0514 - Macumbas Totenhöhle
anderer Meinung?«
»Nein, im Moment nicht. Ich hoffe nur, daß…«
Der Mann erschien wie ein Geist. Wir wußten beide nicht, wo er gelauert hatte, jedenfalls tauchte er neben uns auf. Es war ein Farbiger. Wir sahen sein weißes Gebiß innerhalb des dunklen Gesichts blitzen. Beide schraken wir zusammen.
Er aber schüttelte den Kopf. »Nicht erschrecken«, sprach er in einem holprigen Englisch. »Bitte nicht erschrecken, die Gentlemen. Ihnen gehört Auto, in dem es blinkt?«
»Ja!« sagte ich.
»Warum?«
»Danke!« rief ich ihm zu und war bereits unterwegs zum Rover.
Dieses Blinken hatte seinen Grund. Da versuchte uns jemand anzurufen. Nicht nur ein akustisches Signal gab das Telefon ab, auch ein optisches. Fast wäre ich auf dem feuchten Boden noch ausgerutscht, so schnell war ich gelaufen, öffnete und meldete mich mit keuchender Stimme.
»Ich dachte schon, John, ich würde dich überhaupt nicht mehr erreichen«, vernahm ich Sarah Goldwyns Stimme.
»Bald wäre es auch soweit gewesen. Was ist denn passiert? Ist etwas mit Jane?«
»Ja!«
Ich schluckte. »Verdammt«, flüsterte ich, »das habe ich kommen sehen. Wo…?«
»Nicht wo, John. Oder doch. Sie ist verschwunden. Einfach so. Ich lag schon im Bett, wurde jedoch von einer gewissen Unruhe gepackt und ging, um nachzuschauen. Ihr Zimmer war leer. Ich suchte im Haus nach, fand ihren Mantel nicht mehr an der Garderobe, und da blieb eben nur ein Schluß. Du verstehst?«
»Und wie«, sagte ich leise, »und wie.« Mir war plötzlich elend zumute. Alles umsonst. Mein ganzer Einsatz, unser Kampf gegen diesen Virgil. Er hatte es doch noch geschafft.
»Du sagst nichts mehr?«
»Sarah, entschuldige. Ich mußte mit der Nachricht erst fertig werden. Was anderes. Hast du irgendwelche Spuren einer Gewaltanwendung entdeckt? Hat man sie geholt, oder kann man sie geholt haben?«
»Nein. Es ist alles in Ordnung. Das Schloß in der Hintertür ist nicht beschädigt. In ihrem Zimmer gibt es kein Chaos, alles ist so wunderbar normal. So normal, daß man Angst bekommen kann.«
»Die habe ich auch.«
»Was willst du jetzt tun?«
Ich erklärte ihr, wo wir uns befanden. Die Horror-Oma schaltete sofort.
»Rechnest du damit, daß Jane sich auch in eurer Nähe befindet?«
»Das ist möglich. Ich danke dir für den Anruf, habe aber jetzt keine Zeit mehr. Du verstehst?«
»Natürlich. Und John? Bitte, hol das Mädchen raus. Laß es nicht hängen, versprochen?«
»Ich tu mein Bestes.«
Als ich den Wagen abschloß, zeigte mein Gesicht zwar keine Trauermiene, aber Suko sah mir die schlechte Nachricht trotzdem an. Er hob die Augenbrauen. »Es hat Ärger gegeben?«
»Lady Sarah rief an.«
»Was ist mit Jane?«
Ich gab ihm einen kurzen Bericht. Er nickte in meine Worte hinein.
»Das habe ich mir fast gedacht«, flüsterte er. »Es kann einfach nicht glatt laufen?«
»Sie scheint freiwillig gegangen zu sein. Sarah hat keine Spuren einer gewaltsamen Entführung feststellen können.«
»Das ist sonderbar.«
»Nicht einmal so sehr«, sagte ich. »Man kann davon ausgehen, daß Jane freiwillig mitgegangen ist. Sie muß der Teufel geritten haben.«
»Oder es gibt Dinge, von denen wir nichts wissen.«
»Das kann auch sein!« stimmte ich Suko zu. »Jane kann sich mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Gehen wir mal davon aus, daß sie dagegen ankämpft. Sie tut es dann auf ihre Art und Weise.«
»Gefällt mir nicht.«
»Mir auch nicht.«
Der Schwarze erschien wieder. »Ist alles okay?« fragte er grinsend.
»Nachricht angekommen?«
»Ja, danke.«
»Dann geht, bitte. Es fängt gleich an. Ihr seid neu, nicht?«
»Merkt man das?«
Er lachte schrill und mit weit aufgerissenem Mund. »Ja, man merkt es. Aber es ist nicht ungewöhnlich. Fast jeden Tag kommen neue Menschen. Sie alle wollen zu ihm. Sie alle haben schon von der unheimlichen Macht gehört. Ihr versteht?«
»Macumba!«
»Ja, so ist es. Nur Macumba. Er ist von Amerika über das große Wasser gekommen. Jetzt wird Macumba auch die großen Städte erreichen und kontrollieren.« Er ging zwei Schritte rückwärts, verbeugte sich vor uns und verschwand.
»Ein seltsamer Vogel«, sagte ich.
»Aber überzeugt.«
»Wie alle hier außer uns.«
Wir schienen die letzten gewesen zu sein, denn nach uns war kein Wagen mehr gekommen, wo der Eingang lag, wußten wir inzwischen. Diesmal hielt uns nichts mehr ab.
Suko öffnete die Metalltür innerhalb der sehr breiten Wand. Wir rechneten damit, in die Dunkelheit zu tauchen, was
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