.
»Ich möchte mit Ihrem Freund Dr. Foster in Verbindung treten«, sagte Chalmers und holte sein Telefonverzeichnis heraus.
Er hob den Hörer ab. »Ich hätte gern eine Verbindung mit Dr. Foster, Picadilly 5849«, sagte er zur Telefonistin.
Nach einer Weile erklang ein Signal, und auf dem Schreibtisch des Doktors leuchtete ein rotes Licht auf.
Der Doktor hob ab. »Dr. Foster? Hier spricht Chalmers von Pine Leigh. Ein Freund von Ihnen, Mr. Thompson, ist hier bei mir in der Klinik … Ja, ja, ganz recht! Mr. Leroy Thompson, der Architekt.«
»Was ist mit ihm geschehen?« fragte Foster.
»Er wurde nach einem kleinen Unfall eingeliefert«, sagte Chalmers.
»Etwas Ernstliches?« wollte Foster wissen, und aus seiner Stimme klang echte Besorgnis.
»Nichts Aufregendes, Herr Kollege. Nur ein paar Abschürfungen, harmlose Dinge.«
»Und?«
»Nun, wie Sie vielleicht selbst wissen, ist Mr. Thompson ziemlich überarbeitet und braucht einige Tage Erholung und absolute Ruhe …«
»Ich machte mir größte Sorgen wegen des Vampirsyndroms, an dem er zu leiden schien. Ich habe ihm auch empfohlen, sich ein wenig Erholung zu gönnen und einige Tage aufs Land zu fahren. Aber dann verschwand er ganz plötzlich aus dem Klub …«
»Er hat kein Vampirsyndrom«, sagte Chalmers und lächelte Thompson zu.
»Ich bin überzeugt davon und würde meinen ganzen Ruf als Mediziner dagegen wetten!« rief Foster kampflustig.
Chalmers hielt den Hörer in Respektdistanz von seinem Ohr. »Ich bin durchaus Ihrer Meinung, daß Mr. Thompson alle Symptome eines Vampirsyndroms zeigt«, sagte er. »Bloß hat er kein Vampirsyndrom.«
»Und was, zum Teufel, hat er, Ihrer geschätzten Meinung nach, Herr Kollege?« schrie Foster ins
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