0501 - Die Mord-Clique
hatte es in die tiefste Vergangenheit verschlagen, wir hatten Wolfsmagien erlebt, uns mit Vampiren herumgeschlagen und auch Zombies erledigt. Voodoo war für uns kein Fremdwort mehr. Ebensowenig wie die Mystik und die Mythologie des fernen Asiens.
Aber immer waren wir auch an Grenzen gestoßen. Bis hierher und nicht weiter hatte es oft genug geheißen. Jetzt besaß ich den Dunklen Gral und möglicherweise die Waffe, die in der Lage war, diese Grenzen einzureißen.
Das Grübeln hatte keinen Sinn, doch es gibt immer wieder Momente, wo der Mensch anfängt, so etwas wie eine Bilanz zu ziehen. An diesem Abend was es bei mir soweit.
Ich lehnte mich zurück und zündete mir eine Zigarette an. Neben mir stand eine Flasche Bier. Zur Hälfte hatte ich sie bereits geleert, den Rest kippte ich jetzt ins Glas und schaute zu, wie die kleinen Schaumblasen allmählich zerplatzten.
Superintendent Sir James Powell, mein Chef, hatte mir vorgeschlagen, einige Tage Urlaub zu machen. Ich hatte weder zugestimmt noch abgelehnt und wollte ihm erst am nächsten Tag Bescheid geben. Wenn ich allerdings aus dem Fenster schaute, verging mir die Lust auf Urlaub. Die Hitzewelle war vorbei. Ein kaltes Atlantik-Tief hatte die sommerlichen Temperaturen in den Keller gedrückt. Dicke Wolken brachten Regen, der vom Wind durch die Straßen gepeitscht wurde, als wollte er damit die Riesenstadt London von allem Unrat reinigen.
In den südlichen Ländern war es heiß. Griechenland stöhnte unter einer selten erlebten Hitzewelle, die schon mehr als Todesopfer gekostet hatte.
Dann lieber im regnerischen London bleiben oder im kühlen Schottland wandern und abends in den kleinen Gasthöfen einkehren, wo es den guten Whisky gab und man den Geschichten der Einheimischen lauschen konnte.
Urlaub in Schottland war nicht einmal schlecht. Ich hätte ihn sogar bei meinen Eltern verbringen können, die in einer herrlichen Gegend wohnten.
Die beiden alten Herrschaften würden sich bestimmt freuen.
Ich lächelte bei dem Gedanken daran, mich mal zehn Tage von der Mutter verwöhnen zu lassen. Dann allerdings würde ich mit Übergewicht nach London zurückkehren, denn meine Mutter glaubte immer noch, einen Jungen vor sich zu haben, der noch wachsen mußte.
Mütter waren eben so. Sie würden sich nie ändern, solange sich die Welt drehte.
Ich schaute auf die Uhr. Ohne Anmeldung konnte ich nicht losfahren. Ich mußte ihnen zumindest Bescheid geben und auch wissen, ob sie selbst zu Hause waren.
Der Gedanke gefiel mir immer mehr. Es war einfach gut, einmal die ganzen Dinge zurückzulassen, die mich beschäftigt hatten, mal an nichts denken, nur einfach in den Tag hineinleben, lange schlafen, Spazierengehen, wieder schlafen, abends in der Kneipe hocken, auch mal Karten spielen und…
Ich verzog das Gesicht, denn in meine Urlaubsgedanken hinein schrillte der moderne Quälgeist, das Telefon.
Das hatte mir noch gefehlt.
Zuerst wollte ich das Klingeln ignorieren und warf einen Blick auf meine Uhr, aber es war noch nicht so spät. Ich entschloß mich, aufzustehen und abzuheben.
»Ja bitte«, sagte ich nicht gerade freundlich.
»John – du?«
»Jane.« Ich war überrascht, ihre Stimme zu hören.
»Störe ich?«
»Unsinn, du störst nie.« Das war nicht einfach so dahingesagt, es stimmte tatsächlich. »Was gibt es denn?«
»Ich habe ein Problem.«
»Und welches?«
»Es geht diesmal nicht um mich und mein Gesicht, sondern um Sarah Goldwyn.«
Ich horchte auf. »Was ist mit ihr?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen. Jedenfalls mache ich mir um sie Sorgen. Sie ist weggefahren und noch nicht zurückgekehrt. Sarah wollte alte Bekannte besuchen und hätte eigentlich schon zurück sein müssen, aber sie ist es nicht.«
Ich lachte in den Hörer. »Kindchen, nimm das nicht tragisch. Lady Sarah wird sich verquatscht haben. So etwas passiert häufig. Da würde ich mir keine Gedanken machen.«
»Aber sie ist schon ziemlich lange überfällig. Und da war dann noch der Anruf.«
»Welcher?«
»Der Anrufer hat sich nicht mit seinem Namen gemeldet. Er erklärte mir nur, daß ich zu Hause bleiben sollte. Er würde noch einmal anrufen und mir gewisse Dinge bekanntgeben.«
»Hängen die mit Lady Sarah zusammen?«
»Das weiß ich eben nicht, John. Erwähnt in dieser Richtung hat er jedenfalls nichts. Mein Gefühl sagt mir nur, daß ich sehr vorsichtig sein muß. Es kann alles anders kommen.«
»Was hast du dir vorgestellt?«
»Es ist ja noch nichts passiert, John. Ich
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