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0527 - Der Grausame

0527 - Der Grausame

Titel: 0527 - Der Grausame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Spannung, die irgendwann in den folgenden Minuten explodieren konnte.
    Ich hatte mich still verhalten. Hin und wieder klatschten Wassertropfen von meiner Kleidung zu Boden.
    Diese Laute gingen jedoch im Knacken des Holzes, wenn es von den züngelnden Flammen zerstört wurde und Funkenbahnen hoch in die Kaminöffnung schleuderte, unter.
    Plötzlich horchte ich auf. Von oben her – wahrscheinlich aus dem ersten Stock – waren andere Geräusche an meine Ohren gedrungen.
    Es hörte sich an, als wäre jemand dabei, seine Schritte besonders vorsichtig zu setzen, um so spät wie möglich gehört zu werden.
    Mein Blick glitt seitlich die Treppe hoch, die noch ein Stück in der Halle zu einer Galerie auslief. Zwischen den gedrechselten Geländerpfosten befand sich genug Freiraum, um durch die Lücken schauen zu können. Ich hatte meinen Blick schräg nach rechts geschickt, weil ich die Schritte von dort vernahm.
    Dann sah ich Beine, die in einem gleichbleibenden Rhythmus marschierten.
    Die Füße steckten in schwarzen, glänzenden Schuhen, die Hose war ebenfalls dunkel. Ich brauchte nicht erst auf das Gesicht zu sehen, um zu wissen, wer da im Anmarsch war.
    Am Beginn der Treppe blieb die Person stehen und legte beide Hände auf das Geländer.
    Ein Kopf mit einem grau wirkenden Gesicht, den dunklen Augen, den ebenfalls dunklen Haaren und den grauen Strähnen darin schaute darüber hinweg.
    Das Lächeln der vollen Lippen kam mir vor wie der blanke Hohn.
    »Willkommen auf Château Le Duc, John Sinclair«, sagte Vincent van Akkeren zur Begrüßung…
    ***
    Ich ließ einige Sekunden bis zu meiner Antwort verstreichen. »Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es sagte.«
    Ich nickte ihm zu. »Sie sehen, ich habe Ihre Spur nicht verloren.«
    »Meine oder die der Kamera?«
    »Beide.«
    »Gut gemacht. Wie sind Sie auf dieses Schloß gekommen? Darf ich das erfahren?«
    »Sicher. Wir fischten in London eine Leiche aus der Themse. Es war Frederic Wally, der Restaurator.«
    Van Akkeren lachte. »Ja, er war hier. Ich hatte noch ein Bild von ihm gemacht«, sagte er spöttisch. »Er wollte mir nicht glauben. Na ja, bis London hat er es geschafft. Ich blieb ihm auf den Fersen.«
    »Haben Sie ihn getötet?«
    »Natürlich.«
    Ich deutete nach links, wo sich die dunklen Flecken auf dem Boden ausbreiteten. »Ist das Menschenblut?«
    »Genau, Sinclair!«
    In mir stieg die Galle hoch. Ein bitterer Geschmack drängte sich in meinen Rachen. »Wen haben Sie umgebracht, van Akkeren?«
    Er lachte zu mir herab. Es klang wie das Bellen eines wütenden Hundes. »Ich habe niemanden umgebracht. Simone Dufour hatte das Pech, dem eigentlichen Besitzer des Schlosses in die Klinge zu laufen. Es ist Ariol Le Duc.«
    »Der Tote?«
    Van Akkeren streckte einen Finger aus und korrigierte mich wie ein Oberlehrer seinen Schüler. »Der lebende Tote, Sinclair. Der Zombie. Der Templer-Zombie, um genauer zu sein. Das sollte Ihnen jedoch nicht unbekannt sein – oder?«
    »Nein, sicherlich nicht. Ich sah ihn.«
    »Oh…«
    Er wartete darauf, daß ich weitere Erklärungen abgab. »Wir begegneten uns im Wald.«
    »Sie leben noch?«
    »Sicher, sonst wäre ich nicht hier.«
    »Ja, das war eine dumme Frage. Aber was ist mit ihm? Existiert er ebenfalls noch?«
    »So ist es.«
    »Das ist gut. Dann wird er dem Dorf einen Besuch abstatten.«
    »Einem menschenleeren Ort.« Van Akkeren hob den Kopf. »Noch ist er menschenleer, Sinclair. So etwas kann sich sehr schnell ändern. Das werden Sie möglicherweise nicht mehr erleben.«
    »Was ist mit den anderen beiden Menschen?« Ich wechselte das Thema, denn diese Frage brannte mir auf der Zunge.
    Van Akkeren machte es spannend. Er genoß meine Unsicherheit und löste beide Hände vom Geländer. Lässig drehte er sich um und begann damit, die Stufen der Treppe herabzusteigen. »Sie leben noch«, erklärte er, wobei er die Betonung auf noch legte. »Aber sie sind Teil dieses Spiels geworden, Sinclair.«
    »Inwiefern?«
    Er blieb stehen und griff in die Tasche seiner dunklen Jacke. Aus ihr holte er einige Fotos hervor, die er ausgefächert zwischen den Fingern hielt, bevor er sie über das Gelände hinweg zu mir in die Halle flattern ließ.
    »Sehen Sie, Sinclair!«
    Ich hob die Bilder auf und spürte schon beim ersten Hinsehen den Stich. Verdammt, das war hart. Ich kannte die Fotos ja, von mir war auch selbst eines geschossen worden. Auch diese hier zeigten das gleiche Motiv. Tote Menschen, die auf furchtbare Art und Weise ums Leben gekommen

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