0517 - Zitadelle des Todes
herauszuholen? Mir zuliebe…«
Amos sah sie erstaunt an. »Ich glaube, ich beginne Mitleid mit Ihnen zu empfinden«, sagte er. »Sie verrennen sich in eine Idee. Vielleicht könnte ich mit Merlins Ring in die Vergangenheit gehen. Vielleicht auch nicht. Aber warum sollte ich es tun? Zamorra weiß sich sehr gut selbst zu helfen, und wenn er wirklich in der Vergangenheit sterben sollte, ist es ihm so bestimmt. Versuchte ich, das zu ändern, wäre das ein Eingriff in die Zeitkontinuität. Wir hatten schon genug Paradoxa und Korrekturen, und ich werde den Engel tun, das Raum-Zeitgefüge zusätzlich zu belasten. Übrigens: Was würden Sie tun, wenn Zamorra in der Gegenwart ums Leben käme?«
»Sie weichen dem Problem aus«, sagte Patricia bitter.
»Ein Problem, das Sie erst zu einem solchen apostrophieren, Lady«, erwiderte der Ex-Teufel. »Darf ich jetzt meinen Drink kosten?«
Mostache war mit dem Mixen fertig. Er stellte soeben das Glas auf den Tisch. Amos beäugte es skeptisch. »Eigentlich«, sagte er, »gehört noch ein gedörrter und zu Pulver zermahlener Rattenschwanz hinein. Aber ich denke, da dürfte es sowohl bei der Beschaffung als auch mit der Gewerbeaufsicht und dem Gesundheitsministerium Ärger geben. Vielleicht schmeckt’s ja auch so.«
Er setzte das Glas an die Lippen und trank, setzte es dann wieder auf den Tisch.
»Gar nicht schlecht«, stellte er fest. Dünne Rauchwölkchen quollen zwischen seinen Lippen und aus den Nasenlöchern hervor. »Obgleich das Rattenschwanzpulver fehlt. Aber für die Sterblichen reicht’s sicher.«
Ein Tropfen war am Glas hinabgelaufen und erreichte die Tischplatte. Rauch stieg auf. Der Tropfen ätzte ein Loch ins Holz. Amos runzelte die Stirn.
»Das war wohl doch etwas zu stark«, bemerkte er. »Nun gut, Mostache, verdünnen Sie es für Ihre menschlichen Gäste. Ein Teil dieses Gebräus und tausend Teile Wasser, dann ist es auch für menschliche Kehlen trinkbar. Wenn Sie noch ein Lavabröckchen reinschmeißen, dürfen Sie’s meinetwegen Asmodis on the rocks nennen.«
Er schrieb einen Scheck aus und reichte ihn Mostache. »Das dürfte die Getränke abdecken - der Rest ist als Zuschuß für die gelungene Umdekorierung zu betrachten. Viel Spaß damit. Übrigens - den jetzigen Namen Ihrer Kneipe finde ich einfach gut.«
Er verließ die Gaststätte. Als Patricia aufsprang und ihm nach draußen folgte, fand sie ihn nicht mehr. Nur noch ein leichter Hauch von Schwefel lag in der Luft.
Patricia kehrte in die Schankstube zurück. »Er ist weg.«
Mostache atmete tief durch. »Das ist ein Scheckchen«, seufzte er. »Haben Sie so was schon mal gesehen? Selbst wenn ich den ordentlich versteuere, bleibt noch genug übrig. Das finanziert nachträglich den ganzen Umbau und mehr…«
Patricia starrte den Scheck an. Die Summe war tatsächlich unglaublich hoch. »Hoffentlich hängt da nicht ein Pferdefuß dran«, unkte sie.
»Geld stinkt nicht«, sagte Mostache und ließ den Scheck in der Kasse verschwinden. »Auch nicht nach Schwefel.«
Patricia setzte sich wieder zu Raffael an den Tisch. »Was nun?« fragte sie leise. »Nun hat sich diese Hoffnung auch zerschlagen. Er will nicht helfen. Was können wir jetzt noch tun?«
»Nichts, fürchte ich, Mylady«, sagte der alte Diener etwas bedrückt.
»Aber wir müssen doch etwas tun!« entfuhr es ihr. Sie griff nach Raffaels Hand. »Erinnern Sie sich, was er sagte? Er sprach von Zamorra, einer Frau und einem dicken Mann. Aber nicht von dem Gnom. Könnte das nicht bedeuten, daß der Gnom zu jenem Zeitpunkt bereits tot war? Dann gäbe es aber niemanden mehr, der…«
Raffael nickte. »Ich verstehe, was Sie meinen, Mylady. Das wäre vielleicht die Erklärung dafür, daß der Professor und Mademoiselle Duval nicht zurückgekehrt sind.«
»Wir können doch nicht einfach zuschauen«, sagte Patricia leise. »Es muß eine Möglichkeit geben, Zamorra zu helfen.«
»Sid Amos scheidet dabei aus«, sagte Raffael. »Herr Ewigk ebenfalls. Sara Moon und der Druide Gryf sind unerreichbar. Bleibt die Druidin Teri… oder Merlin selbst.«
»Oder Mister Tendyke«, sagte Patricia. »Vielleicht kann er uns helfen.«
»Verzeihung, aber meines Wissens nach begleitet er eine wissenschaftliche Expedition in irgendwelchen Dschungelregionen, Mylady. Das tut er ja öfters.«
»Versuchen Sie trotzdem, ihn zu erreichen, Raffael«, sagte Patricia. »Und jetzt möchte ich zurück ins Château. Mostache, was sind wir Ihnen schuldig?«
Der Wirt winkte ab.
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