0519 - Schatten des Grauens
und verführt zu Verantwortungslosigkeit. Der andere, Salem - er kann es auch, nicht wahr? Ich sah zwei Schatten, als ich angegriffen wurde.«
Zamorra verließ die Wohnung. »Warten Sie!« rief Francine hinter ihm her. Aber diesmal war Zamorra es, der auf Stur schaltete. Er wollte sich später nichts vorwerfen müssen. Der Kontakt war endlich zustandegekommen, und er war jetzt sicher, daß er die Frau neugierig gemacht hatte, vor allem durch seine Andeutungen betreffs Robin. Er hoffte, daß Francine so reagierte, wie er es sich wünschte, daß sie nachdenklich geworden war. Immerhin stimmte es also, daß sie einen Schatten bewegen konnte. Aber der zweite Schatten - Eysenbeiß? Das war unglaublich. Wie sollte er an diese Fähigkeit gelangt sein?
Es blieb Zamorra vermutlich nichts anderes übrig, als sich mit dieser Tatsache abzufinden und Eysenbeiß als noch gefährlicher einzustufen.
Im Treppenhaus wartete Madame Stellaine immer noch und zuckte heftig zusammen, als Zamorra ihr plötzlich wieder gegenüberstand. Es war ihr anzusehen, daß sie zu lauschen versucht hatte, aber viel konnte sie nicht mitbekommen haben, wenn ihr entgangen war, daß Zamorra zur Wohnungstür gegangen war. Er war allerdings recht leise aufgetreten, und der Teppich war hochflorig und dämpfte seine Schritte…
»Vielen Dank nochmals«, schmunzelte Zamorra und verließ das Haus. »Und richten Sie Ihrem Gatten bitte aus, daß ich wirklich wieder vollkommen in Ordnung bin. Er braucht sich keine Sorgen mehr zu machen - und Sie auch nicht.«
Dann war er draußen.
Jetzt war es an Francine Belo zu reagieren…
***
Sie reagierte auch, aber nicht aus eigenem Antrieb. Als sei Eysenbeiß unter die Hellseher gegangen, paßte er genau jenen Augenblick ab, in dem Zamorra das Haus verließ. Er rief Francine Belo an. Als er sie hypnotisiert hatte, hatte er auch ein Schaltwort in ihr versenkt, auf das sie sofort weisungsgemäß reagierte, sobald er es nannte. Er beschrieb ihr Château Montagne und den Weg dorthin, und er forderte sie auf, ihren Schatten dorthin zu senden und nach Möglichkeit in das Château eindringen zu lassen. »Es werden dann weitere Anweisungen folgen«, schloß er seine Befehlserteilung ab. »Ich rufe Sie wieder an.«
Damit unterbrach die Verbindung. Er beließ Francine in ihrem Trancezustand. Und er war gespannt, ob sie seinen Befehl diesmal tatsächlich befolgen würde.
Sie tat es…
***
Während sie zum Château Montagne zurückfuhren, berichteten Zamorra und Nicole sich gegenseitig von ihren Erlebnissen. »Auf jeden Fall steckt Eysenbeiß dahinter, dessen bin ich mir jetzt völlig sicher. Er hat irgendwie Leonardos Fähigkeit übernommen, und er versucht etwas mit dieser Frau und ihrer Fähigkeit anzustellen. Wir pfuschen ihm dazwischen, also wird er alles daran setzen, uns auszuschalten oder fernzuhalten. Bisher war er dabei nicht sonderlich erfolgreich.«
»Warum versuchen wir dann nicht, den Spieß umzudrehen?«
»Wo sollen wir ihn denn finden? Ich habe die Spur doch verloren. Auch wenn er anschließend in dem Haus war und mich angegriffen hat, wird er es auch ein zweites Mal zu verhindern wissen, daß ich ihm mit dem Amulett folgen kann. Momentan kommen wir nicht an ihn heran. Wir können nur aufpassen und darauf warten, daß er einen Fehler begeht.«
»Und wenn er in der Zwischenzeit die Frau zu seiner Sklavin macht? Du hättest nicht einfach so gehen sollen.«
»Ich kann sie nicht zu ihrem Glück zwingen. Glaubhafter wirke ich, wenn sie sich selbst um die Wahrheit bemühen muß. Zumindest kann sie mir dann später nicht vorwerfen, ich hätte sie beeinflußt und mir damit einen Vorteil verschafft. Immerhin habe ich den Eindruck, daß sie selbst nicht so recht mit ihrem Schatten zurechtkommt. Warten wir ab, ob sie von sich aus Kontakt aufnimmt, wie ich es ihr geraten habe. Sie soll Robin anrufen.«
»Ob sie das tun wird? Immerhin -falls es ihr Schatten war, der das Auto manipuliert hat, und nicht der von Eysenbeiß, wird sie sich nicht selbst ans Messer liefern wollen. Also ruft sie Robin nicht an.«
»Sie ruft ihn an. Niemand kann für etwas vor Gericht gestellt werden, das er nicht selbst getan hat, sondern sein Schatten. Dafür gibt’s noch keine Gesetze.«
Nicole fuhr den Wagen; Zamorra beugte sich etwas vor und warf einen Blick in den Rückspiegel, weil er etwas gesehen zu haben glaubte. Aber er konnte jetzt nichts mehr erkennen.
»Was ist los?« wollte Nicole wissen. »Werden wir von einem Unsichtbaren
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