0503 - Der Stierdämon
nicht wehren konnte, schleuderte sie selbst vorwärts, der blonden Fremden entgegen.
Wie CRAAHN! durchfuhr es sie. Gegen CRAAHN hatte sie sich auch niemals wehren können, nachdem dieses psychogenetische Programm der MÄCHTIGEN erst einmal aktiviert worden war. Auch jetzt wurde sie, daß es falsch war, sich als Ssacah-Dienerin zu zeigen. Aber sie war nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Sie mußte so handeln, wie der Ssacah-Keim es ihr befahl.
Sie prallte gegen die Blonde, attackierte sie mit vollem Körpereinsatz.
Damit bekamen die beiden Ssacah-Ableger die Chance, das fremde Wesen ebenfalls anzugreifen, weil es durch Sara abgelenkt wurde. Ssacah handelte absolut folgerichtig! Eine Gefahr mußte schon im ersten Moment ihres Entstehens bekämpft und ausgeschaltet werden!
Als Sara die Blonde berührte, spürte sie, daß ihr erster Eindruck richtig war: Sie hatte es mit konzentrierter Magie zu tun. Wo sie sich gegenseitig berührten, sprühten Funken auf. Sara schrie. Sie taumelte zurück. Die Blonde bückte sich blitzschnell, packte die beiden Messing-Kobras, noch ehe diese ausweichen konnten. Sie riß die Ableger in die Höhe. Eine der Kobras biß zu, grub ihre Giftzähne tief in den Unterarm der Fremden. Die zeigte keine Reaktion. Aber Augenblicke später zerbröckelten die beiden Ableger in ihren Händen. Sie zerpulverten förmlich zu Staub.
Schreckensstarr stand Merlin da. Aus weitaufgerissençn Augen sah er die beiden Frauen an. Die Blonde lachte spöttisch und schleuderte die zerbröselnden Reste der beiden Messing-Kobras in die Luft. Lachend sah sie zu, wie der Staub niedersank und sich dabei verteilte.
Sara Moon war gestürzt. Jetzt richtete sie sich wieder auf. Ihre normalerweise schwarzen Augen leuchteten schockgrün.
»Nicht!« keuchte Merlin. »Hört auf!«
Saras ausgestreckte Hände begannen zu leuchten. Ein Kraftfeld entstand, das sie mehr und mehr mit ihrer eigenen Energie auflud. Sie zischte böse wie eine Schlange. Doch die Blonde wartete nicht ab, bis Sara die geballte magische Energie auf sie schleudern konnte. Sie griff selbst an.
»Nicht!« schrie Merlin in größtem Entsetzen. »Shirona, nein! Sie ist doch meine Tochter!«
Aber davon ließ Shirona sich nicht beirren. Sie wollte die Schlange töten!
***
In Cluanie-Bridge brannte nur noch die Straßenbeleuchtung und die Lampen in Ulluquarts Pub. Aber den betrat Roy Thurso nicht wieder. Er wußte, daß sich der gesuchte Mann aus der Vergangenheit dort nicht befand. Eine Art Kollektivwissen der Ssacah-Ableger verriet es ihm, auch ohne daß er eigens nachfragen oder nachschauen mußte. Cristofero Fuego - plötzlich erinnerte Thurso sich wieder an den Namen des Spaniers - befand sich nicht in der unmittelbaren Nähe eines Ssacah-Dieners.
Deshalb blieb Thurso nichts anderes übrig, als überall in der Umgebung nach ihm zu suchen. Was, wenn Fuego, der Vampirische, in ein noch nicht von Ssacah kontrolliertes Haus eingedrungen war? Dann konnte Thurso draußen lange nach ihm suchen! Er konnte sich aber auch nicht einfach hinstellen und so laut nach Fuego rufen, bis auch der letzte Schläfer erwachte. Es war bedauerlich, daß Ssacah noch nicht das ganze Dorf unter Kontrolle hatte. Dazu hatte die Zeit einfach noch nicht gereicht.
Der Regen ließ nach. Weit im Westen, gut zwei Handbreit über dem Horizont, kamen schon wieder die ersten Sterne durch die über den Himmel jagende Wolkendecke. Die Schlechtwetterzone zog weiter; in ein paar Stunden würde es wieder trocken und warm sein, und wenn die Sonne endlich wieder aufging und mit ihrer sommerlichen Glut die Schlangen wärmte, würde von der prasselnden Regenfront nichts mehr zurückgeblieben sein.
Plötzlich stoppte Thurso. Er sah eine Bewegung im nachlassenden Regen.
Aber das war nicht Fuego. Das war etwas völlig Fremdes, unheimlich in seiner Erscheinung. Wenn Thurso nicht gewußt hätte, daß es Rhu Mhôrven nicht mehr gab, hätte er geschworen, daß dieses Geschöpf Rhu Mhôrvens Werk wäre.
Das unheimliche Fabelwesen, das sich durch Cluanies stille Straßen bewegte, trug ein wallendes, rotes Gewand - die Farbe konnte Thurso erkennen, als das Biest unter einer Straßenlampe hindurchging. Aber er sah auch, daß dieses Ungeheuer dabei keinen Schatten auf den regennassen Straßenbelag warf und sich auch nicht in den Pfützen spiegelte. Unter anderen Umständen hätte er in dieser Situation - allein, suchend und durchnäßt - auf solche Kleinigkeiten wahrscheinlich überhaupt
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