0505 - Der japanische Geist
Gummizug verlängert zu werden, jedenfalls war er so lang, daß ich nicht mehr ausweichen konnte und mir der Sprung auch nichts half.
Wahrscheinlich war es ein Finger, der mein Bein zu fassen bekam.
Ich jedenfalls fiel hin, weil ich stolperte, schlug mir hart gegen den rechten Schulterknochen, wollte noch mit dem freien Bein zutreten, als sich die Hand drehte und mich so zu fassen bekam, daß ich bewegungsunfähig wurde.
Beide Arme preßte der Druck der Riesenhand fest gegen den Körper, bevor mich die Pranke in die Höhe riß und ich die gleiche »Reise« unternahm wie Suko.
Ich näherte mich dem Gesicht, und doch war es anders als bei meinem Freund.
Etwas traf mich heiß, hart und gleichzeitig schmerzerfüllt am rechten Oberschenkel.
Ich senkte den Blick, schaute nach rechts und wollte kaum glauben, was ich sah…
***
Shao hatte schießen wollen, aber auch ihr war der verdammte Geist zuvorgekommen.
Mit einer wilden, schleudernden Bewegung riß er den Geisterjäger in die Höhe und brachte ihn in die Nähe seines Gesichts.
In dieser Situation setzte Shao alles auf eine Karte. Innerhalb eines Sekundenbruchteils visierte sie das Ziel neu an – und zog den Drücker zurück.
Der Pfeil schnellte von der Sehne, er hätte auch getroffen, aber der Geist bewegte sich genau in dieser winzigen Zeitspanne schneller als zuvor.
Er riß den Geister Jäger noch härter zu sich heran, und sein Körper war dem Pfeil im Weg.
Der Treffer gelang!
Nur wischte der Pfeil nicht in das Zyklopenauge, er traf Sinclairs rechten Oberschenkel.
Shao stand da wie angewachsen. Es war kein hundertprozentiger Schuß gewesen, der Pfeil blieb nicht stecken, hatte aber eine Wunde hinterlassen und auch Haut mitgerissen.
Sollte der japanische Geist letztendlich stärker sein?
***
Das Beißen war böse und jäh über mich gekommen. Ich hatte den Pfeil noch gesehen, als er – nachdem er mich erwischt hatte – weitertrudelte und an seiner Spitze Reste meines Hosenbeins und auch Hautstücke hingen, vermischt mit Blut.
Dann hatte ich keine Zeit mehr, mich auf meine Probleme zu konzentrieren, da dicht vor mir das weit geöffnete Maul des Zyklopen erschien und ich auch Suko sehen konnte.
Er war baff erstaunt.
»Hallo Partner!« quetschte er hervor. »Scheint wohl, daß wir gemeinsam zu einer Höllenfahrt antreten.«
»Möglich!« keuchte ich.
Danach wurde mir der Atem genommen, denn aus dem Maul fauchte es uns heiß entgegen.
Mit Suko hatte der Geist noch nichts vor, mich aber brachte er näher an die Öffnung heran. Meine Arme konnte ich nicht mehr bewegen, dafür die Beine.
Ich trat wuchtig um mich und spürte plötzlich Widerstand unter meinen Füßen. Ein rascher Blick nach unten zeigte mir, daß ich auf der Unterlippe des Riesen Halt gefunden hatte.
Suko war noch draußen. Hinter mir vernahm ich seine keuchende Stimme. »John, der wird dich schlucken!«
Alles sah danach aus. Ich starrte in sein Maul. Ätzender Nebel drang mir entgegen, ähnlich wie ein tödliches Gas, das einem Menschen die Luft nimmt.
Das sollte auch so sein.
Er raubte mir die Luft. Ich wollte Atem holen, es war mir nicht möglich. Ich glaubte zu ersticken.
Er hatte mich sogar losgelassen, wahrscheinlich, um mich mit dem nächsten saugenden Atemzug in das Maul zu holen.
Zeit zum Nachdenken bekam ich hier nicht. Es ging ums reine Überleben. Um alles oder nichts. Ich reagierte auch nur reflexhaft, als ich beide Arme hochriß und mich wie ein Turner an der Reckstange an der Oberlippe festhielt.
Unter meinen Handflächen spürte ich eine gewisse Härte, nicht so wie Stein, der Geist mußte aus einem anderen Material bestehen.
Dann saugte er.
Ich klammerte mich noch härter fest. Mein Blick war in die Tiefe des Maules gerichtet, wo dieser atemberaubende Nebel in heftige Bewegungen geriet. Er wallte, kreiste und bildete gleichzeitig einen trichterähnlichen Sog, der auch mich packte.
Meine Hände, mit denen ich mich festklammerte, würden dem Druck kaum mehr standhalten können. Ich hörte auch weiterhin Sukos Stimme, der zudem noch mit gewaltigen Kräften gegen den Druck der Pranke ankämpfte und nichts erreichen konnte.
Zuerst lösten sich meine Beine.
Noch hielten die Arme.
Als jedoch die Beine in das Maul vorgezogen wurden, glaubte ich, meine letzte Stunde sei gekommen…
***
Shao hätte sich selbst in den Boden vergraben können oder irgend etwas anderes tun. Das alles nutzte nichts. Mit Vorwürfen konnte man nicht leben, man mußte handeln.
Das
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