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0517 - Zitadelle des Todes

0517 - Zitadelle des Todes

Titel: 0517 - Zitadelle des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Ich denke, Monsieur Diable hat mehr als genug für diese Zeche gezahlt…«
    ***
    Zamorra sah zu, daß er aus dem Gedränge verschwand. Er sah ja nicht gerade sonderlich unauffällig aus mit nacktem Oberkörper und dem handtellergroßen Amulett an der Halskette. Er konzentrierte sich darauf, sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Selbst wer ihn direkt anschaute, nahm ihn nicht mehr direkt wahr, es sei denn, es kam zu einem Körperkontakt oder anderen Effekten. Es war keine echte Unsichtbarkeit, eher eine starke Unscheinbarkeit. Zamorra hatte sich diese mentale Technik im Laufe vieler Jahre antrainiert, nachdem sie ihm vor geraumer Zeit einmal von einem tibetischen Mönch vorgeführt worden war. Natürlich klappte es am besten, wenn er genügend Ruhe hatte, und das war hier kaum der Fall. Aber immerhin behelligte ihn niemand, während er sich zum Rand des großen Platzes bewegte und dann rasch in einer Seitengasse verschwand.
    Für Cristofero konnte er im Augenblick nichts tun. Dieser Narr hatte sich selbst um Kopf und Kragen geredet. Hätte er den Clown gespielt und wäre mit einem Purzelbaum in der Menge verschwunden, hätte man sein Erscheinen vielleicht für die Einlage eines Gauklers gehalten. Aber er mußte ja unbedingt provozieren…
    Hatte er überhaupt begriffen, in welcher Zeit sie diesmal gelandet waren?
    Französische Revolution!
    Genau die richtige Zeit, um einen Mann wie Don Cristofero umzubringen. Er war doch der Prototyp des arroganten Adligen. Genau die Sorte Mensch, gegen die das Volk sich auflehnte. Genau das hatte Zamorra noch gefehlt.
    Er konnte nicht zulassen, daß Cristofero unters Fallbeil geriet. Aber genau das würde geschehen. Man würde ihn verurteilen und köpfen. Das ging schnell. Die Jakobiner hatten die Hinrichtungstechnik perfektioniert. Und ausgerechnet ein Arzt hatte das Fallbeil als »überaus human« empfohlen, weil es »schnell und schmerzlos« tötete. Das hatte seinen Namen für alle Zeiten in die Geschichtsbücher gebracht; obgleich er selbst diese makabre Erfindung nicht gemacht, sondern nur befürwortet hatte, war die Guillotine nach ihm benannt worden.
    Rein logisch betrachtet, hatte er sogar recht - alle anderen bis dahin bekannten Hinrichtungsarten waren entweder unzuverlässiger oder schmerzvoller - oder beides zugleich. Der Feuertod war schmerzhaft und brauchte Zeit, das Steinigen ebenfalls, beim Erhängen mußte der Strick »richtig« sitzen, und beim Köpfen mit dem Schwert oder dem Henkersbeil kam es oft genug vor, daß der Scharfrichter beim ersten Mal nicht richtig traf… Das Fallbeil traf aber immer korrekt, und vor allem beschleunigte es das Verfahren erheblich bei der Menge an Todesurteilen, die zu dieser Zeit gefällt wurden. Hinrichtungen wie am Fließband…
    Aber das und all die entsetzlichen Begleiterscheinungen im Umfeld waren Vergangenheit. Man konnte die Geschehnisse verabscheuen und verurteilen, sie aber nicht ungeschehen machen. Zamorra war in diese Zeit geraten, und er mußte irgendwie in ihr zurechtkommen, ob er es wollte oder nicht. Und er mußte versuchen, etwas für Cristofero zu tun. Er konnte nicht einfach zulassen, daß der Mann ermordet wurde - und etwas anderes als Mord waren diese Massenhinrichtungen nicht. Zamorra hielt jede Hinrichtung für Mord, auch wenn sie staatlich abgesegnet war. Auch das schlimmste Verbrechen wurde nicht dadurch ungeschehen gemacht, daß man den Täter tötete. Man nahm ihm dadurch allenfallls die Möglichkeit, seine Untat wiedergutzumachen, auf welche Weise auch immer das möglich war. Einen Verbrecher zu exekutieren, war für Zamorra dasselbe, wie einen Brunnen abzudecken, nachdem das Kind hineingefallen und ertrunken war.
    Aber 200 Jahre vor seiner Zeit hatte man das anders gesehen!
    Er lehnte sich gegen eine Hauswand. Alle Philosophie half hier nicht weiter. Er mußte etwas tun. Und er mußte erfahren, was aus Nicole geworden war. Natürlich mußte sie mit in diese Zeit versetzt worden sein, ebenso wie er sicher war, daß sie ihren Verfolgern entkommen war. Aber wo hielt sie sich jetzt auf?
    In die Zeitverschiebungen ließ sich kein vernünftiges System bringen. Das einzige, was sich wieder bestätigte, war Zamorras Pendel-Theorie. Diesmal war das Pendel wieder in Richtung Zukunft ausgeschlagen, also über Cristoferos Zeit hinweg, aber nicht mehr bis zum 1. Weltkrieg. Es hatte vorher gestoppt.
    Französische Revolution!
    Warum sie jedesmal in einer anderen Konstellation voneinander getrennt wurden, ließ

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