0529 - Der Dschinn
verdient?
Er sah sich den komischen Vogel näher an. Der sah aus wie ein sehr dunkelhäutiger Araber, weißhaarig, mit unzähligen Falten und Runzeln im Gesicht, einer extrem hervorstechenden Adlernase, grellbunt gekleidet und mit einem ebenso grellbunten Turban auf dem Kopf. »Wer sind Sie überhaupt, Mann?«
Der Turbanträger überkreuzte die Arme vor der Brust und verneigte sich; jetzt nahm Curd auch den bunten Federbusch wahr, der aus dem Turban steil nach oben aufragte. »Man nennt mich Hadschi Achmed…« - »Gesundheit!« - wünschte Curd, aber der Turbanscheich winkte verärgert ab. »Ich habe nicht geniest, sondern das ist ein ehrenvoller Titel, der besagt, daß ich ein Mekkapilger bin und das Grab des Propheten besuchte! Darf ich fortfahren?«
»Aber gewiß.« Jetzt war's auch schon egal, und Curd begann zu überlegen, ob er nicht einen dezenten Sonnenstich bekommen hatte und jetzt unter nachmittäglichen Halluzinationen litt, oder wie auch immer man das nannte.
»Hadschi Achmed Dawuhd ben Mustafa Ghalo ibn Hadschi Halef Gonarah ibn Hadschi Mohammed Mossawi ibn Hadschi Ali…«
»Danke, es reicht, die Sonne geht gleich unter und ich möchte noch die Abendnachrichten im Fernsehen mitbekommen«, winkte Curd ab. »Sie haben nicht zufällig zuviel Karl May gelesen, guter Herr? Da gibt's auch so einen Turbanscheich mit einem endlos langen Bandwurmnamen, den sich kein anständiger Mensch merken kann…«
»Verzeihung, Effendi, aber weder bin ich ein Scheich, noch kenne ich einen Karl May. Aber da Ihnen mein Name und die Namen meiner ehrenwerten Vorfahren zu lang sind, können Sie mich natürlich auch Hadschi Achmed nennen. Stets zu Ihren Diensten, Effendi. Aber ich darf Sie sicher daran erinnern, daß Sie meine Frage noch nicht zu beantworten beliebten, ob die Menge des Geldes ausreicht. Sie haben ja nicht einmal nachgeschaut!« Es klang wahrhaftig vorwurfsvoll.
»Von welchem Geld reden Sie eigentlich dauernd?« fragte Curd mißtrauisch.
»Nun, von dem Geld, das hereinzubringen Sie mich eingangs unseres Gespräches aufforderten.«
Vermutlich ist der Typ sogar zu dämlich zum Fliegenzählen, dachte Curd resignierend. »Und was wollen Sie nun in meinem Garten, Monsieur Hadschi? Nach dem Weg fragen? Der führt schnurstracks zum Gartentor und wieder auf die Straße zurück, ja?«
»Ich hatte den Eindruck, daß Sie Hilfe benötigen. Sie haben ein Problem.« Er sah sich um. »Ein Maulwurf untergräbt Ihr Gemüse. Wenn Sie ihn loswerden möchten, brauchen Sie's nur zu sagen.«
Curd atmete tief durch.
»Ich weiß zwar noch nicht, wer dich hergeschickt hat«, sagte er grollend, während Stimmtiefe und Lautstärke allmählich anschwollen, »aber Spielchen dieser Art mag ich ganz und gar nicht! Du Mistkerl hast mir also das Biest in den Garten gesetzt! Raus mit dir, verschwinde, hau ab, oder ich vergesse mich und schlage dir jeden Knochen einzeln in Trümmer! Sag deinen Auftraggebern, daß ich mich nicht von ihnen verarschen lasse! Und jetzt mach die Parfümnummer und verdufte, aber 'n bißchen plötzlich!« Er ließ die Mineralwasserflasche fallen, bog die Schultern vor und stapfte angriffslustig auf den Hadschi zu, während er die Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln begann.
»Sag dem Kerl, der dir aufgetragen hat, mich zu verspotten, daß ich ihm den verdammten Maulwurf in den Rachen stopfen werde!«
Hadschi Achmed wich mit abwehrend vorgestreckten Händen zurück. »Sie verstehen das falsch, Effendi«, sagte er hastig. »Ich bin aus eigenem Antrieb hier, und außerdem hatten Sie doch erwähnt, den Maulwurf in den Blumenbeeten von Château Montagne auszuset…«
»SCHNAUZE UND WEG HIER!« brüllte Curd. »Aus eigenem Antrieb… dann warst du's auch noch selber! Weg hier, ehe ich mich vergesse…«
Im nächsten Moment war er in seinem Garten allein.
Der Turbanträger war einfach verschwunden. Hatte sich in Nichts aufgelöst. Wie ein Geist…
***
Patricia war froh, als sie Château Montagne wieder erreicht hatte. Wenn sie von Anfang an eine Ahnung gehabt hätte, wie dieser Nachmittag verlaufen würde, sie hätte auf das Grillen am Loire--Ufer verzichtet und es sich allenfalls am Swimming-Pool des Châteaus gemütlich gemacht. Auch hier gab es genügend Möglichkeiten, Rhett in steter Beschäftigung zu halten. Auch nach der Unterhaltung mit Zamorra hatte sie nicht damit gerechnet, daß es schließlich so schlimm enden würde. Wieso der Ferrari über sie hinweggeflogen war, konnte sie sich beim besten
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