Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
sind sehr respektlos.«
    »Und seine Ausdrücke sind geradezu schauderhaft«, mischte sich Letty ein. »Kannst du dich noch erinnern, was er gesagt hat, Vater?«
    »Verdammte Höllenbrut!« Mr. Narth schmunzelte. »Ich könnte mir übrigens vorstellen, daß er mit dem armen Joe einen Vertrag hatte, so entfällt vorläufig die Frage nach seinem Gehalt. Joe war, ein sehr großzügiger Mann, und gewiß hat er diesem Burschen so viel ausgesetzt, daß er genug zu leben hat. Mach dir also keine Sorgen darüber, meine Liebe.«
    »Das tue ich auch nicht«, erwiderte Joan ruhig.
    »Ich kann mir nicht denken, warum er Slaters Cottage mit so großem Aufwand wiederaufgebaut hat«, fuhr Stephen fort. »Er wird sich doch nicht einbilden, daß ich ihm erlaube, hier zu wohnen! Ein Geschäftsführer muß da sein, wo seine Geschäfte sind. Natürlich soll er ein paar Monate Urlaub haben, das ist wohl so üblich, aber er wird große Schwierigkeiten haben, das Haus für auch nur annähernd die Summe zu verkaufen, die er für Reparaturen hineingesteckt hat.«
    Narth sah nach der Uhr, wischte heftig mit der Serviette über seinen Mund und stand auf. Nach seiner Abfahrt zur Stadt schien das Leben in Sunni Lodge seinen gewohnten Gang zu gehen, aber er war kaum zwei Stunden fort, als sein Wagen wieder die Auffahrt heraufkam. Der Chauffeur hatte eine Nachricht für Joan, die tief in ihren Haushaltsrechnungen steckte. Erstaunt öffnete sie den Brief:
    ›Liebe Joan, kannst du sofort zu mir kommen? Ich muß dich sprechen. Ich erwarte dich im Peking House.‹
    »Wo ist Peking House, Jones?« fragte sie den Chauffeur.
    Der Mann sah sie mit einem sonderbaren Blick an.
    »In der Nähe des Tower, keine fünf Minuten von Mr. Narths Büro entfernt.«
    Letty und Mabel waren in den Ort gegangen. Schnell entschlossen setzte Joan ihren Hut auf und stieg in den Wagen.
    In Eastcheap, in Sicht des grimmigen alten Turmes, den Wilhelm der Eroberer auf sächsischen Grundmauern erbaut hatte, war ein neues, hübsches Steinhaus entstanden, das seine Nachbarschaft um sechs Stockwerke überragte. Breite Marmorstufen führten zu einem eleganten Säulenvorbau und der mit Marmor verkleideten Halle. Aber am meisten unterschied sich dieses Geschäftshaus von seinen Nachbarn durch die Nationalität seiner Bewohner. Ein kräftiger chinesischer Portier in tadelloser Uniform führte Joan zu einem Lift, der ebenfalls von einem Chinesen bedient wurde, und als sie hinauffuhr, sah sie die Marmorgänge angefüllt mit kleinen, gelben Männern, die geschäftig von Zimmer zu Zimmer eilten. Der Lift hielt, und Joan sah durch eine Glastür in einen großen Büroraum. Hinter dicht zusammengerückten Schreibtischen hantierten Reihen um Reihen von brillentragenden Chinesen eifrig mit Tusche, Pinsel und Papier.
    »Komisch, nicht wahr?« Der junge Londoner Clerk, der mit ihr zusammen nach oben gefahren war, grinste, als sie ausstiegen. »Dies ist der einzige Platz in der City, wo nur Chinesen herumlaufen. ›Peking-Handelsgesellschaft‹ - haben Sie davon schon mal gehört?«
    »Ich glaube nicht«, gestand Joan lächelnd.
    »Es gibt nicht einen weißen Clerk im ganzen Haus«, bemerkte der junge Mann angewidert, »und die Schreibdamen - mein Gott! Sie sollten mal die Gesichter sehen!«
    Der Liftboy wartete ungeduldig.
    »Kommen Sie, Miss«, sagte er - reichlich bestimmt, wie sie fand. Sie folgte ihm bis ans Ende des Korridors, wo er eine Tür öffnete, über der ›Privat‹ stand. Ein gelbgesichtiges Mädchen erhob sich von ihrem Schreibstuhl.
    »Sie sind Miss Bray?« fragte er mit fremdem Akzent. Als Joan nickte, öffnete das Mädchen eine zweite Tür.
    »Hier hinein!« befahl sie in demselben anmaßenden Tonfall, den Joan schon bei dem Liftboy bemerkt hatte.
    Ihr erster Eindruck war, daß sie aus Versehen in ein Operettentheater geraten sei. Der Luxus von Marmor und Seide, von geschliffenem Glas und üppigen Teppichen, das vulgäre Zurschaustellen von protzigem Reichtum in vergoldeten Möbeln und seidenen Tapeten, machte Joan sprachlos. Die Decke wurde von lackroten Balken durchzogen, in die goldene chinesische Schriftzeichen in Halbrelief eingelassen waren. Die Fülle der Farben blendete sie fast. An einem Tisch aus Ebenholz saß Fing Su. Als Joan eintrat, erhob er sich und kam in affektierter Haltung auf sie zu.
    »Ihr Onkel wird in wenigen Minuten hier sein, meine liebe Miss Bray«, begrüßte er sie. »Bitte Platz zu nehmen.«
    Er schob ihr ein Möbel hin, das weniger ein großer

Weitere Kostenlose Bücher