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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dicht verschlossenen Fenster. Jeder Fensterladen war in der Mitte mit einem ovalen Buckel verziert.
    »Sprecht nicht!« flüsterte er und drehte das Licht aus.
    Der Raum war jetzt vollständig finster, aber plötzlich konnte Joan eine kleine Öffnung im Ornament des eisernen Fensterladens erkennen. Clifford hatte die Klappe der Schießscharte hochgeschoben.
    Der Mond war aufgegangen und tauchte den Platz vor dem Haus in helles Licht. Niemand war zu sehen. Doch Clifford wartete geduldig, die Augen an der Öffnung. Sehr bald wurde seine Ausdauer belohnt. Eine dunkle Gestalt bewegte sich im Schatten der Bäume und kam geduckt auf das Haus zu. Gleich darauf kam eine zweite - und eine dritte -, und plötzlich tauchte wenige Meter vor Lynne ein Kopf auf. Offensichtlich war der Mann unterhalb der Fenster herangekrochen. Im Licht des Mondes sah Clifford deutlich den runden, glattrasierten Kopf, die breite Nase und die hohen Backenknochen eines chinesischen Kulis. In der einen Hand trug der Mann ein Päckchen, in der anderen einen sichelförmigen Haken. Mit diesem langte er in die Höhe, faßte damit die Dachrinne und zog sich mit außerordentlicher Kraftanstrengung, die bei anderem Anlaß Cliffords höchste Bewunderung erregt hätte, auf das Dach. Clifford wartete, bis die hin und her pendelnden Füße nach oben verschwunden waren, dann ging er zur Rückseite des Hauses und trat ins Freie. Vorsichtig spähte er umher und - erkannte im Mondlicht das Blitzen von Stahl in dem Baumgürtel, der das Haus umgab. Die Holzfäller waren hier zwar den ganzen Tag tätig gewesen, und die abgehauenen Stümpfe schimmerten weiß im fahlen Licht, aber fünfzig Meter weiter standen die Tannen noch sehr dicht.
    Das Haus war umzingelt; dennoch zögerte Lynne nicht, sondern schlich geduckt im Schatten des Schuppens weiter, bis er einen Punkt erreichte, von wo aus der Dachfirst in seiner ganzen Länge zu überblicken war. Im gleichen Augenblick sah Clifford, wie sich ein Kopf über dem Giebel zeigte und - deutlich im Mondschein erkennbar - ein Chinese eilig auf den viereckigen Kamin zukroch.
    Clifford hatte wieder den Schalldämpfer auf der Pistole.
    Plopp!
    Der Mann auf dem Dach schwankte ein wenig rückwärts, dann kam er ins Rutschen und schlitterte das steile Schieferdach herunter. Mit einem Stöhnen fiel er dicht vor Cliffords Füßen auf den Boden. Clifford hörte das aufgeregte Gezwitscher der unsichtbaren Beobachter in den Bäumen; er sah einen Mann aus der Deckung herausrennen und feuerte. Sofort hetzte der Chinese wieder zurück, Lynnes Kaltblütigkeit und Treffsicherheit war diesen Männern kein Geheimnis.
    Unbeweglich verharrte Cliff auf seinem Posten und erwartete den Angriff. Doch dann hörte er vom Ende der Zufahrtstraße das Anspringen eines Motors, das Zuschlagen der Türen und das Geräusch eines abfahrenden Autos sowie das schrille Geplapper eines hinterherrennenden Chinesen, der sich anscheinend verspätet hatte und nun noch im Fahren aufsprang. Clifford war froh, daß die Banditen sich entfernten. So konnte er seine Aufmerksamkeit der bewegungslosen Gestalt zuwenden, die vor ihm lag.
    Er ging ins Haus, rief Joe herbei, und die beiden Männer trugen den Verletzten in die Küche.
    »Fing Su ist mit der Bande in einem Lastauto hierhergekommen«, berichtete er. (Später entdeckte er, daß das Fahrzeug ein Autobus war, der zum Wagenpark der Fabrik in Peckham gehörte.)
    »Ist der Kerl tot?« fragte Joe.
    Clifford verneinte.
    »Er ist nicht tot, nur verletzt. Die Kugel ist gerade über dem Knie eingedrungen«, erklärte er, als er die Wunde mit einem Handtuch umwickelte. »Durch den Sturz vom Dach hat er das Bewußtsein verloren.«
    Bald darauf öffnete der Kuli die Augen und blickte verstört von einem zum anderen.
    »Ich bin erledigt!« keuchte er, und sein Gesicht verzog sich in Todesangst, als er Lynne erkannte.
    »Wer hat dich hierher geschickt?«
    »Niemand! Ich bin ganz von alleine gekommen«, stöhnte der Chinese, und Clifford grinste unangenehm.
    »Na schön.« Er musterte ihn vielversprechend, »ich werde dich nachher mit in den Wald nehmen und dir das Gesicht mit einem kleinen Feuerchen versengen, dann wirst du schon reden. Aber jetzt bleibst du erst mal hier bei Shi Su-Ling.«
    Er nannte den hilflos dabeistehenden Joe Bray mit dem Namen, den die Chinesen ihm gegeben hatten - und der bedeutete keine große Schmeichelei.
    Als Clifford zu Joan zurückkehrte, erwartete er, sie zu Tode erschrocken vorzufinden, und war von

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