0518 - Der Vampir von Versailles
Jahrhunderten.
Diese Vampirjäger waren gefährlich. Wenn es nicht sicher war, daß ein Gegner bezwungen werden konnte, sollte man vor ihm fliehen. Flucht war keine Schande, sondern die Chance zum Überleben, hatte Sarkana den anderen immer wieder eingeprägt.
Ausgerechnet jener Sarkana, der mehr als 300 Jahre später eine Verschwörung gegen den Fürsten der Finsternis anführen würde, um dabei ausgelöscht zu werden… [4]
Nicolas wartete jetzt darauf, daß Rebecca bei ihm auftauchte.
Und dann mußte er sich etwas einfallen lassen, wie sie beide von hier verschwinden konnten. Denn noch war Rebecca Deveraux nicht so weit, daß sie fliegen konnte.
***
Plötzlich tauchte Don Cristofero in Begleitung des Gnoms auf. Der Spanier marschierte unmittelbar auf den Degen- und Pistolenhelden zu. »Was ficht Euch an, Seigneur DeMontagne mit Eurer dürren Klinge zu bedrohen? Habt Ihr den Verstand verloren?«
»Wer seid denn Ihr, Seigneur?«
Cristofero holte zu seinem ausschweifenden Namensrezitat aus. Derweil wieselte der Gnom an ihnen vorbei ins Zimmer. Er erschrak, als er den toten Morillon sah. Aber im nächsten Moment begann er wild hin und her zu hüpfen und Scherze von sich zu geben, über die Zamorra in dieser Situation beim besten Willen nicht lachen konnte.
»… und wenn Ihr nicht sofort Euren kümmerlichen Degen und das Zimmergeschütz wegtut, werde ich Euch vorführen, wie man mit so etwas umgeht. Und die längste Zeit bei Hofe gewesen seid Ihr dann auch. Bedenkt, daß Seine Majestät mir stets sein Ohr leiht.«
»Aber dort liegt ein Toter, und ich kann nicht ruhig schlafen, weil’s hier pausenlos fürchterlichen Lärm gibt! Ich werde dies unterbinden, und Ihr hindert mich nicht daran, Don Fuego!«
»Oh, der Tote stört Eure Nachtruhe? Daß ich nicht lache!« fauchte Don Cristofero. »Seht Ihr nicht, daß hier für ein Schauspiel geprobt wird, das in wenigen Tagen zur Erbauung Seiner Majestät auf geführt werden soll? Narr, der Ihr seid! Wagt es noch einmal, die Proben zu stören, und ich schneide Euch höchstpersönlich in so schmale Streifen, daß man Bindfäden für Mehlsäcke daraus machen kann! Husch, hinfort mit Euch, ehe ich beschließe, mich aufregen zu müssen!«
Der Gnom tobte zwischen seinen Beinen hindurch. »War ich gut, Gebieter?« quiekte er aufgeregt.
»Er muß noch eine Weile üben! Was Er da von sich gab, war zum Einschlafen. Es fehlt die Lebhaftigkeit. Strenge Er Seine Stimme gefälligst an! Laut und deutlich muß Er sprechen, daß Ihn auch der letzte Bewunderer schöner Künste deutlich versteht und die tumben Schläfer erwachen!« Dabei legte er selbst gewaltige Lautstärke vor.
»Müßt Ihr denn Eure Theaterprobe ausgerechnet hier abhalten?«
»Wo sonst?« schrie Cristofero ihn an. »Etwa unmittelbar neben den Gemächern des Königs, auf daß ihm die Überraschung genommen wird? Mir aus den Augen, elender Kunstbanause!«
»Bitte, was?« echote der Mann im Schlafrock. »Kunst… äh… könnt Ihr mir das Wort vielleicht erläutern? Befremdlicherweise ist es mir unbekannt.«
»So schaut gefälligst in Euren Spiegel, und Ihr wißt, was gemeint ist. Und jetzt die Türe zu! Oder Ihr zahlt einen Obolus fürs Gaffen!«
»Mich dünkt, das hat der andere Chevalier auch schon gefordert«, murmelte der verhinderte Schläfer, zog sich aber endlich zurück, vor allem, als Cristofero sich einfach abwandte, vor dem toten Morillon stehenblieb und ihn lautstark aufforderte, nun endlich aufzustehen, weil er seine Rolle doch nicht übertreiben müsse.
»Ein bißchen makaber, diese Idee mit einem Schauspiel, finden Sie nicht, Señor?« murmelte Zamorra.
Cristofero stemmte die Fäuste gegen die ausladenden Hüften. »Jetzt werdet nicht auch noch dreist, deMontagne. Ihr solltet mir danken, daß ich Euch aus einer prekären Lage befreit habe. Jenes namenlose Individiuum«, er deutete auf den Gnom, »riet mir, wo ich Euch finden könnte! Sagt an, was hier geschehen ist. Wo befinden sich Eure Mätresse und Madame Beauforts Zofe? Und warum ist Morillon plötzlich tot? Was wird hier gespielt?«
Zamorra erklärte ihm, was er wußte.
»Das gefällt mir aber ganz und gar nicht.« Das war momentan alles, was Don Cristofero zu diesem Thema zu sagen hatte.
Der Gnom war allerdings eifriger bei der Sache. »Wenn der tote Monsieur Morillon von anderen gefunden wird«, raunte er, »wird es uns allen übel ergehen. Man wird uns des Mordes beschuldigen. Es sei denn, es gibt jemanden, der bezeugen kann, wie
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