0520 - Ich jagte das Hexen-Trio
Rücken gegen die Lehne. Dabei nickte ich. »Dreihundert Jahre also. Nun ja, dafür siehst du noch gut aus.«
»Klar.«
»Wie kommt es, daß du so alt bist?«
Julie lächelte. »Ich wurde wiedergeboren. Mehrmals, verstehen Sie?«
»Natürlich.«
»Das ist das ganze Geheimnis.«
Selbstverständlich kannte ich die Reinkarnation. Bei mir war das gleiche passiert. Auch ich hatte schon mehrmals gelebt. Unter anderem als Hector de Valois, einem großen Templerführer. Ihm war ich auf einer Zeitreise sogar schon begegnet.
Und nun saß ein Kind vor mir, das behauptete, dreihundert Jahre alt und wiedergeboren zu sein.
»Das packen Sie nicht, wie?«
»Nur schwerlich.«
»Kann ich mir vorstellen, aber es ist wirklich so. Ich habe es gespürt. Innerlich.«
»Kannst du dich denn an das andere Leben erinnern, Julie?«
»Hin und wieder.«
»Was warst du denn?«
Sie rieb mit einer Handfläche über den Stoff der Jeans. Ein Lächeln verklärte plötzlich ihr Gesicht. »Einmal war es einfach wunderbar. Da bin ich eine Prinzessin gewesen und lebte am Hofe eines Grafen. Ich wurde genau zehn Jahre alt.«
»Weshalb nicht älter?«
»Ich ertrank in einem Fluß. Es war Winter, und er war zugefroren. An einer Stelle, das Eis war dort zu dünn, brach ich ein… Ich bin nie älter als zehn Jahre geworden!«
»Das ist ungewöhnlich.«
»Ich weiß, Sir.«
»Und jetzt bist du wie alt? Sag nicht dreihundert Jahre. Ich meine, nach der normalen Rechnung.«
»Auch zehn.«
Mein Blick wurde starr. »Das hieße also, daß du irgendwann in diesem Jahr sterben würdest.«
»So ist es, Sir.«
»Und weshalb bist du dann zu mir gekommen, Julie?«
»Weil Sie mir helfen können.«
»Ich? Soll ich dich beschützen? Soll ich den Leibwächter für dich spielen?«
»So ungefähr.«
»Wie schön, Julie. Weißt du was? Ich werde dich jetzt nehmen und zu deinen Eltern bringen…«
»Nein, das geht nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Weil sie nicht mehr leben. Sie sind verunglückt. Erschlagen worden, als ein Blitz in einen Baum fuhr und ihn spaltete. Das war draußen bei uns im Dorf.«
»Ach, du wohnst nicht in London?«
»Ich komme aus dem Dartmoor Forrest.«
»So weit? Das ist fast in Cornwall.«
»Ja, Sir.« Sie trank einen Schluck Saft. »Südwestlich von Exeter. Es war ein langer Weg.«
»Das kann ich mir vorstellen. Wie bist du gefahren? Mit dem Zug?«
»Auch, Sir, aber meistens mit dem Bus. Das ist billiger.«
»Dann bist du einfach verschwunden?« Ich schüttelte den Kopf, weil ich noch immer nicht glauben konnte, was mir diese kleine, blonde Person da berichtete.
»Man wird mich kaum vermissen. Ich bin oft weg.«
»Wo wohnst du denn?«
»Bei meinen Großeltern. Sie sollen sich um mich kümmern. Aber sie sind alt.«
»Was genau willst du bei mir?« fragte ich sie und schaute sie an.
»Ich möchte Sie bitten, Mr. Sinclair, mir zu helfen.«
»Gern und wobei?«
»Daß ich älter werde als zehn Jahre«, erklärte sie mir mit einer nahezu frappierenden Offenheit.
Ich schloß die Augen und dachte: Großer Lord, laß das alles nicht wahr sein. Laß es mich nur träumen oder laß mich irren. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich in Julies Gesicht, das einen traurigen Ausdruck bekommen hatte.
»Bist du jetzt sauer?« fragte sie.
»Nein, Kind. Nur etwas überrascht.«
»Das kann ich verstehen.«
»Ich überlege die ganze Zeit über, ob du mir nicht einen Bären aufgebunden hast.«
Julie legte eine Hand auf die Brust.
»Niemals würde ich so etwas tun, Sir. Nein, mir ist es ernst.«
»Das kann ja sein. Mich würde nur interessieren, woher du meinen Namen kennst und weißt, wer ich bin?«
»Oh, Sie sind ein berühmter Mann.«
»Danke für die Blumen, aber das möchte ich nicht so unterschreiben. Mich kennen die meisten Menschen nicht.«
»Aber ich«, erklärte sie mir mit entwaffnender Offenheit. »Ich weiß genau, wer Sie sind.«
Ich hob beide Hände an und winkte ab. »Okay, Julie, belassen wir es dabei. Du weißt also, wer ich bin. Schön und gut. Ich soll dir helfen, zu überleben.«
»Stimmt.« Julie hüpfte hin und her. Sie wirkte wie ein Kind, das so fröhlich war, weil es gerade Ferien bekommen hatte.
»Wie kann ich dir helfen?«.
»Das mußt du wissen. Wir müssen zunächst einmal zu mir fahren. Am besten sofort oder morgen früh.«
»Einfach so?«
»Ist doch nicht schlimm. Ich habe unterwegs keinen Schnee gesehen. Wir werden gut durchkommen.«
»Das glaube ich allerdings auch. Und wo sollen wir genau
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