051 - In den Katakomben des Wahnsinns
knappen und enganliegenden Minirock trug, dass ihr
zartbeiger Slip mit schwarzem Spitzenbesatz bei jedem Tanzschritt zu sehen war.
White nickte. »Ja, die Aussichten hier sind immer recht nett.«
Sie drückten sich an einem Pärchen vorbei, das in einer Nische stand und
sich küsste.
Die Gesellschaft, die sich in den verschachtelten Räumen vergnügte, tanzte
nach heißen Rhythmen, die Jackie über zahlreiche Lautsprecher hereinspielte. Er
sorgte immer für die letzten Platten und war up to date. Wilde Popmusik und
Beat standen bei ihm ebenso hoch im Kurs wie Soul oder ein einschmeichelnder
Blues, der die erhitzten Gemüter etwas beruhigte und die jungen Menschen
einander näherbrachte.
Von den wilden Klängen war eine brünette Schönheit, deren Haar zu einem
langen Zopf auf dem Rücken geflochten war, so erhitzt, dass sie es vorzog, mit
entblößtem Oberkörper zu tanzen, und dabei störte es sie auch nicht, dass sie
keinen BH trug.
Ehe White zu seinem Tisch kam, nahm er Helen um die Hüften und tanzte mit
ihr die letzten Klänge eines heißen Popsongs.
Die nächste halbe Stunde saßen sie abwechselnd am Tisch, plauderten mit den
Nachbarn oder tanzten.
Helen entwickelte sich genau in die Richtung, die White sich gewünscht
hatte. Die Spezial-Mix-Getränke, die Jackie dazu lieferte, verfehlten nicht
ihre Wirkung. Sie heiterten Helen an und lösten ihre Zunge. Die Zärtlichkeiten
Whites waren ihr nicht unangenehm. Er küsste sie.
»Küssen können Sie, das muss man Ihnen lassen«, meinte sie leise. Ihr
Gesicht glühte. Sie war in einer phantastischen Stimmung.
»Übung macht den Meister, das gilt hier wie überall im Leben.« White
grinste. Helen Carter erregte ihn. Jeanne Rowley war ein Waisenkind gegen das
Fluidum, das Helen Carter ausstrahlte.
Geschickt flocht White während des Gesprächs immer wieder versteckte Fragen
ein, die Dr. Fond und ihre eigene Arbeit betrafen.
Er kam auch auf die Sache mit Joan Rowley zu sprechen, zeigte ihr das Bild
und erwähnte, dass Dr. Fond sich nicht mehr an die Patientin erinnere. Ob sie,
Helen, vielleicht dieses Gesicht schon einmal gesehen hätte.
Er erlebte an diesem Tag die zweite Überraschung.
»Nein«, sagte Helen Carter. »Noch nie!«
White ließ sich seine Verblüffung nicht anmerken.
»Dann muss man mir offensichtlich einen falschen Tipp gegeben haben. – Aber
ist es nicht gut möglich, dass Fond auch Patienten empfängt, ohne dass dies
seine Assistentin bemerkt?« Er ließ sie nicht aus den Augen.
Helen nickte. »Das kommt in der Praxis sicher vor. Es gibt Fälle, wo die
Patienten nicht wollen, dass außer Dr. Fond jemand etwas von ihrem Leiden
erfährt. Dr. Fond behandelt diese Fälle gesondert. Aber selbst dann bleibt es
nicht aus, dass ich zumindest die Karteikarten zu sehen bekomme. Jeder Bericht
über eine erfolgte Session geht durch meine Hände. Der Name Joan Rowley aber
ist mir in diesem Fall noch nicht begegnet.«
White konnte nicht verstehen, weshalb ausgerechnet Joan Rowley, die über
keine besonderen Reichtümer verfügte, an Fond Sonderhonorare bezahlt haben
sollte, um speziell von ihm behandelt zu werden.
Helen Carter nippte an ihrem Drink und lächelte gedankenversunken vor sich
hin. White lenkte das Gespräch rasch wieder in eine andere Richtung. Er musste
daran denken, dass in gut anderthalb Stunden der Auftritt der drei
Stripteasetänzerinnen erfolgen sollte. Jeanne Rowley und zwei Kolleginnen
wollten Punkt halb elf beginnen. Das war nur White bekannt. Für die anderen
Gäste war lediglich eine Überraschung angekündigt worden.
Helen Carter würde dann ebenfalls Jeanne Rowley zu sehen bekommen. Wie
würde sie darauf reagieren? Wenn sie bis jetzt geschauspielert hatte, dann
spielte sie ihre Rolle ausgezeichnet.
Aber würde sie auch die Ruhe dann noch bewahren, wenn sie Jeanne Rowley zu
Gesicht bekam?
Da trat etwas ein, womit er niemals gerechnet hatte.
Helen Carter bewegte plötzlich die Lippen. Ihr Gesichtsausdruck veränderte
sich von einem Augenblick zum anderen, und wie in Trance flüsterte sie leise
aber deutlich vernehmbar vor sich hin: »Ja, Doktor Sanders ...«
●
Morna Ulbrandson hatte es aufgegeben. Über eine Stunde lang versuchte sie,
eine Möglichkeit zu finden, um ihr Gefängnis zu verlassen.
Vergebens!
Die massive Eichentür gab nicht nach, ein Fenster ebenfalls nicht. Zwei
Stühle, die sie in dem Raum gefunden hatte, waren den Kräften der Agentin, die
sie gegen die Tür geschlagen hatte, nicht
Weitere Kostenlose Bücher