0502 - Die Disco-Hexe Tessy
waren. Sie lebten in Wohnwagen, die nahe des Gebäudes standen. Wahrscheinlich an der Rückseite.
Um nicht schon gesehen zu werden, schlug ich einen Bogen.
Meine Gestalt verschmolz mit der Dunkelheit. Sehr bald umspielte hohes Unkraut meine Waden. Dieser Teil des Platzes wurde überhaupt nicht genutzt.
Dann sah ich die Wagen. Es waren zwei Wohnmobile, die wie Klötze hinter dem Bau standen.
Sie waren nicht beleuchtet, aber hinter den Fenstern eines Wagens schimmerte ein rotgelbes Licht.
Wie die Gruppe die Wohnmobile aufgeteilt hatte, war nicht zu erkennen. Möglicherweise wohnte Tessy allein, das wäre mir natürlich recht gewesen. Ich konzentrierte mich auf den Wagen, hinter dessen Fenstern ich den Lichtschein hatte schimmern sehen.
Geduckt ging ich darauf zu. Leider nicht geräuschlos. So beschleunigte ich meine Schritte, um so das Ziel so rasch wie möglich zu erreichen. Ich blieb neben einem der hellen Fenster stehen. Es lag dicht neben der mittleren Eingangstür.
Sehr vorsichtig hob ich den Kopf. Bevor ich versuchte, den Wagen zu betreten, wollte ich erst einen Blick hineinwerfen. Kein dünner Vorhang verwehrte ihn mir.
Ich konnte durch die Scheibe peilen, sah die normale Einrichtung und wollte mich schon zurückziehen, als sie erschien.
Tessy kam von der linken Seite, wo es dunkler war. Sie trat jetzt in den Lichtschein, und ich hielt den Atem an.
Verdammt, war das ein Weib!
Halbnackt mit pechschwarzen Haaren, die wie ein an den Seiten hochgestellter Vorhang wirkten. Sie trug ein goldenes Dreieck, mehr eine Maske, an einer bestimmten Stelle und besaß Rundungen, die einem Mann schon das Blut schneller durch die Adern treiben konnten. Ihr Gesicht besaß einen etwas gewöhnlichen, gleichzeitig auch lockenden Ausdruck. Die Augenpartien waren stark geschminkt. In der rechten Hand trug sie eine andere Kleidung. Tessy warf sie einfach auf einen Stuhl. Dann griff sie zu einem mantelähnlichen Umhang und schlang ihn um ihre Schultern.
So war sie auch auf der Bühne aufgetreten. Klar, daß sich in den Konzerten kein freier Platz mehr finden ließ.
Wie sie sich anzog und sich dabei bewegte, das war alles Show.
Als hätte sie es extra für jemand getan, der ihr dabei zuschaute.
Aber sie stand nicht auf der Bühne und brauchte sich nicht zu produzieren. Es sei denn, sie wußte über mich als Beobachter Bescheid.
Mit einer heftigen Bewegung drehte sich Tessy herum und schaute zum Fenster.
Ich hatte es vorausgesehen und tauchte blitzschnell weg, in der Hoffnung, nicht entdeckt worden zu sein. Die nächsten Sekunden verstrichen, es tat sich nichts. Ich war in der Hocke geblieben und schaute schräg zum Fenster hoch.
Ein Schatten zeichnete sich dort nicht ab. Wieder ließ ich mir Zeit und dachte über Tessy nach. Diese Frau hatte es also geschafft, Kid Fox in eine verzweifelte Lage zu bringen. Man soll Schönheit nicht mit Schlechtigkeit gleichsetzen, hier aber schien es mir der Fall zu sein. Tessy Lamar wirkte auf eine animalische Weise schön, sie war der Typ Vamp, der Männer verschlang.
Ich wollte sie noch einmal sehen, drückte mich wieder hoch und hörte hinter mir das Schleifen.
Es war für mich das berühmte Warnsignal. Eine Alarmglocke schrillte in meinem Kopf. Ich fuhr noch in der hockenden Stellung herum, wobei gleichzeitig mein Arm mit der gestreckten Handkante einen Rundschlag ausführte, der etwas Weiches traf.
Erst jetzt sah ich den Mann. Sein Oberkörper war fast nackt, er trug langes, dichtes, dunkles Lockenhaar. Seine Gesichtszüge zeigten den Schmerz, den er verspürte.
Eine Waffe besaß er nicht, wenigstens nicht sichtbar. Er starrte mich an, japste nach Luft, ich rechnete auch damit, daß er einen Warnschrei ausstoßen wollte und mußte dies verhindern.
Die nächsten beiden Treffer rissen ihm die Luft aus den Lungen.
Der dritte Hieb schickte ihn zu Boden, wo er gekrümmt liegenblieb und sich nicht rührte.
Das war erledigt.
Neben ihm bückte ich mich und tastete ihn nach Waffen ab. In der Gesäßtasche seiner Lederhose fand ich noch ein Klappmesser. Ein Schießeisen trug er nicht bei sich.
Ich steckte das Messer ein, wollte hoch, als ich den leisen Schrei hörte.
Diesmal kam ich nicht rechtzeitig genug herum. Noch in der Drehung erwischten mich die beiden Füße. Sie trafen mich an der Brust und an der Hüfte. Ich kippte über den Bewußtlosen hinweg und konnte erst jetzt sehen, daß ich von einem Skelett angegriffen worden war, das auf dem Dach des Wohnwagens gehockt
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