0504 - Attacke der Riesenkäfer
aufzuhorchen. »Was ist denn an den lieben Tierchen so Besonderes?«
»So groß waren sie«, keuchte Michelle auf und ballte eine Faust. »Sie krochen an mir hoch, haben mich gebissen. Und danach Lauren… als ich ihn aus dem Wasser gezogen hatte, sind sie über ihn hergefallen! Doktor, sie haben ihn umgebracht! Er ist nicht ertrunken, die Käfer haben ihn…«
Sie hatte sich aufgerichtet und starrte den Arzt aus weitaufgerissenen Augen an. »Sie müssen etwas tun!«
»Worauf Sie sich verlassen können. Aber sind Sie sicher, daß Sie das nicht nur geträumt haben? Faustgroße Käfer gibt es nicht.«
Michelle sank zurück. »Ich weiß es besser«, sagte sie nur.
Cadouin preßte die Lippen zusammen. Er hatte eigentlich damit gerechnet, daß sie ihren Alptraum vehement verteidigte. Aber dieses einfache, seltsam ruhige »Ich weiß es besser« irritierte ihn. Sollte doch etwas an der Geschichte dran sein? Aber es konnte keine faustgroßen Käfer geben! Es konnte auch keinen Käfer geben, die Menschen in Sekundenschnelle auffraßen! Trotzdem machte Michelle auf ihn nicht den Eindruck einer Phantastin. Sie mochte zwar unter dem schockierenden Eindruck eines unglaublichen, grauenhaften Erlebnisses stehen, aber sie wirkte dabei ziemlich klar; sie wußte wohl, was sie sagte.
»Erzählen Sie einfach von Anfang an«, bat er und ging zum Schreibtisch hinüber. Er betrachtete das Papier, das William beschrieben hatte, las den Kommentar und fügte dann hinzu: Ferner Schnittwunden am linken Unterschenkel, in einer Wunde Fremdkörper.
Von Hand brachte er das Papier in die Position »Therapie« und schrieb: Erstens. Begleitperson rausschmeißen, bevor sie noch mehr Unsinn verzapft. Zweitens. Tetanusinjektion. Desinfizieren der Schnittwunden, Entfernen der Fremdkörper, leichter Verband. Blutentnahme zu weiterer Untersuchung.
Derweil hörte er zu, was Michelle erzählte. Von der Katze, die geschrien hatte, und von dem Skelettfund. Von den Käfern. Von Lauren Pellerins Panik, seiner Rettung aus dem Fluß. Dann die verschwundenen Autoreifen. Und schließlich das Menschenskelett. »Und dann bin ich einfach nur noch in Richtung Straße gelaufen, und dieser freundliche Mann mit dem BMW hat mich hierhergebracht.«
Sie wandte sich William zu. »Sie haben einen harten englischen Akzent, nicht wahr?«
»Schottisch«, verbesserte William. »Nicht englisch, sondern schottisch. Darauf muß ich bestehen. In der Tat, ich bin Schotte, Mademoiselle.«
Dr. Cadouin nickte bedächtig. »Eine geistige Verwirrung können wir wohl ausschließen«, behauptete er.
»Sie glauben mir also?«
Der Arzt nagte an der Unterlippe. »Es ist nicht wichtig, was ich glaube. Es ist wichtig, was geschehen ist, Mademoiselle. Ich muß zugeben, daß ich mir faustgroße Käfer nicht vorstellen kann. Allerdings…«
»Was allerdings?« stieß sie erregt hervor.
Der Arzt winkte ab. »Wollen doch mal sehen, daß wir diese seltsamen Dinge aus ihrem Bein kriegen. Spüren Sie noch etwas?« Er berührte die Wade, drückte mit dem Fingernagel zu.
Michelle schüttelte den Kopf. »Nein. Aber warum antworten Sie mir nicht, Doktor?«
»Es hat hier in der Nähe vor ein paar Jahren schon einmal einen Chemieunfall gegeben«, sagte er und begann mit seiner Arbeit. »Da hat ein Lkw seine Ladung verloren, und eigenartige Substanzen sind freigesetzt worden. Daraufhin kam es zu erstaunlichen Veränderungen in der Tierwelt, wenn ich das richtig im geisitigen Hinterstübchen abgelegt habe.«
»Und? Meinen Sie, so etwas könnte jetzt wieder passiert sein?«
»Möglich. Sie finden die Stelle wieder, wo es passiert ist?«
»Ja«, sagten Michelle und William gleichzeitig.
»Ah, da haben wir die Sache schon«, stellte der Arzt fest. »Jetzt brauchen wir die Wundränder nur noch zu schließen.« Er nahm gleichzeitig etwas Blut auf, das ausgetreten war. »Dann brauche ich Sie für die Blutuntersuchung nicht noch ein weiteres Mal anzustechen«, verriet er mit heiterem Unterton.
»Aber da sind doch jetzt möglicherweise Verunreinigungen drin, und das Betäubungsmittel.«
»Das filtere ich alles raus. Keine Sorge, Mademoiselle, es kommt zu keinen Verfälschungen.«
Er hatte die beiden Fremdkörper auf eine Glasplatte gelegt. Nachdem er die Wunde ordentlich verbunden hatte, beäugte er die Teile durch eine starke Lupe.
»Darf ich mir die Frage erlauben, ob das Mikroskop bei Ihnen noch nicht erfunden wurde?« erkundigte sich William vorsichtig.
»Ach, schon lange, Sie ignoranter
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