0505 - Der japanische Geist
Eisenträgern, Schienen und Laufbühnen, auf denen die Scheinwerfer bewegt werden konnten, meist elektronisch gesteuert. Die Schaltzentrale war ebenfalls dort untergebracht.
Die Leere der Halle wirkte auf den Inspektor wie ein Trichter, der ihn immer mehr anzog. Bei jedem Schritt hatte er den Eindruck, tiefer hineinzusteigen und doch nicht an ein Ziel zu gelangen. Der Trichter saugte ihn einfach auf, er schluckte ihn, er fraß und spielte mit ihm. Ein ungewöhnliches Gefühl.
Eine äußerliche Bedrohung erkannte Suko zwar nicht, dennoch glaubte er daran, daß irgend etwas in seiner Umgebung lauerte und sich gut versteckt hielt.
Platz gab es genug. Zwischen den Sitzen, wo das Licht der Notbeleuchtung nicht hinreichte, waren Verstecke vorhanden. Von der Helligkeit selbst wurden eigentlich nur die Gänge und Aufgänge richtig erfaßt sowie der viereckige Kampfring.
Ihm näherte sich Suko.
Er sah auch die kleine Treppe, die er hochgehen mußte, um den Ring zu erreichen. Davor blieb er stehen und schaute sich um. Nicht weit entfernt befand sich bereits die erste Sitzreihe. Wer hier saß und zuschaute, hatte den besten Platz. Schon ab der fünften Reihe stiegen die Ränge ziemlich steil an. Ähnlich wie bei mancher Fußballarena, so daß auch die in der letzten Reihe hockenden Zuschauer noch eine gute Übersicht besaßen.
Suko nahm den direkten Weg zum Ring. Unter seinen Füßen bewegte sich das Holz der Treppe etwas. Es knarrte, hielt seinem Gewicht allerdings stand, kein Wunder, denn es mußte auch die wesentlich schwereren Sumo-Ringer aushalten.
Er hob das oberste Seil so weit hoch, daß er hindurchklettern konnte, und blieb in der Ringmitte stehen.
Dort wartete er.
Suko kam sich vor wie auf dem Präsentierteller. Er hatte dies bewußt in Kauf genommen, weil er sich gewissermaßen als Köder für den Geist anbieten wollte.
Wenn Scheinwerfer strahlten, war es sicherlich heiß. Die Notbeleuchtung gab jedoch kaum Wärme ab. Allmählich fand der Inspektor zu seiner innerlichen Ruhe zurück, auch wenn er das Gefühl der Spannung nicht völlig unterdrücken konnte.
Es lag etwas in der Luft. Nur den Zeitpunkt, wann es passierte, den bestimmte ein anderer.
Suko konnte nicht auf dem Fleck stehenbleiben. Er schritt den Ring ab. Einige Flecken zeichneten den Untergrund. Sie waren dunkler als das Holz.
Als er das Viereck einmal durchschritten hatte, blieb er wieder in der Mitte und schaute sich jeden Ausgang an.
Nur Leere gähnte ihm entgegen.
Zwei, drei Minuten waren vergangen. Sollte sich Makoi möglicherweise getäuscht haben? Hatte er sich das grüne Licht nur eingebildet? Auch damit mußte Suko rechnen, sein Besuch hatte den Mann ziemlich aus der Fassung gebracht. Dessen Nerven waren sicherlich nicht die besten.
Aber es kam.
Suko hörte den Geist nicht, er sah ihn. Und er kam ihm vor wie ein Gespinst, das sich unter der Decke aufgehalten hatte und jetzt aufgerollt worden war.
Von der Deckenkonstruktion schwebte er lautlos wie ein in die Länge gezogenes, grünlich schimmerndes, sehr dünnes Tuch in die Tiefe. Ein farbiger Nebelstreifen, mehr nicht, aber Suko wußte, daß es sich anders verhielt.
Er hatte den Geist kaum entdeckt, als er schon seine Dämonenpeitsche zog und den Kreis einmal schlug.
Die drei aus der Haut des Dämons Nyrana geformten Schnüre rutschten hervor und klatschten mit einem leisen Geräusch auf den Boden des Kampfrings.
Sukos Blicke galten dem Nebelstreifen. Er hatte auch kurz zurückgeschaut, von dort drohte ihm keine Gefahr, es war einfach der Hauch, der sich ihm näherte.
Er glitt heran, als würde er aus zahlreichen Totenfingern bestehen, deren Spitzen zusätzlich noch eingefroren waren. Suko spürte bereits den eisigen Hauch, obwohl der Nebelstreifen ihn noch nicht direkt erreicht hatte.
Dann schwang er wie ein leichter Teppich über den Ring hinweg, verdichtete sich, stellte sich senkrecht und geriet dabei in einen rasenden Wirbel, ohne jedoch einen einzigen Laut abzugeben. Die Verwandlung geschah in völliger Stille und außerhalb der Peitschenreichweite.
Sukos Spannung nahm zu. Er wartete darauf, was der Geist mit ihm vorhatte. Spielen wollte er sicherlich nicht. Wieder erwischte Suko der Hauch an der linken Gesichtshälfte. So kalt, als wollte er diese zufrieren oder vereisen lassen.
Dann passierte es.
Selbst Suko, der mit allem gerechnet und sich auch darauf eingestellt hatte, wurde überrascht. Der Geist wallte vor seinen Augen in die Höhe, pumpte sich regelrecht auf
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