0502 - Die Disco-Hexe Tessy
günstig, daß ich sie mit zwei schnellen Schüssen erwischen konnte.
»Rührt euch nicht!« fuhr ich sie an. »Ihr wollt sicherlich noch etwas leben – oder?«
Sie starrten mich kalt an.
»Umdrehen, aber beide!«
Sie gehorchten, denn mein Blick sagte ihnen genug. Das Skelett holte ich, noch während es sich drehte, von den Beinen. Frankenstein erschrak. Ich nutzte die Spanne aus und schlug wieder zu.
Auch er legte sich schlafen.
Gewonnen hatte ich.
Meine Beine waren weich geworden. Erst jetzt klang der Schock allmählich ab. Mich überkam das große Zittern. Ich hätte mich liebend gern irgendwo abgestützt, nur gab es da nichts, wo ich mich hätte festhalten können. Ich wischte durch mein Gesicht und spürte auf den Handflächen den kalten Schweißfilm.
Drei Gegner hatte ich geschafft.
Tessy Lamar, die Disco-Hexe, aber blieb. Wenn sie nicht blind und taub war, mußte sie mitbekommen haben, was nahe ihres Wohnmobils geschehen war. Es stand in meinem Rücken. Deshalb drehte ich mich langsam um. Ich ärgerte mich selbst über die Schwerfälligkeit meiner Bewegungen, aber was sollte ich machen?
Der Lichtschein kroch wie ein bleicher Teppich über den Boden und erreichte fast meine Schuhspitzen. Er fiel aus der offenen Eingangstür des Wohnwagens, in der Tessy Lamar stand, mir zunickte und sagte: »Gratuliere, John Sinclair. Ich hätte nicht gedacht, daß Sie die drei Kerle schaffen würden…«
***
Ich hörte ihre Worte wie durch einen Schleier. Zwar rührte sie sich nicht, trotzdem hatte ich das Gefühl, als würde sie schwanken. Es lag an meinem miserablen Zustand.
»Was ist los, Sinclair? Warum geben Sie keine Antwort?«
»Was wollen Sie hören, Tessy?«
Sie lachte etwas kehlig. »Sie sind doch meinetwegen hergekommen, oder nicht? Behaupten Sie nur nicht das Gegenteil, dann wäre ich enttäuscht. Es täte meinem Ego nicht gut.«
»Ja, ich bin Ihretwegen gekommen.«
»Wunderbar. Da wir in der nächsten Zeit wohl nicht mehr gestört werden, können wir es uns ja gemütlich machen. Kommen Sie, John, mein Wagen steht Ihnen offen.«
»Wollten Sie nicht meine Leiche vor Ihre Füße geworfen haben?«
Sie lachte plötzlich. »Das wissen Sie auch?«
»Ich hörte es.«
»Man übertreibt oft.«
»Sie aber bestimmt nicht, Tessy. Sie wußten sehr gut über mich Bescheid.«
»Wer kennt Sie nicht, John? Verstehen Sie das als Kompliment. Doch jetzt kommen Sie. Bei mir ist es gemütlicher als in dieser kühlen Sommernacht und umgeben von drei bewußtlosen Idioten.«
Sollte ich gehen?
Tessy hatte mich tot haben wollen. Sie hatte auf mich gewartet, sie wußte Bescheid. Alles Tatsachen, die für eine perfekt aufgebaute Falle sprachen.
Wenn man allerdings, so wie ich, die Falle erkannt hatte, war sie nicht mehr so perfekt.
»Ich werde mich auch um Ihre Wehwehchen kümmern«, erklärte sie mit spöttischer Stimme. »Und ich habe zarte Hände, außerdem noch mehr.« Sie bewegte sich, und in der vorderen Hälfte des Umhangs klafft eine Lücke, so daß ich einiges von ihr sehen konnte.
»Nun?«
»Okay, ich komme.«
»Die drei Kerle können Sie liegenlassen, John. Sie werden Ihnen nichts tun, diese Hampelmänner.«
Tessy trat kaum zur Seite, als ich den Wagen betrat. Zwangsläufig streifte ich ihren Körper. Unter dem Stoff spürte ich, wie fest ihre Brüste waren.
Der Wagen war glücklicherweise so hoch, daß ich mich hinstellen konnte, ohne mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Als Einzelperson konnte man es hier für eine Weile aushalten. Das Wohnen mit mehreren Leuten wurde schon problematisch.
»Gefällt es Ihnen?« fragte Tessy mich.
Ich hatte mich umgeschaut und auch den Sarg entdeckt, der doch ein wenig deplaziert wirkte. »Bis auf die Totenkiste ist der Raum recht nett, wirklich.«
»Totenkiste«, wiederholte sie mein Wort. »Wie despektierlich. Das ist ein prachtvoller Sarg, ein wunderbares Stück…«
»Und für wen gedacht?«
»Für mich natürlich.«
Ich nickte. »Wenn Sie tot sind?«
»Nein, ich brauche ihn jetzt. Meine Auftritte starte ich aus dem Sarg. Aber das wissen Sie doch, John.« Ihr Lächeln bekam eine Spur von Überheblichkeit.
»Ich war noch nicht in Ihrer Show.«
»Richtig, und Sie haben auch nichts darüber gehört?«
»Hören kann man viel. Ob es dann stimmt, ist die zweite Frage.«
»Ja, Sie haben recht.« Tessy nickte und schlug die Beine übereinander. Sie ließ viel davon sehen. Die Haut war herrlich glatt und ohne Makel.
Sie sah meinen Blick und begann zu
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