051 - Im Orbit
einem der leeren Gefrierschränke ein.
Über das Unity-Modul - es verbindet die russischen mit den überwiegend amerikanischen Teilen der ISS - gelangten wir ins US-Labor Destiny, ohne Bernstein zu begegnen. Von dort aus schwebten wir in das Zwischenmodul, das die drei Labormodule und die Zentrifuge wie der Schnittpunkt eines Kreuzes miteinander verbindet. Wir blickten zum Zugangsschott der Zentrifuge hinauf. Es war geschlossen. Lichter über dem Schott verrieten, dass die Zentrifuge in Betrieb war.
Wir schwebten hinauf, schalteten sie aus und öffneten das Schott. Eine Person im Raumanzug schwebte an der Seitenwand, reglos und mit geschlossenem Helm. Die Pistole im Anschlag, drangen wir ein. Ich war entschlossen, Bernstein zu erschießen, sollte es zum Äußersten kommen. Der Plan hatte allerhöchste Priorität in meinem von Hoffnung verseuchten Denken. Man möge meine Situation bedenken und Nachsicht üben.
Captain Marsha Hunt steckte in dem Raumanzug. Hagen schloss das Schott.
»Besser, wir bringen sie in die Atlantis II hinunter«, schlug er vor. Er glaubte, dass der Zugang zum Space Shuttle leichter gegen einen Amokläufer zu verteidigen sei als der Laborbereich. Außerdem würde das Shuttle als autarkes System funktionieren, selbst wenn es Bernstein einfallen sollte, die gesamte ISS lahmzulegen. Wir diskutierten den Vorschlag durch.
Irgendwann unterbrach uns Bernsteins Stimme. »Hier also seid ihr.« Vom Monitor der Kommunikationsanlage im Eingangsbereich der Zentrifuge blickte uns sein hartes Gesicht an.
»Korrekt, Sean.« Hagen zog Marshas leblosen Körper in den Aufnahmebereich der Kamera. »Und wir sind nicht allein, wie du siehst.«
Ich richtete die Waffe auf die Frau.
»Niemandem ist verborgen geblieben, wie wichtig sie für dich ist. Sie und das Kind. Gib auf oder ich töte beide.« Niemals hätte ich auf Marsha geschossen. Sie und ihr Ungeborenes verkörperten schließlich das wesentliche Element meines Plans.
»Was verlangst du, Lou?« Bernstein schien sich bluffen zu lassen.
»Komm her und lass uns reden.«
»Einverstanden. Ich komme.« Der Bildschirm erlosch.
Bei seinen letzten Worten hätte ich stutzig werden müssen. Ein triumphierender Zug lag um seine Augen, kurz bevor er die Verbindung unterbrach.
Und auch der geschlossene Helm Marshas hätte mir zu denken geben müssen. Als ich die betäubte Frau zuletzt gesehen hatte, war ihr Helm noch offen gewesen. Diese Details fielen mir erst auf, als es zu spät war.
Die Waffe im Anschlag, schwebte ich neben dem Schott. Ich weiß noch, wie ich dem Augenblick entgegen fieberte, in dem es sich öffnen, in dem Bernstein in die Zentrifuge gleiten und ich die vorläufig letzte Gefährdung meines Plans aus dem Weg räumen würde.
Wie zynisch das Schicksal Ränke schmiedet: In der Gewissheit meines Sieges stürzte ich schon meinem Scheitern entgegen. Ich hörte noch, wie sich hinter dem verschlossenen Schott eines der Laborschotts öffnete Ich sagte noch zu Hagen: »Achtung, er kommt!« Ich hatte sogar noch Zeit, mich über Hagens Schweigen und seine geschlossenen Augen zu wundern; dann versank ich in Finsternis…
***
Ende Dezember 2517
Der Wald wurde dichter, je weiter Aruula in die Außenhöfe der Sternenburg vordrang. Nebel stieg aus dem Unterholz. Lianen, hartes Nadelgeäst und moosbedeckte Baumstümpfe versperrten den Pfad. Mit dem Schwert hieb sie sich den Weg frei. Laub, Moos und bunte Blüten schwirrten um ihren Helm und versanken im Dunst. Seltsam langsam flog das zersäbelte Gestrüpp; fast kam es ihr vor, als würde es schweben.
»Aruula!«, rief die Männerstimme.
»Aruula, wo bist du? Melde dich endlich!«
Sie ließ die Klinge sinken und lauschte.
»Aruula! Bitte melde dich!« Die Stimme klang ganz nah, gellte in ihren Ohren. War es Maddrax, der sie rief? Sehnsucht packte sie, Sehnsucht nach dem Geliebten.
Der Nebel riss auf. Gebüsch und Baumstümpfe sahen aus wie spitze Pfähle, die aus dem Laubdach nach unten und aus dem Unterholz nach oben ragten. Da und dort glaubte sie kastenartige Konturen im Nebel zu erkennen, Formen, die sie entfernt an Tische und Sitzhocker erinnerten. Und wieder die Stimme:
»Aruula! Kehr um! Geh einfach den Weg zurück, den du gekommen bist!«
Sie ließ das Schwert los und presste die Handflächen gegen den Helm. Nein, Maddrax war nicht ihr Freund! Er war ein Orguudoo-Priester, der Handlanger Baloors!
Das Schwert fiel nicht ins Unterholz, obwohl sie es doch losgelassen hatte. Es schwebte, sich
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