052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde
der
Nähe einer Telefonzelle an. Die Zelle war leer. Er blätterte das Telefonbuch
durch und suchte die Nummer des Magnifique.
Er rief dort an und erkundigte sich nach Marcel Blumon. Er erfuhr, dass
Monsieur ein eigenes Zimmertelefon hätte und man ihn sofort verbinden könne.
Doch aus der Verbindung wurde nichts. Der Portier stellte im gleichen
Augenblick fest, dass Monsieur Marcel Blumons Zimmerschlüssel unten in der
Rezeption hing und der Gast nicht im Haus sei.
»Aus Erfahrung wissen wir, dass er oft den ganzen Tag weg ist. Vielleicht
rufen Sie gegen Abend noch mal an, Monsieur!«
»Ja, vielen Dank.« Larry legte auf. Es wäre interessant gewesen, jetzt, ehe
er sein Vorhaben in die Tat umsetzte, noch ein paar Worte mit Blumon zu
sprechen.
Nachdenklich stieg X-RAY-3 in den Citroên.
Bis zum Friedhof brauchte er knapp zehn Minuten.
Die Trauerfeier in der Kapelle hatte bereits begonnen. Larry legte keinen
Wert darauf, an der Zeremonie teilzunehmen. Das wäre zu auffällig gewesen. Er,
als Außenstehender, musste unbemerkt bleiben.
So blieb er verborgen hinter einem mannshohen Busch gleich neben dem
Seitenausgang der Kapelle, durch den wenig später die vier Totengräber kamen.
Unter den Männern entdeckte Larry einen von Lecquells Beamten.
Die Trauergemeinde, die dem Sarg Edith Lirons folgte, war klein. Larry
zählte insgesamt zwölf Personen. Es waren der Pfarrer, die engsten Angehörigen
und Verwandten.
Die Mutter der Toten war tief verschleiert. Mit gesenkten Häuptern folgten
die Geschwister, die Schwiegereltern, Tante und Onkel.
Auf einem Seitenweg kam Larry bis auf die Höhe der ausgehobenen Grube, in
die der Sarg nach der kurzen Rede des Pfarrers versenkt wurde.
Plötzlich sah Larry etwas, was ihm den Atem stocken ließ.
Er stand in einem so günstigen Blickwinkel, dass er von der Seite her den
gesamten Sarg überblicken konnte, was den Trauergästen vor der Grube verwehrt
war. In der Mitte des Sarges zwischen dem Boden und der rechten Seitenwand sah
X-RAY-3 im Sonnenlicht etwas aufblinken.
Beim genauen Hinsehen erkannte er, dass es ein kleines Messer war.
Die Klinge war von innen mit aller Gewalt in den Spalt zwischen der
Bodenplatte und der rechten Seitenwand gestoßen worden ...
» Halt !« Seine Stimme klang fest
und entschlossen und hallte laut und deutlich über den Platz. Die Trauergäste
blickten erstaunt und unwillig auf den sonnengebräunten jungen Mann, der
zwischen den Grabreihen auf sie zukam.
Die Totengräber verhielten in der Bewegung. Der als Totengräber verkleidete
Beamte Lecquells blickte dem PSA-Agenten aus zusammengekniffenen Augen
entgegen. Er war mit am meisten überrascht über die Situation, die der
Amerikaner heraufbeschwor. Doch er hatte volles Verständnis dafür, als Larry
Brent ihn aufklärte.
Der Sarg wurde nicht in die Grube gesenkt. Der Beamte wies sich aus. Auch
Larry Brent hätte sich als Angehöriger einer staatlichen Stelle ausweisen
können, doch er unterließ es. Wenn einer sich auswies, dann war das genug.
Während der Beamte die Angehörigen beruhigte und den Eltern der
Verstorbenen plausibel machte, dass hier ein Geheimagent den Wunsch äußerte,
die Tote noch einmal zu sehen, gab Larry den drei Totengräbern einen Wink, den
Sarg in die Leichenhalle zurückzubringen.
Dort veranlasste er, dass der Sargdeckel geöffnet wurde.
Im Sarg lag nicht Edith Liron!
Das war Maurice Gudeau ! Seine
Papiere, die er noch im Jackett bei sich trug, wiesen ihn aus.
Gudeau war gewürgt worden, aber sein Mörder hatte in der Eile keine ganze
Arbeit geleistet. Er hatte Gudeau nicht umgebracht. Der unglückliche Franzose
war im stockfinsteren Sarg noch einmal zu sich gekommen. In seiner Angst und
seiner Verzweiflung hatte er versucht, den Spalt zwischen den beiden Brettern
mit dem Taschenmesser, das er aus seiner Hosentasche hatte greifen können, zu
erweitern. Sein Versuch war umsonst gewesen.
Maurice Gudeau war im Sarg, der für Edith Liron bestimmt war, erstickt!
Larry Brent ließ den Pfarrer zu sich kommen und gab ihm mit wenigen Worten
Aufschluss über diese Tragödie.
»Sprechen Sie mit den Angehörigen, Hochwürden! Ich muss den Leichnam
beschlagnahmen!«
Wenig später, als er im Citroên saß und über das Funksprechgerät Lecquell
die Sache schilderte, meinte er abschließend: »Diesmal hat der geheimnisvolle Täter
sich einen Umweg erspart. Er ließ es erst gar nicht dazu kommen, dass die für
ihn offensichtlich kostbare Leiche Edith Lirons bestattet
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