054 - Das Geheimnis der Mumie
stoppen. Aber jetzt waren sie wieder so mächtig geworden, dass sie sich daran machten, die geraubten Gegenstände zurückzuholen.
Die Priester mussten über ziemlich starke magische Kräfte verfügen. Nur zu deutlich konnte sich Coco daran erinnern, dass sie ihre Fähigkeiten gegenüber den Priestern nur beschränkt hatte einsetzen können.
Sie musste vorsichtig sein. Bis jetzt war alles ziemlich leicht gegangen; aber sie hatte es ja nur mit normalen Menschen zu tun gehabt, die gegen ihre Hypnosefähigkeiten keine Chance hatten.
Coco erinnerte sich an ihr gestriges Gespräch mit Gamal Kassim. Er hatte den Gedanken, dass es unter den alten Ägyptern mächtige Zauberer gegeben hatte, rundweg abgelehnt; und die Vermutung, dass es einigen Adepten gelungen sein sollte, sich in einen tranceartigen Zustand zu versetzen, der sie jahrtausendelang schlafen ließ, war dem Ägyptologen unwissenschaftlich vorgekommen. Was, wenn Nefer-Amun einer dieser Adepten war? Wenn er tatsächlich noch lebte?
Sie verabschiedete sich von Jean Cardin, trank in einem Basar eine Kanne Kaffee und fuhr dann zurück ins Lager.
Gamal Kassim hatte die Ausgrabungsarbeiten unterbrochen. Alle Arbeiter hatten sich auf die Suche nach Susan Baxter gemacht, doch bis jetzt hatten sie keine Spur von ihr gefunden.
Coco hatte ein einfaches Mittagessen zu sich genommen und sich danach in ihre Hütte zurückgezogen. Sie konzentrierte sich auf die vor ihr liegende Aufgabe, entspannte und fiel in einen tiefen zweistündigen Schlaf. Als sie erwachte, fühlte sie sich frisch und ausgeruht.
Sorgfältig traf sie ihre Vorbereitungen. Sie hängte sich ein Amulett um den Hals, das ihre magischen Kräfte verstärken sollte, und bediente sich aus Susan Baxters Kleiderschrank, die ungefähr ihre Figur hatte. Coco wählte verwaschene Jeans und eine grobe Baumwollbluse. Dann befestigte sie eine starke Stablampe am Gürtel und trat aus der Hütte. Es war noch immer heiß.
Kassim hatte die Suche nach Susan Baxter aufgegeben. Er hockte im Schatten seiner Hütte und blickte Coco missmutig entgegen.
Coco setzte sich ihm gegenüber.
»Sie glauben, dass Sie Abd-el-Baran zum Grab Nefer-Amuns bringen wird?«, fragte Kassim.
»Er wird mich hinbringen«, sagte Coco zuversichtlich. »Eine andere Frage ist es, ob wir den Eingang zum Höhlenlabyrinth finden werden.«
»Was werden Sie tun, wenn Sie ihn nicht finden?«
»Dann werden morgen Ihre Arbeiter an der Stelle, die mir Abd-el-Baran zeigen wird, zu graben beginnen. Das ist doch auch in Ihrem Interesse, oder?«
Kassim nickte. »Soll ich nicht lieber mitkommen, Miss Zamis?«
Coco überlegte kurz.
»Ja«, sagte sie schließlich. »Sie kommen mit. Aber wenn wir den Eingang finden sollten, bleiben Sie draußen. Ich weiß nicht, was uns in Nefer-Amuns Grab erwarten wird. Sollte uns etwas geschehen, können Sie uns vielleicht am nächsten Tag zu Hilfe kommen.«
»Ich würde aber gern mitkommen«, sagte Kassim.
»Das kann ich mir denken«, meinte Coco. »Leider ist es nicht möglich.«
Coco konnte sich gut vorstellen, wie sehr der Wissenschaftler danach gierte, das Grab Nefer-Amuns zu erforschen, doch damit musste er warten. Vorerst wollte Coco einmal feststellen, ob Susan Baxter noch am Leben war und welche Bewandtnis es mit dem Nefer-Amun-Kult hatte.
Coco trank eine Tasse Tee und rauchte eine Zigarette. »Glauben Sie, dass es noch viele unentdeckte Gräber der alten Ägypter gibt, Dr. Kassim?«
»Schwer zu sagen«, meinte der Ägyptologe. »Sicherlich gibt es noch einige. Meist stoßen wir durch Hinweise von Touristen, die von Grabräubern Altertümer kaufen, auf sie. Der spektakulärste Fund fand vor mehr als neunzig Jahren statt. Damals tauchten plötzlich wertvolle Statuetten und ein Sarg mit einer Mumie auf.«
»Ich erinnere mich, darüber irgendwo gelesen zu haben«, sagte Coco. »Ein Amerikaner – Baton war sein Name – kaufte einem Händler einen Papyrus ab. Er schmuggelte ihn aus Ägypten und legte ihn in den USA einem Ägyptologen vor, der ihn übersetzte.«
»Richtig«, stimmte Kassim zu. »Der amerikanische Gelehrte schrieb an Professor Gaston Maspero, dem damaligen Leiter des Museums in Kairo. Der Papyrus stammte aus dem Grab eines Königs der 21. Dynastie, von dem die Wissenschaft damals überhaupt noch nichts wusste. Maspero wollte das Grab unbedingt sehen. Die ägyptische Polizei fand von den Grabräubern keine Spur. Maspero ging seine eigenen Wege, um die Grabräuber aufzustöbern.«
Coco lächelte.
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