0537 - Der Voodoo-Drache
sehlenderte sie wieder nach draußen, die Fernsprecher ignorierend. Also keine Möglichkeit, mit Mondragon telefonischen Kontakt aufzunehmen.
Wie aber dann? Telepathie? Oder besaß Mondragon noch andere Mittel?
Vielleicht war er ein Hexer, der nicht nur Voodoo benutzte, sondern auch Möglichkeiten wie etwa eine Kristallkugel?
Zamorra beobachtete weiter. Irgend etwas mußte sie tun. Und wenn sie sich nur ein Quartier beschaffte…
Schließlich näherte sie sich einem Taxi, stieg ein und diskutierte mit dem Fahrer, der endlich losfuhr. Es war der Moment, in dem der BMW mit Raffael am Lenkrad wieder auftauchte. Zamorra warf sich in den Fond.
»Hinter dem Taxi her«, verlangte er.
Der alte Diener startete sofort durch. Zwei Taxifahrer am hinteren Ende der Wartereihe, die zigarettenrauchend neben ihren Wagen standen und sich den Teufel um das »Rauchverbot auf öffentlichen Plätzen« scherten, sahen aufmerksam hinterdrein.
Raffael verlor das Taxi nicht aus den Augen. Es hielt schließlich vor einem Hotel der unteren Preiskategorie. Raffael fuhr am Taxi vorbei und lenkte direkt in die nächste Hauseinfahrt, um dort anzuhalten.
Zamorra sprang aus dem Wagen und spähte an der Hauskante vorbei in Richtung Hotel. Annette stieg aus, das Taxi kehrte in Richtung Bahnhof zurück. Zamorra gab seinen Beobachtungsposten wieder auf und nahm im BMW Platz.
»Was jetzt?« fragte Nicole.
»Jetzt wissen wir zumindest, wo sie abgestiegen ist«, sagte der Dämonenjäger. »Ich weiß nicht, ob es Sinn hat, hier zu bleiben. Wenn sie ihren Auftraggeber kontaktieren könnte, hätte sie es am Bahnhof schon getan. Er wird also seinerseits versuchen müssen, sie zu finden. Wie es aussieht, haben beide unsere Spur verloren. Wenn sie uns nicht mit dem Voodoo-Zauber erwischen, sind wir jetzt im Vorteil. Wir sollten nach Hause fahren. Morgen kümmern wir uns um Annette und versuchen, über sie an diesen Mondragon heranzukommen.«
Nicole bewegte den Kopf nachdenklich hin und her. »Ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist«, sagte sie. »Ich meine, bis morgen zu warten. Vielleicht taucht er schon in dieser Nacht hier auf. Wenn wir dem Mädchen jetzt auf die Pelle rücken, oder wenn wir hier warten, können wir Mondragon vielleicht in eine Falle laufen lassen.«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Er wird in dieser Nacht nicht mehr herkommen«, sagte er entschieden. »Sonst wäre er selbst mit dem Zug gefahren. Vielleicht taucht er überhaupt nicht hier auf, sondern gibt auf irgendeine magische Weise Annette nur den Befehl, gegen uns vorzugehen. Und - ich fühle mich ein wenig aus dem normalen Rhythmus gebracht. Dieses frühe universitätliche Aufstehen ist nicht meine Welt.«
Nicole mußte ihm zustimmen. Ihr erging es nicht anders.
Sie waren beide Nachtmenschen, zwangsläufig. Die Dämonen waren Kreaturen der Dunkelheit, und um gegen sie vorzugehen, mußte man sich ihnen weitgehend anpassen. Es war nicht ungewöhnlich, Zamorra und seine Gefährtin frühmorgens um vier oder fünf noch hellwach vorzufinden, aber es war ungewöhnlich, sie am Vormittag schon aktiv zu sehen. Wer nachts arbeitet, muß tagsüber schlafen. So verschob sich das Frühstück meist in die Mittagsstunden.
Wegen der letzten Vorbereitungen für Zamorras Vorlesungsreihe an der Sorbonne hatte er allerdings früh aufstehen müssen. Später würde das anders sein; er hatte dafür gesorgt, daß die Vorlesungen auf die Nachmittagsstunden gelegt wurden. Wie das mit der Raumplanung in Einklang gebracht werden konnte, war Sache der Verwaltung.
»Na schön. Fahren wir also ins Château Montagne, schlafen uns ein paar Stunden aus und kehren dann hierher zurück«, bestätigte Nicole.
Noch ahnte niemand, daß das ein Fehler war…
***
Ariston sah den Zug wieder vor sich. Er stand im Bahnhof einer Stadt, die Lyon sein mußte. Endstation? Vielleicht. Der Dämon kannte sich mit menschlichen Gepflogenheiten nicht sehr gut aus. Jedenfalls stellte er fest, daß der Zug leer war.
Er war erschöpft. Er brauchte neue Kraft; er brauchte - ein Opfer .
Er tastete nach seiner Helferin. Sie befand sich nicht mehr im Bahnhof. Und sie machte einen sehr verunsicherten Eindruck. Etwas war schiefgegangen.
Ariston schwang sich noch einmal in die Luft, um Annette Caris dort aufzusuchen, wo er sie wahrgenommen hatte.
Im Vergleich zu der Strecke, die er von Paris bis Lyon zurückgelegt hatte, war diese Distanz geradezu lächerlich.
***
Annette hatte sich, noch immer angekleidet, auf das Hotelbett
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