051 - In den Katakomben des Wahnsinns
ihm in den Adern, als er sah, was sich in dem Zimmer
abspielte. Er glaubte, Statist in einem Schauerfilm zu sein.
●
Stuart White starrte seine Begleiterin an wie einen Geist.
»Was hast du eben gesagt, Darling?«, fragte er leise, aber verständlich.
»Gesagt? Nichts! Wie kommen Sie darauf?«
Sie war heiter und normal wie gewöhnlich. Und doch konnte White die
Veränderung ihres Gesichtsausdruckes nicht vergessen – und vor allen Dingen
nicht den Namen, den sie ausgesprochen hatte: »Doktor Sanders.«
White hatte den Namen nie zuvor in seinem Leben gehört.
Stand Helen Carter unter dem hypnotischen Einfluss eines Fremden?
White machte sich verzweifelt Gedanken über diese Episode, kam aber zu
keinem Schluss. Während er sich scheinbar zwanglos mit Helen unterhielt,
überlegte er, ob Dr. Fond vielleicht ein Doppelleben führen könne. Fond und
Sanders ein und dieselbe Person? Das kam ihm mehr als unwahrscheinlich vor,
aber er musste jedem Gedanken nachgehen.
Durch ihr unkontrolliertes, unbewusstes Verhalten hatte Helen Carter sich
verraten. Vielleicht war sie ganz und gar mit Wissen – oder unter dem Druck von
Dr. Fond hier? Sie sollte ihn beobachten, ihn zum Reden bringen. Vielleicht
wollte Fond durch Helen Carter erfahren, was er, White, im Schilde führte, was
er wirklich wusste ...
Als Stuart White die Dinge aus dieser Sicht betrachtete, wurde seine Miene
eisig. Er musste daran denken, dass in den letzten zehn Monaten junge Mädchen
auf rätselhafte Weise verschwanden, dass es in der Umgebung von Alness und den
Nachbardörfern zu mehreren Morden gekommen war. Die Suche nach dem
geheimnisvollen Mörder war bisher vergebens geblieben. Nun war auch Joan Rowley
verschwunden. Durch einen Zufall war herausgekommen, dass sie Kontakt zu Dr.
Fond hatte und an dem Tag ihres Verschwindens bei ihm gewesen sein musste.
Sollte sich durch diese Tatsache eine Verbindungslinie zu Dr. Fond ziehen
lassen? Gab es irgendeinen Zusammenhang zwischen dem geheimnisumwitterten
Psychotherapeuten und den Morden in der Umgebung? War auch Joan Rowley ein
Opfer?
Je mehr der Detektiv sich in dieser Richtung bewegte, desto verworrener
wurden für ihn die Dinge.
Aber er kam nicht mehr los von seinen Überlegungen. Sie hatten etwas für
sich. Ihm fehlten nur noch die Beweise.
White wurde abgelenkt, als Jackie the Ripper auf der kleinen Bühne erschien
und die Überraschung des Abends ankündigte.
Die drei besten Girls der Show aus Scotch
Horse standen zum Auftritt bereit. Sie wurden mit Beifall empfangen.
Jackie the Ripper selbst ließ sich ebenfalls das Schauspiel nicht entgehen.
Er lehnte vorn neben der Wand und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Es wurde still, als die drei Stripperinnen auf der schwach erleuchteten
Bühne zeigten, was eines Mannes Auge erfreuen sollte.
Die Szene hieß Jeanne und ihre
Schwestern . Jeanne Rowley und ihre beiden Kolleginnen zeigten einen
Ausschnitt aus ihrem Leben, abends nach der Rückkehr von einer Tanzveranstaltung.
Die Mädchen gaben durch Gesten ihre Unterhaltung zu verstehen. Sie waren
angeheitert, ein bisschen beschwipst, fröhlich und ausgelassen.
Die erste Schwester hatte es offenbar am stärksten erwischt. Sie trug ein
minikurzes Kleid und eine knappe Bluse, die ihr Schwierigkeiten bereitete, sie
aufzuknöpfen.
Sie taumelte um den Tisch herum und landete auf ihrem Bett. Auf der Bühne
standen insgesamt drei Betten. Die Zuschauer hatten einen Einblick in das
Zimmer der drei Mädchen.
Die Stripperin spielte ihre Rolle ausgezeichnet. Sie schaffte es, die Bluse
aufzuknöpfen, aber offenbar war sie dann doch zu müde dazu, die Kleidung
vollkommen abzulegen. Sie ließ sich einfach auf das Bett fallen und schlief
ein.
Die zweite Schwester hatte offensichtlich weniger Alkohol genossen. Sie
fing an, sich auszuziehen. Langsam und mit Bedacht, als müsse sie immer erst
überlegen, welches Kleidungsstück nun an die Reihe kam. Sie hatte einen
vollendet gestalteten Körper, schlank, grazil und bronzefarben. Sie war ein
dunkler, beweglicher Typ.
Langsam streifte sie den engen Rock herunter, setzte sich dann auf den Rand
des zweiten Bettes, zog ihr linkes Bein an und löste den Strumpfhalter. Sie
streifte den ersten Strumpf herunter, dann den zweiten. Schließlich stand sie
nur noch im BH und einem winzig kleinen, schneeweißen, mit Spitzen besetzten,
Slip auf der Bühne.
Sie gähnte herzhaft. Ihre Hände näherten sich dem Verschluss des BHs. Sie
hatte Mühe, ihn zu öffnen.
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