0503 - Adelige Blutsauger
Versteck. Er kam ihr sicherer vor als die Straße, wo der Hund bestimmt schneller sein würde. Wie sie die ersten Bäume erreichte, wußte sie selbst nicht zu sagen. Jedenfalls war sie plötzlich da und klammerte sich an den Zweigen fest.
Einer brach, der andere hielt. Sie zog sich höher, tauchte unter einem Ast hinweg und stolperte in den Wald, der an dieser Stelle sehr dicht war.
Leider stieg der Boden steil an. Kate mußte sich an Zweigen und Ästen festklammern, um vorwärts zu kommen.
Sie schwitzte stark, aber sie machte weiter.
Dann brach sie zusammen.
Nicht, weil sie zu erschöpft gewesen wäre, sie war einfach mit dem rechten Fuß in ein Loch getreten, das sie zuvor nicht hatte entdecken können, weil es unter Laub versteckte gewesen war.
Kate fiel auf die rechte Seite, wollte sich wieder hochraffen und hörte die Geräusche des Hundes.
Er kam.
Nicht nur mit seinen Pfoten wühlte er sich durch das alte Laub, sein drohendes Knurren klang Kate Manderston entgegen.
Sie rollte sich auf die Seite. Ihre Arme wühlten das feuchte Laub hoch, Halt fand sie kaum, und so mußte sie mitansehen, wie der Körper sich ihr immer mehr näherte.
Das Maul war geöffnet. Sie sah das weiße, schreckliche Gebiß. Die Zunge schlug hervor wie ein langer Lappen, er wühlte sich weiter und setzte zu einem mächtigen, bogenförmigen Sprung an, der ihn genau auf Kate zukatapultierte.
Sie sah den weißen Hundekörper schräg auf sich zufliegen. Weit hielt sie die Augen offen. Die Furcht steigerte sich zu einer rasenden Todesangst, und sie konnte nicht einmal schreien.
Da erwischte sie der Körper.
Der schwere Hundebalg hämmerte gegen sie. Kate spürte das Auftreffen der Pfoten wie Hammerschläge, die sie in das weiche Laub zurückdrückten.
Jetzt hätte sie schreien müssen, ihre Kehle war zu. Sie spürte unter sich die weiche Masse des Laubs und auf sich den schweren weißen Killerhund. Er hatte den Kopf gesenkt. Das weit geöffnete Maul schwebte über ihrem Gesicht. Den Kopf hatte das Tier gedreht, als wollte es mit dem ersten Biß die Kehle der Frau durchtrennen.
Aus dem offenen Maul schlug ihr ein ekliger Geruch entgegen, der wie ein feuchter Windhauch über ihr Gesicht streifte.
Kate Manderston schloß mit dem Leben ab. Diese Bestie hatte ihre Großeltern getötet. Weshalb sollte sie dann noch damit zögern, auch sie in den Tod zu schicken?
Da hörte sie den Pfiff!
Es war ein schriller Laut, der zwischen den Bäumen wetterte und echote. Ihm folgte ein Lachen.
Kate hatte das Gefühl, als würde sich der Teufel persönlich über ihre Lage freuen…
***
Der weiße Hund biß nicht zu!
Dennoch ging es Kate kaum besser. Die Todesangst blieb nach wie vor und hatte sie starr gemacht. Sie schaute gegen die Kronen der Bäume, wo sich die Blätter zitternd im Wind bewegten. Ihr war plötzlich kalt und heiß zugleich.
Ein zweiter Pfiff klang auf.
Diesmal nicht so laut, eher gedämpft, doch der Hund parierte augenblicklich.
Er zog sich mit einem Sprung zurück.
Zunächst konnte Kate nicht glauben, was sie da sah. Sie lebte noch, das Tier hatte nicht zugebissen. Es kam ihr vor wie ein kleines Wunder, aber sie schaffte es trotzdem nicht, sich auf die Füße zu stellen. Wie erdrückt blieb sie im feuchten Laub liegen, das in ihrer unmittelbaren Nähe anfing zu rascheln.
Es bewegte sich nicht von allein, denn jemand durchmaß es mit schweren Schritten.
Er kam jetzt auch näher und näher, sie schielte in die Höhe und sah plötzlich den Schatten, der über sie fiel.
Der Schatten eines Menschen!
Kate wußte nicht, ob sie jubeln sollte. Der Ankömmling mußte zu dem Hund gehören, wenn dieser schon auf seinen Pfiff reagierte.
»Sie können aufstehen, Miß!«
Kate blieb liegen und lauschte der Stimme. Sie hatte sie noch nie zuvor gehört, diese Sprache war ihr völlig fremd.
»Hoch mit dir!«
Kate zog die Beine an. Ihre Knie zitterten. Auf dem weichen Boden hatte sie Mühe, Halt zu finden. Sie blieb schließlich stehen und hielt sich an einem Ast fest.
Vor ihr stand ein Fremder.
Da er sich etwas erhöht aufhielt, kam er ihr vor wie ein Riese. Er trug eine dunkelgrüne Tarnkleidung, man konnte auch Kampfanzug dazu sagen, und die untere Hälfte seines Gesichts wurde von einem dunklen, wild wuchernden Bart eingenommen. Das Haar verschwand unter einer Mütze mit einem breiten Schirm an der Vorderseite.
Sein Lächeln war kalt, überheblich und auch grausam. Der Blick seiner Augen ebenfalls. Zudem war er schwer
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