0529 - Der Dschinn
als er ins Dorf hinunter fahren wollte, der Wagen bereits vor der Tür gestanden hatte, obgleich ihn angeblich niemand aus der Garage geholt hatte. Es war nicht schwer, die beiden Phänomene miteinander in Zusammenhang zu bringen.
Zudem war da noch die Sache mit den unterschiedlichen Erinnerungen und mit jener seltsamen Flasche, die Raffael scheinbar gefunden hatte.
Ein Flaschengeist?
So weit warst du mit deinen Gedanken gestern schon einmal, versicherte ihm das Amulett lautlos.
»Also doch«, murmelte Zamorra. »Ein Flaschengeist, ein Dschinn… und der versucht scheinbar zu verhindern, daß jemand ihm auf die Spur kommt! Aber aus welchem Grund?«
Er straffte sich.
»Mach das Grill-Picknick an der Loire ruhig. Nimm auch ruhig meinen BMW. Ich kann dann immer noch mit dem Caddy fahren, falls ich einen fahrbaren Untersatz brauche. Versuche nebenbei genau zu verfolgen, was alles geschieht, welche Zauberkunststücke sich in deiner Nähe abspielen, ja? Und - nimm Merlins Stern mit. Ich bin zwar nicht hundertprozentig sicher, ob er den Dschinn als Gegner ansieht, aber…«
…aber er registriert zumindest seine Nähe und kann sie dir telepathisch mitteilen, hatte er sagen wollen. Aber das funktionierte nicht. Das Amulett-Bewußtsein »sprach« nur mit Zamorra und Nicole.
Telepathische Kommunikation mit anderen fand nicht statt.
Aber im Gefahrenfall würde es trotzdem auch die Frauen und die Kinder schützen. Es konnte also gar nicht schaden, wenn sie die silberne Zauberscheibe mitnahmen. Und - vielleicht konnte es
aufzeichnen und Zamorra später davon unterrichten, was bei der Grill-Aktion geschah…
»Was wirst du tun?« wollte Patricia wissen.
Zamorra grinste. »Darüber nachdenken, wie man einen Dschinn austricksen kann.«
***
Ein Flaschengeist also! Patricia hatte die Geschichten darüber bisher immer nur für Fantasie gehalten. Nicht im Traum hatte sie damit gerechnet, jemals so einem eigenartigen Ding zu begegnen - erst recht nicht im Château Montagne! Wie um Himmels Willen war dieser Flaschengeist überhaupt durch die Abschirmung gelangt?
Während sie, unterstützt von Butler William, alles zusammenpackte und im Kofferraum des BMW verstaute, dachte sie immer wieder konzentriert daran, daß sie sich von dem Flaschengeist nicht und unter keinen Umständen dabei und bei der Fahrt hinunter zur Loire helfen lassen wollte.
Gerade noch rechtzeitig fiel ihr ein, daß sie Nadine hatte zurückrufen wollen, und sie ging noch einmal ins Haus zurück, um das nächsterreichbare Telefon zu benutzen. Aber bei den Lafittes ging niemand ans Telefon.
Sollte Nadine es sich anders überlegt haben und schon aufgebrochen sein? Oder war etwas anderes passiert, das sie davon abhielt, das Gespräch entgegenzunehmen?
Oder hatte sich der Flaschengeist nun, da Patricia ihm gedanklich verbot, ihr zu helfen, nun der Freundin zugewandt?
Nun, sie würde es herausfinden. Sie mußte ohnehin durchs ganze Dorf, da konnte sie auch vor dem Haus kurz stoppen und anklingeln. Sie vergewisserte sich, daß Rhett in seinem Kindersitz gut und sicher auf der Rückbank verpackt war, stieg hinters Lenkrad und fuhr die Serpentinenstraße hinab.
Irgendwie hatte sie dabei das Gefühl, daß diese Straße sonst länger war und mehr Kurven aufwies… Aber dann war sie im Dorf angelangt, erreichte das Haus, in dem die Lafittes wohnten, und drückte auf den Klingelknopf.
Niemand öffnete.
Stattdessen streckte die Vermieterin plötzlich den Kopf aus dem Fenster. »Madame Saris! Wenn Sie zu Madame Lafitte wollen - die ist vor etwa zwanzig Minuten oder einer Viertelstunde mit Mann und Maus ausgerückt, wollte zur Loire hinunter.«
»Mann und Maus?« echote Patricia.
»Nun ja, mit den Kindern.«
Vor zwanzig Minuten oder einer Viertelstunde… Etwa zehn oder zwölf Minuten mußte es her sein, daß Patricia vergeblich versucht hatte, sie anzurufen. Sie bedankte sich, stieg wieder in den Wagen und fuhr zu »ihrem Grillplatz« hinunter.
Nadine und die Kinder waren gerade angekommen.
»He, du hast aber lange gebraucht«, stellte Nadine fest, als Patricia ausstieg. »Ich hatte gehofft, du würdest uns auf halbem Weg überholen. Als du anriefest, sind wir sofort losgegangen.«
»Als ich anrief? Moment mal«, sagte Patricia. »Ich habe versucht, anzurufen, und du hast dich nicht gemeldet.«
»Aber sicher! Wir haben miteinander gesprochen. Du sagtest, alles sei in Ordnung, und Zamorra werde sich um die Sache kümmern.«
»Jetzt wird's aber lustig«,
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