Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
zögerte einen Augenblick, dann zischte er etwas mit einem scharfen Unterton. Das Rascheln hörte auf, aber als Clifford nach unten blickte, sah er das stumpfe Schimmern eines nackten Schwertes. Er lächelte.
    »Jetzt los, Freundchen!« rief er, umklammerte Fing Sus Arm, und führte ihn in Richtung des Tors in der Mauer.
    »Mein lieber Mr. Lynne«, sagte der Chinese in vorwurfsvollem Ton, »warum in aller Welt haben Sie mir nicht geschrieben, daß Sie unseren kleinen Logenraum sehen wollten? Es wäre mir ein Vergnügen gewesen, Ihnen das ganze Anwesen zu zeigen. So aber haben die armen Burschen sich natürlich eingebildet, daß ein Einbrecher eingedrungen ist - und Sie konnten sich ja selbst überzeugen, daß eine ganze Menge Kostbarkeiten in der Halle der ›Freudigen Hände‹ sind. Ich hätte es mir niemals verzeihen können, wenn Ihnen etwas zugestoßen wäre.«
    Der weiße Mann antwortete nicht; alle seine Sinne waren aufs äußerste angespannt. Seine Blicke wanderten von rechts nach links, denn er wußte genau, daß überall bewaffnete Männer verborgen waren. Er brauchte Fing Su nur einen Augenblick von seiner Seite zu lassen, und sein Leben war nichts mehr wert.
    Anscheinend dachte Fing Su dasselbe.
    »Ich hätte nicht vermutet, daß Sie so nervös wären, Lynne«, stichelte er.
    »Mr. Lynne«, verbesserte ihn der andere mit Nachdruck, und sein Gefangener schluckte eine Bemerkung hinunter.
    Als sie in die Nähe des Tores gekommen waren, zog Clifford seine Taschenlampe. Das Gelände fiel nach dem Ausgang zu ein wenig ab. Er drückte auf den Lichtknopf, ohne andere Absicht, als nur den Weg zu beleuchten. Der Schein fiel für eine Sekunde auf das Tor, dann wanderte er nach rechts. Ein langes Dach in Höhe der Mauer bildete einen Schuppen und hier entdeckte Clifford plötzlich, was er die ganze Zeit vermutet hatte. Eine lange Reihe von Fahrgestellen stand dicht gedrängt im Schutz dieses mit Schieferplatten gedeckten Schuppens. Nur für den Bruchteil einer Sekunde konnte er die dunkelgrauen Räder sehen, dann wurde ihm die Lampe aus der Hand geschlagen.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Fing Su. »Bitte, regen Sie sich nicht auf, es war wirklich nur ein Versehen.« Er bückte sich und hob die Lampe wieder auf.
    »Es wäre besser gewesen, Sie hätten kein Licht gemacht. Tatsächlich wäre es mir lieber, wenn meine Leute nicht wüßten, daß ein Fremder die ›Halle des Geheimnisses‹ gesehen hat. Sie sind schnell gereizt und hassen alle Fremden, und ich muß Ihnen ganz offen sagen, daß ich sehr besorgt bin, ob Sie hier heil herauskommen werden. Wenn Sie Licht machen, bieten Sie sich ja förmlich als Zielscheibe an.«
    Clifford Lynne antwortete nicht. Sie hatten das Tor erreicht, und Fing Su ging voraus, öffnete die Tür und ließ Lynne vorbei. Clifford entfernte sich rückwärtsgehend, mit erhobener Waffe.
    »Ich warne Sie, Fing Su«, rief er dem Chinesen noch zu. »Meine Worte können Ihnen nur nützlich sein. Sie haben mehr Geld als irgendein anderer Mensch in Ihrem Land. Gehen Sie in Ihre Heimat zurück, entwickeln Sie dort die Wirtschaft und die Kultur, aber schlagen Sie sich den Gedanken an Weltherrschaft aus dem Kopf!«
    Er hörte ein ruhiges, selbstbewußtes Lachen und wußte, daß seine Warnung in den Wind gesprochen war. Als das Tor leise hinter Lynne geschlossen und der. Schlüssel umgedreht worden war, wandte er sich schnell dem Kanalufer zu. Still und verlassen lag der Platz da. Clifford eilte denselben Pfad am Ufer zurück, auf dem er gekommen war. Ihm war völlig klar, daß er sich den Weg zur Freiheit noch erkämpfen mußte. Er lief noch auf Strümpfen, und nach einigen Metern ließ er sich nieder, um seine Schuhe wieder anzuziehen - da hörte er das Knirschen von Türangeln. Das große Tor öffnete sich. Eine wahre Flut unheimlicher Gestalten strömte heraus.
    Ohne zu zögern, steckte Clifford den Revolver in die Tasche und glitt geräuschlos in das Wasser hinab. Vorsichtig schwamm er zum jenseitigen Ufer in Richtung eines Flußkahns, der dort festgemacht hatte. Das Wasser war schmutzig und roch nach Öl, aber er achtete nicht darauf. Verglichen mit dem, was ihn erwartete, wenn er in die Hände der Chinesen fiel, war das noch die geringste Unbequemlichkeit.
    Jetzt hatte er sein Ziel erreicht, hielt sich an einer Kette fest und schwang sich dann auf das staubige Deck des Kohlenkahns. Nur noch wenige Schritte, dann stand er auf festem Boden. Irgendwo in der Dunkelheit knurrte ein Hund, und vom

Weitere Kostenlose Bücher