0519 - Schatten des Grauens
gab Zamorra zurück. »Vielleicht sollten wir in der Zwischenzeit etwas anderes ausprobieren - etwas, wozu ich vorhin, nach all dem Rummel mit Schaulustigen, Möchtegern-Zeugen und der Polizei einfach nicht die Ruhe gefunden habe.«
»Du willst hinter Eysenbeiß her«, erriet Nicole.
Zamorra nickte. »Das ist derzeit möglicherweise noch viel lebenswichtiger als alles andere. Und vielleicht bringt es uns auf einem Umweg zu Belo. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Eysenbeiß ohne Grund hier ist. Warum sonst sollte er sich ausgerechnet hier aufhalten, statt sich um die Belange der Dynastie zu kümmern? Wenn er nur zur Erde zurückgekehrt wäre, um uns zu ermorden, hätte er das wesentlich einfacher und leichter haben können.«
»Er ist ein Ränkeschmied, dem Intrigen und komplizierte Pläne Spaß machen«, gab Nicole zu bedenken.
Zamorra schüttelte den Kopf. »Mag ja sein, aber dann hätte er nicht so plump reagiert. Es war die typische Reaktion von jemandem, der von unserem Auftauchen überrascht war. Also hat er nicht auf uns gelauert, sondern wollte etwas anderes. Wenn Belo tatsächlich etwas mit dem Schatten zu tun hat, steckt Eysenbeiß vielleicht dahinter und übt einen unheilvollen Einfluß aus.«
»In diesem Fall müssen wir ihm also so oder so auf die Zehen treten.«
Zamorra nickte. »Und darum werden wir jetzt feststellen, wohin er verschwunden ist.«
Mit einem Gedankenbefehl rief er das Amulett, das augenblicklich in seiner Hand erschien; das war einfacher, als erst Winterjacke und Hemd zu öffnen, um es mit den Händen von der Halskette zu lösen.
Zamorra störte sich nicht daran, ein fremdes Grundstück betreten zu müssen. Er mußte genau an die Stelle, an der Eysenbeiß-Salem hinter einer Hauswand gelauert hatte, um dann auf die beiden Menschen zu schießen. Dann versetzte er sich in Halbtrance und begann, das Amulett in die Vergangenheit zu steuern. In der Mitte der handtellergroßen Silberscheibe entstand eine Art Mini-Bildschirm, auf dem ein Film rückwärts zu laufen schien.
Ein »Film«, der Eysenbeiß zeigen sollte - und damit den Weg, den der selbsternannte ERHABENE nun ging.
Zamorra war gespannt, wohin dieser Weg führte.
***
Die Polizei war verschwunden, die Schaulustigen auch, aber Zamorra und seine Begleiterin befanden sich noch in der Nähe. So, wie Eysenbeiß seinen Feind kannte, würde der nun versuchen, ihm auf die Spur zu kommen. Wenn er Eysenbeiß-Salem erst einmal gesehen hatte, würde das für ihn kein besonders großes Problem mehr sein; man munkelte, Zamorra könne mit seinem Amulett in die jüngere Vergangenheit blicken und auf diese Weise der Spur eines Lebewesens perfekter folgen als mit einem Infrarotsichtgerät.
Eysenbeiß war aber nicht daran interessiert, daß der Dämonenjäger ihm so bald wieder auf den Pelz rückte. Er mußte sich also etwas einfallen lassen.
Es besaß doch selbst auch ein Amulett. Das war zwar von seiner Leistungsfähigkeit wesentlich schwächer als das Zamorras, aber vielleicht konnte er damit immerhin seinen Weg verschleiern, so daß Zamorras Amulett die Spur nicht mehr aufnehmen konnte. Eysenbeiß machte sich also daran, die Magie wirken zu lassen. Dann, als er sicher war, daß es funktionierte, legte er innerhalb kurzer Zeit eine größere Strecke zurück, tarnte seine Spur und kehrte ebenso rasch, aber auf einem etwas anderen Weg, wieder zurück.
Als er wieder in der Nähe des Hauses auftauchte, in dem die Schatten frau wohnte, stand wohl noch Zamorras Wagen am Straßenrand, aber Zamorra selbst war fort. Er schien tatsächlich der gelegten Spur zu folgen, die ihn ins Nichts führte.
Eysenbeiß versuchte noch zusätzliche Zeit zu gewinnen. Einen jungen Mann, der ihm ahnungslos über den Weg lief, hypnotisierte er und brachte ihn dazu, Zamorras Wagen zu stehlen und mit ihm aus der unmittelbaren Nähe zu verschwinden. Das würde den Dämonenjäger zusätzlich beschäftigen.
Währenddessen konnte sich Eysenbeiß-Salem der Schattenfrau widmen. Auf seine ganz besondere Art und Weise…
***
Francine blieb mißtrauisch, auch, als der Mann und die Frau am Haus vorbei gingen und in die Richtung verschwanden, aus der vorhin auf sie geschossen worden war. Was wollten diese beiden Menschen von ihr? Sicher - vermutlich hätte sie es erfahren, wenn sie den Telefonhörer abgehoben hätte. Aber sie scheute vor dem Kontakt zurück, solange sie nicht selbst mit sich im reinen war. Sie wünschte sich, jetzt mit ihrem Schatten weiter experimentieren
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