0524 - Er raubte die mordende Göttin
trotzdem erwischt, nur bekam sie den für mich richtigen Drall. Sie fiel nämlich gegen die Wand, drehte sich dann, ich geriet aus ihrem Blick, auch aus dem Bann und wirbelte herum.
Plötzlich standen die Chancen wieder gleich.
Der Walkman-Träger hob erschreckt die Arme. Es war ein Farbiger, er stierte auf den Obsidiandolch in Phädras Hand und wartete darauf, daß sie zustach.
Das tat sie nicht.
Sie stand etwas breitbeinig da, ihren Rücken der dunklen Tunnelöffnung zugewandt und schaute uns an. Trotz dieses gefährlichen Blicks, der mich so leicht hatte hypnotisieren können, war ich diesmal schlauer.
Ich drehte halb um, zog dabei meine Beretta und erlebte, daß Phädra einen Helfer bekommen hatte.
Jetzt stand der junge Farbige unter ihrem Bann, und er gehorchte ihr blindlings.
Wie eine Katze sprang er mich an. Sein Gesicht hatte einen starren Ausdruck angenommen. Er wollte mir seine Hände um die Kehle drücken, ich aber war schneller und hämmerte sie zur Seite. Trotzdem prallte er gegen mich.
Beide taumelten wir zurück. Ich hörte das Lachen der wartenden Fahrgäste, prallte gegen die Wand und wollte meine Linke auf die Reise schicken, als der Farbige einen Schritt zurücktrat und den Kopf schüttelte, als wollte er sich Wasser aus den Haaren schleudern.
»Sorry, ich… ich … weiß nicht …«
»Schon gut, mein Junge, schon gut. Du kannst nichts dafür. Im Gegenteil, ich will mich bei dir bedanken.«
»Hä?«
Es war keine Zeit für große Erklärungen. Ich wollte Phädra erwischen, bevor sie noch mehr Unheil anrichtete.
Aber wo steckte sie?
Mein Blick glitt über den leeren Bahnsteig. Ich hatte sie auch nicht an mir vorbeilaufen sehen, so daß es praktisch nur eine Möglichkeit gab.
Sie mußte bei ihrer Flucht in den U-Bahn-Tunnel gelaufen sein.
Und das war schlimm.
Ausgerechnet in den Tunnel, aus dem jeden Augenblick eine neue Wagenschlange schießen konnte. Leider gab es für mich keine andere Möglichkeit. Ich mußte ihr nach.
Nach wenigen Sekunden hatte ich das Ende des Bahnsteigs erreicht, traute mich aber nicht, die Gleise zu betreten, denn ich hörte aus der Tunnelröhre das eigentümliche Geräusch des fahrenden Zuges. Die Scheinwerfer sah ich als helle Punkte, zog mich zurück, und einen Moment später rauschten die Wagen in die Station.
Der Luftstrom packte mich und riß mir die Haare hoch. Automatisch drehte ich mich um. Allerdings sah ich in der Ankunft des Zuges auch etwas Positives.
Den anderen Fahrgästen war der Blick auf den Tunneleingang genommen. So konnte ich ungesehen verschwinden.
Ich zögerte keinen Moment mehr. Bevor der nächste Zug aus dem Tunnel schoß, wollte ich Phädra gestellt haben.
Es ist nicht so, daß ich zum erstenmal zu Fuß in einen U-Bahn-Schacht ging. Ich hatte da so meine Erfahrungen gesammelt, wußte auch, daß es Nischen und Notausgänge gab, in die man sich zurückziehen konnte, wenn es gefährlich wurde.
Nur sollte mich Phädra nicht noch einmal überraschen, und deshalb hielt ich mein Kreuz griffbereit.
Es war eine besondere »Waffe«, bestückt mit weißmagischen Abwehrsymbolen, die auch die altägyptische Mystik betrafen, wenn ich nur an das Allsehende Auge dachte.
Um sie einsetzen zu können, mußte ich die Mörderin erst einmal in die Finger bekommen.
Zu sehen war sie nicht. Ich starrte in die stinkende Schwärze des Tunnels und sah das Gleis wie zwei Arme über den Boden laufen.
Die hellen Schienen funkelten, wenn das Licht einer Lampe auf sie fiel.
Es wäre ein Fehler gewesen, auf dem Gleis zu laufen, so hielt ich mich dicht an der linken Wand. Auch sie war im Laufe der Zeit dunkel geworden, allerdings nicht so dunkel wie die erste Nische, in die ich hineintauchte und auch mit der Bleistiftlampe hineinleuchtete.
Nichts zu sehen. Eine leere Nische. Ich fand auch keine Fußspuren auf dem Boden. Phädra mußte weitergelaufen sein.
Wie weit war die nächste Nische entfernt? Zehn Yards, vielleicht auch zwanzig?
Fragen, auf die ich mir selbst eine Antwort geben mußte. So schnell wie möglich huschte ich weiter. Noch sah ich den hellen Punkt des Scheinwerfers nicht in der Ferne. Ich rechnete auch damit, daß man mich aus dem Tunnel holen würde, denn ich wußte, daß die mit Video-Kameras überwacht wurden.
Die nächste Nische war breiter und besaß eine Tür. Einer dieser Ausstiege, die ich gesucht hatte. Ich stemmte mich auf die Metallklinke und schob die Tür auf.
Sofort erwischte mich der Durchzug, und ich drückte die Tür
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