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051 - Die gelbe Schlange

051 - Die gelbe Schlange

Titel: 051 - Die gelbe Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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zusammengerollt auf dem Sofa schlafen. Mr. Bray erwachte in aufsässiger Stimmung. Als er lautstark dagegen protestierte, wie ein Gefangener eingesperrt leben zu müssen, durchschaute Clifford gleich, daß dies wahrscheinlich eine Rechtfertigung im voraus dafür sein sollte, da er sich nicht an Cliffs Anweisungen gehalten hatte.
    »Das schadet meiner Gesundheit und schlägt mir aufs Gemüt!« Aber Joe blickte dabei doch schuldbewußt seinen Partner an, vor dem er großen Respekt hatte.
    »Du bist draußen gewesen!« warf Clifford ihm vor.
    Damit konnte Joe aber nicht viel Schaden angerichtet haben, denn niemand in Sunningdale kannte ihn - und es war zweifelhaft, ob außer Fing Su überhaupt irgend jemand in ganz England ihn erkannt hätte.
    »Ich wollte ein paar Blumen pflücken«, erklärte Joe. »Blumen haben so etwas an sich, das mich ganz weich stimmt. Du bist natürlich hartgesotten, du gehst lieber spionieren! Aber wenn man so diese Glockenblumen ansieht -«
    »Für Glockenblumen ist es schon zu spät im Jahr, die blühen jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich meinst du Löwenzahn oder Steckrüben!« entgegnete Clifford kühl.
    »Glockenblumen!« behauptete Bray mit heftigem Kopfnicken. »Da war ein ganzes Nest davon unter den Bäumen. Und, Cliff« - er hustete - »ich habe die schönste junge Dame getroffen, die ich je gesehen habe!«
    Clifford sah ihn entgeistert an. Mr. Bray errötete heftig. War das der eisenharte Mann, der kühne Abenteurer - der Mann, der sich aus bitterer Armut zu sagenhaftem Reichtum hochgekämpft hatte durch eine beispiellose Verachtung aller Gesetze und Gebräuche, die China beherrschten! Clifford konnte sich nur wundern und war sprachlos.
    »Es gibt keinen Grund, warum ich nicht ihre Bekanntschaft hätte machen sollen«, sagte Joe herausfordernd. »Ich bin schließlich kein alter Mann - kaum über fünfzig. Und es gibt eine Menge Leute, die nicht glauben, daß ich schon fünfzig bin.« »An deinen Sünden gemessen, bist du hundert - und nach deinem Verstand zehn Jahre alt!« Clifford lachte gutgelaunt. »Wer ist sie denn, Joe?«
    »Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls ein bildschönes Mädchen mit wundervoller Figur. Etwas rothaarig, aber das zeigt, daß sie Geist hat. Welch ein Mädchen!« Er schüttelte verzückt den Kopf.
    »Du sagst ›wundervolle Figur‹. Ist sie etwa dick?« fragte Cliff brutal.
    »Nein, wohlproportioniert!« wich Joe aus. »Und so jung! Sie kann höchstens fünfundzwanzig sein. Und eine wundervolle Gesichtsfarbe, Cliff - wie Rosen!«
    »Ziemlich rotbackig, wie?« fragte der unromantische Freund und kicherte. »Hast du sie nach ihrem Namen gefragt?«
    »Natürlich nicht«, ereiferte sich Joe Bray. »Das wären ja ziemlich schlechte Manieren!«
    »Wenn du sie gefragt hättest, hätte sie dir nämlich gesagt, daß sie Mabel Narth heißt!«
    Joe fiel der Unterkiefer herunter!
    »Mabel Narth?« krächzte er. »Was - meine eigene Nichte!«
    »Sie ist ebensowenig deine Nichte wie ich dein Onkel bin«, stellte Clifford die Sache richtig. »Der Stammbaum stimmt nicht ganz. Sie ist deine Kusine Nummer dreiundzwanzig im neunzehnten Grad. Die Verwandtschaft ist so weit entfernt, daß man Mühe hat, sie durch ein Fernglas zu erkennen. Aber Joe, bei deinem Alter!«
    »Fünfzig!« murmelte Joe. »Männer meines Alters sind beständiger als junge Männer.«
    »Ich nehme an, du hast ihr nicht gesagt, wer du bist?«
    »Nein, ich habe ihr nur angedeutet, daß ich nicht ganz unbemittelt bin.«
    »Aha, du hast ihr also gesagt, daß du reich bist. Haben ihre Augen nicht aufgeleuchtet?«
    »Warum?«
    »Du bist ein ganz verrückter Teufel!« stellte Clifford fest. »Wie geht es unserem Kuh?«
    »Ganz gut. Er hat die ganze Zeit gebettelt, ich solle ihn fortlassen, aber ich wollte ihn nicht gehen lassen, bevor du zurück warst.«
    »Er kann heute abend verschwinden. Wenn ich an ihn denke, fühle ich direkt Sehnsucht nach einem ordentlichen Bambusrohr! Ich nehme an, du weißt, daß er den Befehl hatte, uns zu ersticken! Heute früh fand ich den Beutel mit Schwefel, den er in den Schornstein werfen wollte.«
    Clifford schlenderte in die abgeschlossene Spülküche, um seinen Gefangenen aufzusuchen. Der Chinese sah nicht mehr kampfesmutig aus, wie er dort saß, ein altes Bettuch um die Schultern geschlungen. Lynne untersuchte die Wunde. Überraschenderweise hatte sich der Zustand des Verletzten bedeutend gebessert.
    »Lassen Sie mich gehen, bevor die Sonne sinkt!« bat der Mann, »denn ich bin ein

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