0516 - Monster-Kirmes
nicht. Er konnte sich gut vorstellen, daß Todd einen seiner Mitstreiter aus dem Kloster erwischt hatte.
Wenn Ali gefahren war, um John Sinclair und Suko abzuholen, dann bestimmt nicht allein.
Todd sprach über den oberen Klingenrand hinweg. »Du sagst nichts?« fragte er leise.
»Dafür wirst du bezahlen!«
Der Chinese lachte nur. »Was heißt bezahlen? Du bist es, der bezahlt. Und zwar mit dem Leben!«
»Dann hat mich ein Zufall in den Tod geführt oder wird mich zum Tod führen.« Der Türke strich über sein blondes Haar, das kurz geschnitten war.
»Ja – oder nicht ganz. Ich merkte schon, daß du nicht bist wie die anderen.«
»Und du, Todd? Bist du ein Mensch?«
Der Chinese mit dem Topfhut drückte seinen Kopf zurück und begann zu lachen. »Die Frage ist gut, wirklich. Manchmal habe ich selbst darüber nachgedacht. Ich bin ein Mensch, das stimmt, aber ich fühle mich mehr zu denen hingezogen, die tatsächlich über unser Schicksal bestimmen.«
»Und das wären?«
»Geister, Dämonen, Kräfte aus dem Urgestein oder aus den Tiefen des Raumes, von denen schon meine Vorfahren wußten. Das alles gibt es. In den Märchen und Legenden ist darüber geschrieben und berichtet worden. Wer sie genau liest, wird auch seinen Weg finden. So wie ich meinen gefunden habe.«
»Es ist der Weg des Bösen!« Yakup versuchte, Mr. Todd so lange wie möglich hinzuhalten. Er wollte nicht nur Zeit für sich gewinnen, möglicherweise auch für John Sinclair und Suko.
»Das sagst du. Ich sehe es anders.«
»Ich kenne das Reich, von dem du gesprochen hast. Ich kenne auch die Personen, die dort existieren. Sie können den Menschen nichts Gutes tun, überhaupt nicht. Sie sind gegen…«
»Hör auf!« Todd veränderte sich von einem Augenblick zum anderen. »Es ist mir egal, wie du darüber denkst. Ich habe meine Meinung, ich habe lange genug geforscht, und du wirst mich von meinem Weg nicht abbringen können. Klar?«
»Das hatte ich auch nicht vor!«
»Dann ist es gut.« Er grinste wieder. »Kannst du dich daran erinnern, was ich gesagt habe? Ich werde meine Freunde aus den Schlingen holen. Sie beschäftigen sich mit dir. Ein Haken ist noch frei. Dort wirst du baumeln.«
»Und deine Salbe?«
»Keine Sorge, sie ist noch frisch. Sie wird immer frisch bleiben, das verspreche ich dir.«
»Ich habe sie noch nicht gesehen!«
Der Chinese starrte Yakup an, bevor er nickte und sich einverstanden erklärte. »Einen Moment, ich hole sie.« Wieder verschwand er im Hintergrund des Gewölbes.
Yakup bekam Zeit, nach einem Ausgang zu suchen. So sehr er sich auch bemühte, er entdeckte keine Tür, durch die er das Gewölbe verlassen konnte. Die Mauern schlossen fugendicht. Nur an der Decke befand sich eine Öffnung, durch die der Rauch abziehen konnte.
Mr. Todd kam zurück. Er hielt den krummen Dolch in der ausgestreckten Hand. Mit der Klinge war er in die Salbe getaucht und hatte sie nun an der Waffe kleben wie Honig.
»Da, schau genau hin, mein Freund!«
Er kam dicht an das Gitter heran. Genau das hatte Yakup gewollt.
Es mußte eine Möglichkeit geben, sich den anderen zu schnappen.
Zwar waren seine Arme nicht lang genug, aber neben ihm auf dem harten Boden standen noch die beiden Gefäße, in denen Yakup der Reis und das Wasser serviert worden waren.
Die Eßschüssel kam für sein Vorhaben nicht in Frage. Sie bestand aus dünnem Holz und war einfach zu leicht. Bei dem Becher sah das schon anders aus. Er bestand aus dickwandigem Ton, und Yakup hielt ihn bereits in der Hand. Allerdings so, daß Todd ihn nicht sehen konnte.
»Ich kann nichts erkennen«, sagte der Türke. »Du mußt näher herankommen an den Käfig.«
Da lachte der Chinese. Er stieß Yakup dieses Lachen entgegen.
Seine Augen glänzten dabei. Über seine Gestalt zuckte der Widerschein der Flamme, und er schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Nein, auf keinen Fall!« keuchte er. »Auf keinen Fall werde ich näher an dich herankommen. Ich habe festgestellt, daß du etwas Besonderes bist. Du bist gefährlich, du versuchst, jede Chance auszunutzen, dem aber werde ich einen Riegel vorschieben.« Sein Blick wanderte.
»Ich weiß, daß du etwas in der Hand hältst, das mir gar nicht gefällt. Stell es weg. Es ist geschaffen worden, um daraus zu trinken. Als Wurfgeschoß eignet es sich nicht.«
Yakup nickte und stellte den Trinkbecher zu Boden. Der Chinese war zufrieden. Er drehte den krummen Dolch, damit die Masse nach unten tropfen konnte.
Sie rann von der Klinge in
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