0506 - Die Spur der Ratte
Original in den Safe.«
»Aber wozu dieser Aufwand?« wunderte sich der Student. »Es ist ja nicht einmal ein vernünftiger Bericht. Der muß doch erst anhand dieser Notizen erstellt werden.«
»Und ich möchte nicht, daß diese Notizen sich ebenso in Nichts auflösen wie der obduzierte Körper. Je mehr Kopien es gibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie alle verschwinden. Wer auch immer ein Interesse daran hat, geheim zu halten, wer oder was dieser Tote wirklich war, wird dadurch Probleme bekommen. Darf ich mal telefonieren? Vielleicht ist der Doktor ja noch in der ›Allerletzten Instanz‹. Er soll aufpassen, daß ihm keiner an den Kragen geht.«
»Himmel, Sie tun gerade so, als handele es sich um das größte aller Staatsgeheimnisse.«
Der Chefinspektor schüttelte den Kopf. »Ich möchte mir nur später nicht verhalten lassen, einen Fehler begangen zu haben… aber die Gründe dafür werden Sie ohnehin nicht verstehen. Wo ist denn jetzt das Telefon, und warum stehen Sie mit den Notizen noch nicht am Kopierer?«
***
Zamorra und Nicole drangen zum zweiten Mal in den Keller vor. Diesmal trug Nicole ihren schier unverwüstlichen schwarzen Lederoverall. Zamorra hatte sich immerhin in robuste Jeans und Lederjacke gezwängt. Beide trugen Handschuhe. Das schützte zwar nicht vor Bissen riesiger Zähne, aber immerhin setzte das Material kratzenden Krallen doch etwas mehr Widerstand entgegen als nackte Haut. Woher Raffael so rasch vier Halogentaschenlampen besorgt hatte, war Zamorra ein Rätsel; ein solches Arsenal paßte gar nicht zur montagne’schen Vorratshaltung in Sachen Technik.
Bei diesem neuerlichen Vorstoß trug Nicole die Strahlwaffe. Zamorra hatte den Dhyarra-Kristall aus dem Safe geholt. Die magische Kraft des blaufunkelnden Sternensteins würde etwas »globaler« mit angreifenden Ratten fertig werden. Sie hätten ihn schon bei ihrem ersten Vorstoß mitnehmen sollen, aber da hatte ja noch niemand ahnen können, wie groß die Plage wirklich war.
Von der Stelle an, an der zum ersten Mal Rattenspuren zu sehen waren, erzeugte Zamorra mit dem Dhyarra-Kristall ein Kraftfeld, das die Tiere betäuben sollte, sobald sie hineingerieten. Langsam rückten Nicole und er mit diesem Kraftfeld vor. Überall, wo Seitengänge abzweigten, dehnte Zamorra das Feld aus. Aber nichts geschah, keine Ratte ging ihnen ins »Netz«. Ziemlich rasch fanden sie auch die Stelle, an der das Stromkabel beschädigt worden war, aber eine vom Stromschock getötete Ratte lag hier nicht am Boden. Das wunderte Zamorra, denn auf die elektrischen Energien des Dynastie-Blasters hatten die anderen Ratten reagiert. Warum war das hier nicht der Fall gewesen? Oder waren die etwa 230 Volt, mit denen das montagne’sche Stromnetz unterhalten wurde, zu schwach? Der Blaster arbeitete immerhin mit mehr als 40 000 Volt…
Wenig später erreichten sie ihren »Kampfschauplatz«. Nicole leuchtete die Stelle sorgfältig aus. »Wo sind die Biester geblieben? Die können doch nicht schon wieder aufgewacht sein? Die Schockstrahlen reichen aus, einen Menschen für Stunden außer Gefecht zu setzen - die Ratten besitzen doch eine viel geringere Körpermasse und müßten demzufolge viel länger unter den Lähmungserscheinungen leiden oder sogar daran eingegangen sein…«
»Ratten sind zähe Biester«, murmelte Zamorra. »Trotzdem verstehe ich das auch nicht.« Er suchte nach Spuren. Aber in diesem Teil des Ganges, der zu den Regenbogenblumen führte und deshalb öfters benutzt wurde, gab es kaum Staub. Es war also nicht festzustellen, was nach Zamorra und Nicoles Rückzug hier geschehen war. Natürlich hätte Zamorra sein Amulett zu sich rufen und mit seiner Hilfe versuchen können, einen Blick in die jüngere Vergangenheit zu werfen. Aber das kostete wiederum Kraft; es reichte ihm schon, den Dhyarra-Kristall einsetzen zu müssen, der ebenfalls erhebliche Konzentration erforderte. Die magische Heilung zehrte immer noch an seinen und vermutlich auch an Nicoles Reserven; sie hatten sich nur gerade so viel Ruhe gegönnt, um den gröbsten Hunger zu stillen, und waren dann wieder zur Tat geschritten. Das machte sich jetzt natürlich bemerkbar. Deshalb hatte Zamorra das Amulett lieber oben im Château gelassen. Nur im äußersten Notfall wollte er es einsetzen…
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Biester einen so totalen Rückzug eingeleitet haben. Sie müssen noch irgendwo stecken.«
Nicole zuckte mit den Schultern. »Ratten verlassen das
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