0534 - Der Unsichtbare
Nicole versprochen hatte. Falls etwas passierte, brauchte er jetzt nur noch eine beliebige Taste zu drücken, ähnlich wie beim »Babyruf« eines normalen Telefons. Der Unterschied zu Autotelefon und normalem Funk bestand darin, daß
Transfunk auf einer streng geheimgehaltenen Frequenz arbeitete, die nicht zum normalen Funkband gehörte und vermutlich sogar schneller als das Licht war – das mochte der Grund dafür sein, daß diese Frequenz mit normalen Geräten nicht anzusprechen und damit logischerweise auch nicht abzuhören war. Eine Abteilung des Möbius-Konzerns, einer Multi-Holding, hatte diese Geräte in geringer Stückzahl für den Eigenbedarf produziert; erst vor etwa einem Jahr hatte Zamorra erfahren, daß der
Transfunk eigentlich nicht auf dem Ideen-Mist irdischer Funkingenieure gewachsen war, sondern daß ein Topmanager des Konzerns die Entwicklungsunterlagen mitgebracht hatte. Erich Skribent, einst zur Geschäftsführung des Konzerns zählend, damals zugleich aber ERHABENER der DYNASTIE DER EWIGEN – das »trojanische Pferd« der Ewigen in einem der größten Wirtschaftsimperien. Skribent war tot, den Transfunk gab es weiterhin als streng gehütetes Geheimnis, von dem Zamorra profitieren konnte, da er mit Senior- und Juniorchef des weltweit operierenden Unternehmens befreundet war.
Er setzte den Wagen in Bewegung. Der metallicsilberne 740iL rollte über den gepflasterten Innenhof und durch das große Tor in der Mauer hinaus auf die Serpentinenstraße, die hinunter zum Dorf führte. Er bog nach Norden ab und kurz darauf wieder, in Richtung Lyon. Es begann dunkel zu werden.
Es störte ihn nicht besonders. Er war die Straße so oft gefahren, daß ihm jeder Baum am Straßenrand und jedes Verkehrsschild zu guten Bekannten geworden waren.
Immer wieder sah er sich um, streckte tastend den Arm aus, weil er sich vergewissern wollte, daß er wirklich allein im Wagen war. Es war verrückt, und er wußte es; der Unsichtbare konnte nicht hier sein. Immer wieder gab er auch Standortmeldungen durch, und es war beruhigend, jedesmal Nicoles Stimme zu hören, die seine Meldung bestätigte und dafür im Arbeitszimmer neben der Feststation des Transfunks saß, um im Notfall die Polizei zu informieren und selbst loszufahren, um Zamorra eventuell zu Hilfe zu kommen.
Noch zehn Kilometer bis Lyon…
***
Natürlich saß Nicole nicht während der ganzen Zeit am Gerät. Da sie wußte, in welchen Abständen Zamorra sich meldete, fand sie Zeit, sich richtig anzuziehen, um im Fall der Fälle sofort starten zu können. Ihr schwarzer Lederoverall, scherzhaft »Kampfanzug« genannt, kam wieder einmal zu neuen Ehren. Dem Dhyarra-Kristall traute Nicole selbst nun auch nicht mehr, aber die Strahlwaffe haftete an der Magnetplatte an ihrem Gürtel, wie auch die Ewigen selbst ihre Blaster zu tragen pflegten.
Gerade kam sie wieder in Zamorras Arbeitszimmer zurück und glaubte ein leises Klicken gehört zu haben, als sie eintrat.
Sie sah sich um und lauschte. Unwillkürlich schwebte ihre rechte Hand über dem Griff der Waffe, die auf Paralyse geschaltet war. Aber im ganzen Raum konnte sie weder den Unsichtbaren wahrnehmen noch einen Schatten, der auf seine Anwesenheit hinwies.
Sie blieb aufmerksam.
Und dann fiel ihr auf, daß der Telefonhörer nicht ganz so auflag, wie er es eigentlich sollte. Jemand hatte ihn umgekehrt abgelegt, mit dem Kabel zur falschen Seite!
Das war ihr selbst noch nie passiert, und sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß Zamorra den Hörer versehentlich andersherum abgelegt hatte.
Der Unsichtbare?
Blitzschnell griff sie zu und rief die Speicheranzeige auf das zweizeilige Display-Feld. Sofort erschienen Datum, Zeit, Gesprächsdauer und die angewählte Rufnummer des letzten von hier aus eingeleiteten Telefonats in der Anzeige.
Das war eine Autotelefon-Nummer, wie sie sofort erkannte. Und dieses Autotelefon war gerade eben vor zwei Minuten angewählt worden! Nicoles Eintreten hatte das Gespräch des Unsichtbaren unterbrochen. Das Klicken, das sie gehört hatte, war das schnelle Auflegen des Hörers gewesen, als der Fremde sich durch ihre schnelle Rückkehr überrascht sah!
Hinter ihr war ein Luftzug. Sie ahnte ihn mehr, als sie ihn spürte.
Blitzschnell ließ sie sich fallen. Im gleichen Moment flog ihr der Blaster förmlich in die Hand. Sie drückte ab. Ein bläulicher Blitz knisterte aus dem Projektionsdorn und verästelte sich. Aber er kam nicht weit, wurde von etwas oder jemandem
Weitere Kostenlose Bücher