Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
die Flucht nimmt, nachdem er sie abgestreift hat - und ohne sie abzustreifen, hätte er den Käfig nicht öffnen können. Also ist er noch da drin.«
    »Wie?« stieß Kendan überrascht hervor.
    »Und jetzt kann ich ihn auch sehen«, sagte der Druide. »Dort ist er! Du siehst ihn nicht? - Gib acht!«
    Der Druide wollte Kendan noch zurückreißen. Aber er war nicht schnell genug.
    Aus dem scheinbaren Nichts wuchsen eine Hand und ein Arm hervor, und dann der weißgekleidete, ungefesselte Gefangene. Die Hand zog den Riegel weg, das Gitter flog den beiden Helvetiern förmlich entgegen, und der Mann stürmte heraus. Ein Fausthieb schleuderte den Druiden zurück, dann war der Mann auch schon über dem völlig überraschten Kendan, riß ihm das Schwert aus der Scheide und hielt im nächsten Moment dem Druiden die Klingenspitze an den Hals.
    »Wenn mich einer angreift, ist der Weise tot«, sagte er in der Sprache der Römer.
    ***
    Natürlich hatte Zamorra damit gerechnet, daß man ihn trotz seiner »Unsichtbarkeit« entdecken würde -zumindest dem Druiden hatte er das zugetraut. Der Mann war alt und weise genug, den Trick zu durchschauen. Leute seiner Art taten ihr ganzes Leben lang nichts anderes, als lernen und lehren.
    Zamorra hatte sogar gehofft, daß der Druide genau so reagierte, wie er es nun getan hatte. Das gab ihm die Chance für seinen Angriff. Vorsichtshalber hatte er das Mißtrauen des alten Mannes noch dadurch weiter zu schüren versucht, indem er die Schnüre, mit denen er gefesselt war, in seinen Hosentaschen hatte verschwinden lassen - welcher Gefangene nahm schon seine Fesseln mit? Der »Unsichtbare« mußte also noch gefesselt sein…
    Das hatte Druide und Wächter trotz des Mißtrauens in Sicherheit gewiegt.
    Zamorra hatte nicht verstanden, was die beiden miteinander sprachen, aber der Sinn der Worte war ihm klar geworden. Er fragte sich, wie rasch er das hier gebräuchliche Idiom so weit beherrschen würde, daß er in der Schänke einen Krug Cervisia bestellen konnte, wie die Gallier ihr Bier nennen. Zamorra war ein absolutes Sprachen-Talent. Er beherrschte die wichtigsten Verkehrssprachen der Gegenwart völlig akzentfrei - mit zwei Ausnahmen: japanisch und chinesisch. Da kannte er nur ein paar Worte. Aber irgendwie schaffte er es, wenn er lange genug zuhörte, den Sinn des Gesagten zu erfassen und daraus die Wörter abzuleiten und zu übersetzen, bis er sich nach meist kurzer Zeit auch selbst verständlich machen konnte. Zwar holperig, aber immerhin! Er nahm an, daß das mit seiner latenten telepathischen Begabung zusammenhing; unter besonders günstigen Umständen konnte er die Gedankeninhalte von Personen erfassen, die vor ihm standen. Und was konnte günstiger sein als der erklärte Wille und die Konzentration darauf, etwas zu erlernen?
    Nicole war als Telepathin wesentlich besser. Wenn sie es wollte und sie ihren Telepathiepartner sehen konnte, konnte sie dessen Gedanken detailliert aufnehmen. Noch perfekter waren die Silbermond-Druiden, die Peters-Zwillinge und der intelligente Wolf Fenrir, die natürliche Telepathen waren und auch Gedanken senden konnten.
    Zamorra hatte nur darauf gewartet, daß die beiden Kelten vor seiner Käfigtür auftauchten. Den Gefallen, sie auch noch zu öffnen, taten sie ihm leider nicht. Aber er war schnell genug, das selbst zu tun, als sie nahe genug heran waren. Zwei Fausthiebe, ein Griff nach dem fremden Schwert…
    So, wie er es sah, kuschte jeder, wenn ein Druide bedroht wurde.
    Die Druiden waren geachtet, geehrt, respektiert. Sie brauchten in keinen Krieg zu ziehen, weil ihr Wissen zu wertvoll war, um durch den Heldentod ausgelöscht zu werden. Den Druiden zu bedrohen, war vermutlich das schlimmste Verbrechen, dessen Zamorra sich schuldig machen konnte -aber andererseits auch die beste Sicherheitsgarantie. Niemand würde es riskieren, daß er den alten Mann tötete.
    Daß er das ohnehin nicht vorhatte, stand auf einem ganz anderen Blatt. Er war schließlich kein Mörder, aber das brauchten diese Kelten nicht zu wissen.
    Der am Boden liegende Druide bewegte sich nicht.
    Zamorra sah den Krieger an. »Kendan«, sagte er. Der Kelte zuckte verblüfft zusammen. »Öffne die anderen Käfige und löse die Fesseln der Gefangenen«, befahl er in fließendem Latein - und stutzte im nächsten Moment, weil er nur Nicole und Cristofero sah. Wo war der Gnom?
    »Wo ist der Schwarzhäutige?« fragte er. »Was habt ihr mit ihm gemacht?«
    Kendan legte den Kopf schräg. Er verstand

Weitere Kostenlose Bücher