054 - Die Gespenster-Dschunke von Shanghai
die
Schwierigkeiten, die der Bestattungsunternehmer Cheng in Hongkong diesmal mit
der Lieferung hatte. Er hatte außer den üblichen Personen, die Kenntnis vom
Schmuggel des Rauschgiftes besaßen, einen Neuen einweihen müssen. Die Ware, die
er weitergab, mußte weg und wurde schon lange in Tokio erwartet. Aber die
Leiche, für die diese Ware ursprünglich vorgesehen war, war nicht zum Transport
weitergegeben worden. So kamen die Leute, die für die Hauptarbeit des
einbringlichen Schmuggelgeschäfts verantwortlich waren, auf die Idee, die
Transportpapiere des Sarges zu fälschen. Eine Leiche, die für London vorgesehen
war, würde, scheinbar irrtümlich, zuerst in Tokio dem dafür zuständigen
Bestattungsunternehmen ausgehändigt. Dort merkte man natürlich den Irrtum, und
schickte den Sarg wieder zurück… nach London. Zu diesem Zeitpunkt allerdings
war das, was laufen sollte, schon gelaufen. Kimura hatte den Auftrag, genau die
Hälfte der heißen Ware aus der Leiche herauszunehmen und dann die Mitteilung zu
machen, daß ihnen eine falsche Leiche zur Bestattung geliefert worden sei.
Danach würden die Dinge automatisch ihren Lauf nehmen, und er brauchte so gut
wie nichts mehr zu tun. Die falsche Leiche würde man abholen und mit der
nächsten Maschine nach London schicken, ohne zu ahnen, daß in der Zwischenzeit
eine Manipulation mit der Leiche vorgegangen war.
In
London dann, das hatte das Bestattungsunternehmen des Chinesen Cheng in
Hongkong schon geregelt, würde auch ein Mittelsmann zur Stelle sein, der für
eine Fortsetzung der Aktion sorgte. Schließlich wurde mit der Toten noch
Rauschgift im Wert von einer viertel Million Pfund Sterling in das britische
Königreich geschmuggelt. Es war für den dortigen Markt bestimmt. So machte das Unternehmen aus der Not eine Tugend und schlug sogar zwei Fliegen mit einer Klappe.
Kimura
wurde aus seiner Nachdenklichkeit gerissen, als man ihn aufforderte, zur
Zollabfertigung zu kommen. Seine Nervosität nahm zu. Mit unruhigen Augen
beobachtete er die Menschen, die dort zu tun hatten. Lag Gefahr in der Luft?
»Der Sarg steht dort drüben. Sie können ihn mitnehmen.« Als der Fahrer des
Leichenwagens diese Worte hörte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Er beeilte
sich, ohne übertriebene Hast an den Tag zu legen, schob die Bahre mit dem Sarg
zu seinem bereitstehenden Auto und fuhr wenig später mit seiner Fracht davon.
Sein Ziel war der Hof des Bestattungsunternehmens, die Garage, die in der
letzten Nacht zum Hintergrund aufregender Geschehnisse geworden war. Was sich
hinter verschlossenen Türen abspielte, wußten nur der Chef des Tokioter
Beerdigungsinstitutes und sein ihm ergebener Fahrer Kimura. Der kleine Mann mit
den flinken Augen und der Nickelbrille sah, wie Kimura in die geräumige Garage
fuhr und das Tor abschloß. Zwar wohnte in der Nachbarschaft niemand, der einen
Blick über die Mauer hätte werfen können. Doch man ging bei diesem gefährlichen
und einträglichen Geschäft keinerlei Risiken ein. Mister Shisan kam durch einen
Verbindungsgang in die Garage und war Kimura behilflich, den Sarg in die
angrenzende Aufbewahrungshalle zu schieben, wo noch drei andere Särge
aufgebahrt waren. Madleen Cordes Sarg wurde geöffnet, und die Männer machten
sich an die Arbeit. Zwischen ihnen fiel kein Wort. Insgesamt waren im Körper
der Toten zwölf faustgroße Plastikbeutel deponiert.
Kimura und Shisan nahmen sechs heraus und richteten die Leiche wieder so her,
daß man keinen Verdacht schöpfen konnte. Madleen Cordes blieb aufgebahrt
liegen, und Mister Shisan eilte schnurstracks zum Telefon, um die Zollstelle
mit dem Ausdruck seines größten Bedauerns davon zu unterrichten, daß
offensichtlich ein schwerwiegender Fehler unterlaufen sei. Die von ihm
erwartete Leiche sei leider in Hongkong vertauscht worden oder mit der
betreffenden Maschine nicht mitgekommen. Er würde dafür sorgen, daß die falsche
Leiche umgehend wieder zurückgebracht werde. Schließlich könne man es den
Hinterbliebenen nicht zumuten, um eine fremde Person zu trauern. Während er
telefonisch die Sache abwickelte, reinigte Kimura die Plastikbeutel. Vier davon
wanderten in ein Versteck in der Garage, zwei brachte er im Fahrzeug unter, mit
dem er den Sarg mit den sterblichen Überresten der Engländerin wieder zum
Flughafen zurückbringen wollte. Auf dem Weg nach dort machte er jedoch mehrere
Male Zwischenstation. Er teilte den Inhalt des einen Beutels in zehn gleich
große Mengen und brachte sie zu
Weitere Kostenlose Bücher