053 - Der Brigant
offensichtlich nur zwei eine Chance, das dritte hatte nach den Erfahrungen bei allen vorhergehenden Rennen gar keine Aussicht. Aber Mr. Yarrow wollte nichts riskieren.
Anthony beobachtete ihn genau, als er sich mit dem Rücken gegen die Schranken lehnte, die den Raum umgaben, wo die Pferde abgesattelt wurden. Er sah, wie der alte Herr drei Telegrammformulare nahm und alle drei ausschrieb. Er ließ ihn nicht aus den Augen und bemerkte, daß er die drei Formulare in den Kasten warf, wo der Telegrafenbeamte saß. Sie waren an Yoksey, London, adressiert. Das war Mr. Yarrows Telegrammadresse. Auf jedem stand der Name eines anderen Pferdes und dahinter das Codewort ›Yail‹. Nach ihrem Code bedeutete das ›Ich wette zweitausend Pfund auf‹.
Es ist kein Verbrechen, wenn man in einem Rennen auf drei verschiedene Pferde wettet. Das haben schon viele Sportsleute getan, die dadurch aber auf den Hund gekommen sind. Man konnte durchaus nichts Strafbares an der Tatsache sehen, daß man bei einem Rennen, in dem nur drei Pferde liefen, auf jedes Pferd setzte. Es war allerdings, um es milde auszudrücken, verrückt, aber es war schließlich kein Vergehen.
Anthony ging wieder auf seinen Platz, um das Rennen zu beobachten. ›Bird's Eye‹ war erster Favorit, und die meisten Chancen nach ihm hatte ›Morton's Pride‹. Die Wetten, die auf das dritte Pferd abgeschlossen waren, standen zwanzig zu eins.
Anthony beobachtete den Start. Es war aber weniger ein Rennen als eine Prozession, denn ›Bird's Eye‹ führte von Anfang an und gewann das Rennen mit großer Überlegenheit.
Zufrieden kehrte Anthony nach London zurück und kam Viertel nach sechs wieder im Büro an. Mr. Yarrow machte keinen Versuch, seine gute Stimmung irgendwie zu verbergen.
»Ja, mein alter Junge«, sagte er, »diesmal ist die Sache ins Auge gegangen.«
»Was ist denn los?«
»Mein alter Herr hat zweitausend Pfund auf ›Bird's Eye‹ gesetzt. Das ist nun einmal ein entsetzliches Pech. Aber was soll man dagegen machen? Hier ist das Telegramm. Aufgabezeit und alles ist in Ordnung.«
Anthony nahm das Formular.
»Jawohl, das ist in Ordnung.«
»Wir haben nun tausend Pfund verloren und damit ist unsere Kasse erledigt, wenn Sie nicht neues Kapital einschießen können«, meinte Mr. Yarrow und strich seinen Schnurrbart.
»Aber ich rechne doch einen Verdienst von dreitausend Pfund für uns heraus«, erwiderte Anthony nachdenklich.
»Woher denn?« fragte Yarrow verwirrt.
»Wo sind denn die beiden anderen Telegramme, die Ihr Vater geschickt hat?«
Mr. Yarrow wurde rot.
»Was, zum Teufel, meinen Sie?«
Aber Anthony machte nur eine energische Handbewegung.
»Ihr Vater hat drei Telegramme gesandt, und zwar hat er auf jedes Pferd gesetzt. Seine einzige Chance wäre gewesen, wenn der Outsider das Rennen gemacht hätte. Aber der war so weit hinter den anderen, daß ich Bedenken habe, ob er jetzt schon das Ziel erreicht hat. Sie würden mir einen großen Gefallen tun, Yarrow, wenn Sie heute abend Ihren Vater aufsuchten und ihn dazu veranlaßten, daß er mir morgen früh die Summe von dreitausend Pfund zahlt. Sollte das nicht der Fall sein, so werde ich Sie beide verhaften lassen wegen gemeinsamen Betrugs. Ich weiß ganz genau, daß ich selbst mit dem Gesetz in Konflikt komme, wenn ich unter Drohungen Geld von Ihnen fordere. Aber ich weiß auch sehr wohl, was ich tue, Yarrow.«
»Ich sage Ihnen doch, daß keine anderen Telegramme angekommen sind!« brüllte der junge Mann.
»Doch es sind noch zwei andere angekommen«, erwiderte Anthony geduldig. »Aber Sie haben sie verbrannt oder sonst irgendwie beseitigt. Wahrscheinlich befinden sich die beiden zerknitterten Formulare in Ihrer Hosentasche. Aber es ist ja so leicht für mich, die Sache herauszubringen: Ich kann auf der Post Kopien von all den Telegrammen erhalten, die Ihr Vater von Hurst Park abgeschickt hat. Also seien Sie nun vernünftig und gehen Sie zu ihm. Ich gebe Ihnen Zeit bis morgen mittag um zwölf. Wenn dann meine Forderung nicht erfüllt ist, erstatte ich Anzeige in Scotland Yard. Und«, fügte er noch hinzu, als er schon in der Tür stand und sich zum Gehen wandte, »sagen Sie Ihrem Vater ausdrücklich, daß ich keinen Scheck, sondern nur Banknoten, und zwar von kleinen Werten, nehme.«
7. KAPITEL
Miss Plumpudding
»Noch niemand ist dadurch ruiniert worden, daß er sich mit kleinen Profiten begnügte«, orakelte Anthony Newton.
»Der Ausspruch kommt mir so bekannt vor - ich muß ihn in einem
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