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0529 - Der Dschinn

0529 - Der Dschinn

Titel: 0529 - Der Dschinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ansehen kann… trage es eher aus alter Gewohnheit…«
    Er lächelte. Er erinnerte sich an den Unsterblichen, der ihm vor kurzem über den Weg gelaufen war. Ein Auserwählter , wie es auch Zamorra war, nur hatte jener Auserwählte den Verstand verloren.
    Er lebte nach vielen Jahrhunderten immer noch, weil er an der Quelle des Lebens gewesen war, aber die Aufgabe, für die er eigentlich ausersehen gewesen war, konnte er nicht mehr erfüllen.
    Er versuchte es trotzdem - auf seine Weise, im Rahmen seines retardierten Verstandes. Und - er hatte es fertiggebracht, Zamorras Amulett, das dem Professor seit einiger Zeit den Dienst verweigerte, wieder zu neuer Aktivität zu überreden. [1]
    »Also gut«, sagte Zamorra. »Wir werden diese Flasche, oder was auch immer es ist, ins Château bringen. Entweder kommt es nicht durch die weißmagische Abschirmung und zeigt sich dadurch als feindlich, oder es kommt durch, was bedeutet, daß es keine Gefahr darstellt. Danach, so oder so, können wir herauszufinden versuchen, was es darstellt.«
    »Sie halten es für gefährlich?«
    Zamorra zuckte mit den Schultern. Er wog den flaschenähnlichen Gegenstand in der Hand. »Ich weiß es nicht. Es ist schwer genug, um gefüllt zu sein, und den Inhalt, woraus auch immer er bestehen mag, möchte ich nicht so einfach freisetzen.«
    Raffael nickte. »Lieber etwas zu vorsichtig als etwas zu tot, wie?«
    »Von Tod wollen wir mal erst gar nicht zu reden anfangen«, sagte Zamorra. »Mit dem Burschen haben wir doch wohl nichts mehr zu tun, oder?«
    »Ich hoffe es«, sagte Raffael. »Zumindest nach dem Schub an zusätzlicher Lebensenergie, die mir jener Auserwählte verschaffte und den ich fast nicht verkraftet hätte, mag ich an den Tod nicht mehr so gern denken. Man lebt gern, Professor.«
    Zamorra nickte ihm zu. »Ich sage Nicole, daß ich ins Château zurückkehre. Wahrscheinlich wird sie mitkommen wollen. Falls die Gesellschaft dieser wilden Menschen sie trotzdem hier festhält, fahre ich mit Ihnen, Raffael. Bin gleich wieder zurück.«
    Raffael nickte.
    Er wartete, bis Zamorra im Lokal verschwunden war, dann stieg er in den Wagen und fuhr los. Der Professor hörte den Motor, kehrte auf dem Absatz um und sah Raffael mit dem BMW davonsausen.
    Sekundenlang stand er da wie vom Donner geführt; der alte Mann fuhr, als müsse er Michael Schumacher übertrumpfen. Dann stürmte er wieder ins Lokal und zu Nicole. Wenigstens sie sollte Bescheid wissen. »Mit Raffael stimmt was nicht! Der wollte auf mich warten und rast jetzt wie ein geölter Blitz ohne mich zum Château… bleibst du hier?«
    »Sehe ich so aus?« Sie sprang auf. »Bis demnächst dann«, verabschiedete sie sich von der Runde und winkte Mostache zu. »Schreib's auf die Rechnung…«
    »Ja, brennt's denn schon wieder?« murmelte der Wirt. »Die spinnen, die Montagnes und ihre Leute…«
    ***
    Der Dschinn war erwacht. Unverzüglich hatte er damit begonnen, auf seine Befreiung hinzuarbeiten.
    Erfreut stellte er fest, daß er trotz der langen Zeit nichts von seinen Kräften und Fähigkeiten verloren hatte. Er war gespannt darauf, mit wem er es diesmal zu tun bekommen würde.
    Er kannte jetzt die Namen Raffael Bois, Professor Zamorra, Nicole Duval und Château Montagne.
    Was würde ihn in diesem Château erwarten?
    ***
    Obgleich Nicole Zamorra ansah, daß er es eilig hatte, fuhr sie normales Tempo. Es hatte keinen Sinn, sich auf der kurvenreichen Bergstraße den Hals zu brechen - außerdem war ihr neben Gesundheit und Leben auch der Wagen zu wertvoll, um einen Unfall zu riskieren. Der 59'er Cadillac-Cabrio gehörte fast schon zu den Oldtimern, war auf jeden Fall aber ein beeindruckender, schöner Anblick mit seinem chromglänzenden »Haifischmaul«-Kühlergrill und den riesigen, raketenförmigen Heckflossen.
    Auf diese Weise blieb Raffaels Vorsprung natürlich uneinholbar. Aber das machte nichts - sie trafen ihn ja ohnehin wieder.
    Als sie das Tor in der Schutzmauer um Château Montagne erreichten, blockierte kein silbergrauer BMW den Weg. Also war Raffael durchgekommern - mit der Flasche. Demzufolge war sie entweder doch nicht magischer Art, und es mußte eine neue Begründung für Raffaels Verhalten gefunden werden, oder die Magie war weiß . Zamorra hoffte letzteres - es würde die ganze Angelegenheit wesentlich vereinfachen.
    Der Wagen stand direkt vor dem Haupteingang. Fast sah es so aus, als habe Raffael die Stufen der niedrigen Treppe angecrasht, die zur großen Glastür hinaufführte.

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