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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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mit dem verwundeten Kuli.
    »Du wirst diesen Vogel auch nicht zum Singen bringen«, knurrte Joe ärgerlich, »aber ich weiß, wer er ist. Er heißt Ku Chan und war Arbeiter im Laden von Fu Weng. Ich habe ihn sofort erkannt. Es ist wirklich merkwürdig mit mir, Cliff«, grinste er selbstgefällig, »ich vergesse doch niemals ein Gesicht.
    Im selben Augenblick, als ich ihn sah, sagte ich zu ihm: ›Ich kenne dich, Bursche, du bist Ku Chan‹, und er hat es nicht abgestritten. Aber er gibt überhaupt keine Antwort, der Kerl ist stumm wie ein Fisch.«
    »Joe, du kannst dir wieder dein Buch vornehmen.« Cliff schickte seinen Partner ins Wohnzimmer zurück. Dann setzte er sich nieder.
    »Nun, Ku Chan, oder wie du sonst heißen magst, jetzt pack mal aus! Aber beeil dich, denn in vier Stunden ist es heller Tag, und ich will nicht dabei beobachtet werden, wie ich einen Chinesen im Wald verscharre. Und du wirst verscharrt werden, wenn du nicht schleunigst alles sagst, was du weißt!«
    »Aber Master«, stammelte der erschrockene Kuli, »warum willst du mich töten?«
    Clifford erklärte seelenruhig: »Wenn ich dich leben ließe und du würdest der Polizei erzählen, daß ich dein Gesicht mit einem kleinen Feuer angesengt habe, würde mir das zur Schande gereichen.«
    In weniger als einer Viertelstunde hatte Ku Chan alles gesagt, was er wußte - das war zwar nicht allzuviel, aber es war genug, um Clifford Lynne zu beunruhigen.
    Er gab dem Kuli eine Decke für die Nacht, vergewisserte sich, daß der Chinese nicht flüchten konnte, und ging zu Joe hinein. Der dicke Mann schaute auf:
    »Du gehst weg?« fragte er gekränkt/»Warum? Ich habe noch so viel mit dir zu besprechen.«
    »Laß den Kuli nicht aus den Augen! Es ist aber unwahrscheinlich, daß er dir Ärger macht«, rief Clifford hastig. »Ich kann dir nicht sagen, wann ich zurück sein werde, wahrscheinlich aber vor Tagesanbruch. Du weißt ja, wie du diesen Sessel in ein Bett verwandeln kannst, nicht wahr?«
    »Die Sache ist doch die -«, begann Joe jetzt wirklich aufgebracht.
    Bevor er diese Sache aber näher erläutern konnte, war Clifford schon fort.

19
    Stephen Narth und seine Töchter wollten nicht vor drei Uhr früh zurückkommen, und Joan hatte zuerst die Absicht, auf ihre Rückkehr zu warten. Doch dann überlegte sie sich, daß sie am nächsten Tag wieder frisch sein mußte, denn schließlich war sie für die reibungslose Abwicklung des Narthschen Haushaltes verantwortlich, ganz gleich, was für romantische oder schreckliche Dinge die Nacht noch bringen mochte. Obgleich Joan nicht erwartete, Schlaf zu finden, ging sie doch hinauf in ihr Zimmer.
    Die rückwärtigen Räume des Hauses waren für das Personal bestimmt. Über der Garage hauste der Diener in einem Zimmer, das zur Chauffeurwohnung gehörte. Damit war er praktisch vom Herrenhaus abgeschnitten. Er war ein Mann in mittleren Jahren und ziemlich phlegmatisch, aber Joan war ganz froh, ihn bei der Hand zu haben, denn ungeachtet ihres Protestes fühlte sie sich doch ein wenig ängstlich.
    Sie ließ das Licht in der Eingangshalle und auf den beiden Treppenabsätzen brennen. Die Fenstervorhänge in ihrem Schlafzimmer waren zugezogen, und das Bett war aufgedeckt. Trotz ihrer Müdigkeit saß Joan noch ein Weilchen auf dem Rand ihres Bettes, ohne sich auszukleiden. Doch dann raffte sie sich auf, legte langsam die Kleider ab und schlüpfte unter die Decke. Entschlossen schaltete sie das Licht aus, lag aber noch lange wach und bemühte sich vergeblich, zur Ruhe zu kommen. Das ganze Haus schien ihr voll von eigenartigen Geräuschen zu sein, und in ihrer Einbildung glaubte sie, ein aufgeregtes Flüstern auf dem oberen Treppenabsatz zu hören. Plötzlich krachte ein Dielenbrett, und Joan fuhr erschrocken auf.
    Dabei fiel ihr die schwarze Kugel ein, die sie von Clifford bekommen hatte. Joan stand wieder auf, machte Licht und nahm sie aus ihrer Handtasche. Vorsichtig legte sie das Ding auf ihren Nachttisch. Die Überzeugung, daß Clifford, dieser starke, ruhige Mann, auf sie aufpaßte, brachte Ruhe in ihr aufgeregtes Gemüt, und Joan fiel in einen tiefen Schlaf...
    Jemand mußte im Nebenzimmer sein. Als Joan zu sich kam, saß sie aufrecht im Bett, Angstschweiß auf der Stirn. Jetzt hörte sie es wieder, dieses leise Anstreifen eines menschlichen Körpers an die dünne Wand und ein leises Scharren, als ob der Eindringling einen Tisch fortgeschoben hätte. Sie erinnerte sich an diesen Tisch, er stand in der Nähe des Bettes.

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