0505 - Im Schwarm gefangen
Kartentisch. Die Nerven des Mediziners waren bis zur Unerträglichkeit angespannt. Sein Herz jagte. Er krallte seine Finger in die Oberschenkel. Fast wäre er mit einem Aufschrei aufgesprungen und blindlings geflohen.
Die Fremden wußten längst, wohin er sich verkrochen hatte.
Froud-Crofton wußte, daß er nur die Hand auszustrecken brauchte, um etwas zu berühren, was nicht in die Zentrale der ANNIOK gehörte. Trotzdem blieb er ohne sich zu bewegen in seinem Versteck.
Irgendein Ding glitt über den Rand des Kartentischs. Ein Lufthauch streifte das Gesicht des Arztes. Er hielt den Atem an.
Es gab einen fast explosionsartigen Knall, als der Kartentisch mit einem Ruck aus seiner Bodenverankerung gerissen wurde.
Froud-Croftons Spannung entlud sich in einem Aufschrei.
In einigen Metern Entfernung krachte der Tisch wieder auf den Boden. Froud-Crofton verlor endgültig die Beherrschung und sprang auf. Zu einer weiteren Aktion kam er nicht. Etwas schloß sich um seinen Oberkörper, umklammerte ihn sanft, aber nachdrücklich und hob ihn vom Boden hoch. Er bekam die Arme nicht frei. Das Zappeln mit den Beinen half ihm nicht viel.
Er stieß eine Verwünschung aus, war aber trotzdem erleichtert.
Endlich nahmen die unheimlichen Dinge um ihn herum Gestalt an. Noch wußte Froud-Crofton nicht, ob das, was ihn festhielt, organisch oder mechanisch war, aber es war immerhin ein greifbares Etwas.
Er wurde aus der Zentrale gehoben und schwebte ein paar Sekunden über der ANNIOK.
„Ulpanius!" rief er.
Keine Antwort.
Wieder ein schleifendes Geräusch. Das Ding, das Froud-Crofton festhielt, setzte sich in Bewegung. Der Arzt konzentrierte sich. Er mußte feststellen, wohin man ihn brachte. Im Augenblick, so vermutete er, wurde er quer durch die Halle geschleppt, in der die ANNIOK gelandet war.
Immer mehr verstärkte sich Froud-Croftons Überzeugung, daß er von einer Art Roboter festgehalten wurde. Diese Überzeugung stützte sich vor allem auf das Vorgehen des fremden Dinges.
Jedes lebende Wesen, auch wenn es noch so fremdartig war, hätte sich anders benommen.
Kurze Zeit später hielt Froud-Croftons Entführer abermals an.
Der Arzt nahm an, daß sie vor einer Wand standen. Er wurde auf den Boden gestellt, ohne daß sich die Klammer um seinen Oberkörper löste. Dann wurde er um den Bauch gepackt. Die Klammer um seine Brust öffnete sich. Sofort griff Froud-Crofton mit beiden Händen nach dem Ding um seinen Bauch.
Im gleichen Augenblick wurde er von den Beinen gerissen und mit hoher Geschwindigkeit weggeschleppt. Er ahnte, daß er sich jetzt im Innern einer der zahllosen Röhren befand, aus denen das kugelförmige Geflecht bestand.
Froud-Croftons Hände schlossen sich um hartes Material.
Metall! dachte er. Also doch ein Roboter.
„Loslassen!" rief er. Das Ding, das ihn transportierte, reagierte nicht. Nach einiger Zeit wurde es schneller. Froud-Crofton spürte, daß ihm schwindlig wurde. Ein paarmal wurde er gegen die Röhrenwand gestoßen. Wenn er sich jedoch ruhig verhielt, passierte das nicht.
Die ganze Zeit über spürte Froud-Crofton die Nähe von etwas Lebendigem. Seltsame Geräusche, die zweifellos nicht von seinem Entführer verursacht wurden, ließen ihn vermuten, daß die Bewohner dieser Riesenkugel sehr aktiv waren.
Endlich kam das Ding zur Ruhe. Froud-Croftons Lungen pfiffen.
Obwohl man ihn getragen hatte, war der Transport alles andere als angenehm gewesen. Ohne jede Rücksicht auf die Konstitution des Terraners war der Roboter durch Röhren und Gänge gerast.
Jetzt schien er sein Ziel erreicht zu haben. Froud-Crofton wurde mit einem Ruck hochgehoben und auf einen flachen Untergrund gelegt. Bevor er irgend etwas tun konnte, schlossen sich elastische Bänder um seinen Körper und hielten ihn fest.
Ein stechender Schmerz drang in seinen Kopf. Dann verlor er das Bewußtsein.
Bully hatte in der letzten Stunde immer öfter auf die Uhr geblickt. Seine Hoffnung, daß die im Schwarm verschwundene Jacht vielleicht wiederauftauchen könnte, hatte sich bisher noch nicht bestätigt.
Tifflor bemerkte die Unruhe seines Freundes.
„Wir warten vergebens, Bully! Die Fremden werden ihre Beute nicht mehr freigeben."
„Ich befürchte fast, daß Sie recht haben, Tiff!" Bully blickte zögernd über die Kontrollen. Für die INTERSOLAR und ihre Besatzung gab es noch viel zu tun. Im Grunde genommen war das Warten auf eine Rückkehr der Jacht Zeitverschwendung.
Andererseits erhoffte Bully sich eine einmalige Chance.
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